Kapitel 16

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Gewidmet an _7f0ol_
Danke für deine Ideen 🥰

Claires Moms POV:

Langsam machte ich mir wirklich Sorgen um meine Tochter. Claire hatte sich nun schon seit Tagen nicht mehr bei mir gemeldet, nachdem sie mir einen eher knappen Abschiedstext auf meinem Handy hinterlassen hat.

'Hey Mom,
wenn du das hier liest bin ich gerade bei einer guten Freundin. Du brauchst dir keine Sorgen um mich zu machen, mir geht es gut, aber ich habe wirklich mal eine Auszeit gebraucht. Nicht zwingend von dir, aber von dieser ganzen Umgebung hier. Um die Schule brauchst du dir keinen Kopf machen, darum habe ich mich gekümmert, ich werde keinen wichtigen Lernstoff verpassen. Ich komme alsbald wieder, aber bis dahin such bitte nicht nach mir.
Hab dich lieb, Claire'

Ich freute mich zwar, dass sie überhaupt daran gedacht hat, mir Bescheid zu geben, trotzdem fühlte es sich für mich an wie ein Schlag ins Gesicht. Ich fühlte mich so, als hätte ich versagt und als wolle meine Tochter ganz dringend weg von mir, auch wenn sie in dem Text beteuerte, dass es nicht nur an mir lag. Jedoch lagen jetzt schon einige Tage zwischen unserem letzten Kontakt und eigentlich erhoffte ich mir, sie nach spätestens zwei Tagen wieder bei mir zu haben. Das hatte sie schon einmal gemacht, dass sie sich eine kleine Auszeit gegönnt hat, allerdings hatte sie da Ferien und ich wusste, dass sie in guten Händen war. Das war vor ungefähr vier Monaten gewesen, als ihre Oma gestorben ist, welche ihr wirklich sehr viel bedeutete. Ihr ging es elendig und schon damals konnte ich ihr nicht damit helfen, mit der Situation umzugehen. Claire hatte eine gute Woche bei ihrem Onkel in Brighton verbracht. Damals hatte sie sich einfach ein Zugticket gekauft und war von der einen auf die andere Stunde einfach verschwunden. Sie hatte mir nicht einmal Bescheid gegeben, von ihrem Ausflug erfuhr ich erst, als mich am Abend mein Bruder angerufen hatte, dass es Claire gut ginge. Ich hatte nicht einmal gemerkt, dass sie gegangen war, da ich so mit meiner Arbeit beschäftigt war.

Ich arbeitete oft viel zu lange und fand kaum Zeit für meine Tochter. Auch wenn ich mich bemühte, mir so oft es eben ging frei zu nehmen, um mehr Zeit mit ihr zu verbringen, ging es leider nur selten auf. Ich wollte natürlich nicht, dass sich Claire einsam fühlte und wollte auch nur das Beste für sie, aber würde ich nicht so viel und lange arbeiten, hätten wir kein Geld zum Überleben. Dann wärs das mit unserer Existenz. Meinen Bruder Jack wollte ich nicht um Hilfe fragen, da er selbst nicht so viel zur Verfügung hatte und es mir auch irgendwie peinlich wäre, also bemühte ich mich selbst darum, dass die Finanzen passten. Auf meinen Ex-Mann konnte ich pfeifen, der ist abgehauen, als Claire noch ganz klein war und hat sich seitdem kein einziges Mal mehr bei uns gemeldet. Elendiger Dreckskerl, wie hatte er uns nur alleine lassen können. Wahrscheinlich hatte er sich eine junge Ziege geschnappt und war mit ihr durchgebrannt. Irgendwann akzeptierte ich das jedoch und redete mir ein, dass wir ohne ihn sowieso besser dran waren. Meine Tochter war noch so klein, dass es sie nicht wirklich mitnahm, was es glücklicherweise leichter für sie machte. Sie hatte kein einziges Mal um ihn getrauert und auch ich hatte ab einem bestimmten Zeitpunkt damit aufgehört. Ich wollte meine Zeit nicht mehr mit Menschen vergeuden, welche offensichtlich nicht ein Teil meines Lebens sein wollten. Seit dem Zeitpunkt arbeitete ich nicht mehr Teilzeit, sondern Vollzeit, da das Geld sonst knapp wurde. Claire sagte zwar immer, es ginge ihr gut mit dem Ganzen, aber in letzter Zeit bemerkte ich immer mehr, dass dem doch nicht so war. Sie war traurig darüber, dass ich mir nicht genügend Zeit für sie nahm, auch wenn sie natürlich wusste, dass meine Arbeit notwendig und unausweichlich war.

Und jetzt war sie einfach fortgegangen und ich konnte mir nicht vorstellen wohin. Eine gute Freundin, wer konnte das schon sein, Anna? Jedoch hatte mir Claire gesagt, dass sie sich anscheinend doch nicht allzu nahe standen. Natürlich hatte sie auch noch andere Freunde, über welche ich aber absolut nicht informiert war. Die Polizei wollte ich nicht direkt über ihr Verschwinden informieren. Bestimmt würden die den möglichen Ernst der Lage nicht begreifen und mir lediglich die Schulter tätscheln. Die würden mir sagen, dass das normal sei bei Teenagern und sie bestimmt bald wieder auftauchen würde, vorallem da sie mir sogar eine Nachricht hinterlassen hatte. Ich wollte das aber nicht einfach auf sich beruhen lassen. Claire hatte ich locker schon zwanzig Mal angerufen und ihr zig Nachrichten hinterlassen, welche sie einfach ignorierte. Selbstverständlich hatte ich sie nicht direkt zugetextet, erst als bereits wenige Tage vergangen waren.

Kurzfristig entschied ich mich dazu, zu ihrer Schule zu fahren, in der Hoffnung, ich würde dort entweder Claire höchstpersönlich oder zumindest Anna antreffen. Ich erhoffte mir, dass zumindest ihre Freundin etwas über ihr Verschwinden wusste und es mir dann auch sagte. Da der Unterrichtsschluss bereits in fünfzehn Minuten erfolgte, beeilte ich mich und begab mich geschwind zu meinem Auto, um so schnell wie möglich zu Claires High-School zu fahren. Auf dem Weg dorthin fuhr ich bestimmt über drei dunkelgelbe Ampeln, jedoch wollte ich keine Zeit verlieren, denn ich wollte nicht bis morgen warten. Nachdem ich mehrmals von einigen Autofahrern über meine Fahrweise beschimpft wurde und mich darüber höllisch aufregte, kam ich schlussendlich an der Schule an. Wie sich herausstellte gerade rechtzeitig, denn ein paar Schüler verließen bereits das Gebäude und begaben sich auf den Weg nachhause. Ich blieb im Auto sitzen und hielt Ausschau nach Anna, welche ich im nächsten Moment auch schon erblickte. Sie unterhielt sich voller Elan mit zwei anderen Mädchen, während sie unbewusst direkt auf mein Auto zusteuerten. Ohne lange zu Überlegen stieg ich aus, ging die wenigen Meter auf die Clique zu und begrüßte sie freundlich.

"Hallo Mädels, du bist Anna richtig?", machte ich mich freundlich bemerkbar.

"Hey, kenne ich Sie?", sie war erst etwas verwirrt, ehe sie mich letztendlich dann doch erkannte. Claire hatte uns nie wirklich vorgestellt, daher kannte ich Anna größtenteils von gemeinsamen Bidlern mit meiner Tochter. Gesehen hatte ich sie nur flüchtig, wenn sie mal Claire nachhause fuhr, nachdem sie mal wieder auf einer Party waren. "Oh tut mir leid, Sie sind Claires Mutter, richtig? Wie geht es ihr denn, ich habe sie schon seit bestimmt einer Woche nicht mehr gesehen."

"Ehrlichgesagt hatte ich gehofft, du könntest mir das sagen. Sie hat zu mir gemeint, sie wolle sich eine Auszeit nehmen und wäre bei einer Freundin, da habe ich gleich an dich gedacht.", antwortete ich ihr ehrlich auf ihre Frage.

"Nein, bei mir ist sie jedenfalls nicht. Komisch, sie hatte mir gar nicht Bescheid gegeben, ich dachte schon sie wäre ernsthaft krank oder so. Man weiß ja nie...", dramatisch schwenkte sie ihren Arm aus und fächelte sich Luft zu. Ich mochte sie nicht besonders, da sie es nicht wirklich ernst zu meinen schien. Trotzdem wollte ich noch ein paar Informationen aus ihr raus bekommen.

"Wann hast du sie denn zuletzt gesehen?", fragte ich sie und schaute dabei auch die anderen beiden Mädchen an, die das ganze nicht besonders kümmerte. Also wenn das ihre Freunde waren, hatte sie sich definitiv in der Auswahl falsch entschieden.

"Auf der Party bei Ashley. Ich weiß noch, dass sie mit einem Jungen weggegangen ist. Obwohl wenn ich es mir so recht überlege: Nein, es war am Tag danach gewesen. Ich war nach der Schule mit ihr etwas essen, musste dann aber kurzfristig gehen. Ja genau, sie ist dann alleine nach Hause gegangen. Tut mir leid, aber ich muss gleich los, sonst komm ich noch zu spät zu meinem Termin..."

"Weißt du zufällig, wie er ausgesehen hat?", unterbrach ich sie geschwind, vielleicht konnte mir das ja noch weiterhelfen.

"Naja, also....Ich kann mich nicht mehr wirklich an die Nacht erinnern, aber ich glaube er hatte braune Haare, ja aber sonst...", stammelte sie mir vor. Na toll, was für eine Hilfe.

"Okay, danke Anna. Habt noch einen schönen Tag.", meinte ich zu den Dreien, ehe ich mich abwandte und auf mein Auto zuging. Nun fühlte ich mich schlimmer als vorher, denn ich war mir nicht mehr so sicher, dass Claire aus freien Stücken gegangen war. Was wenn dieser Junge etwas damit zu tun hatte? Erwähnt hatte sie jedenfalls keinen, weshalb er mir umso verdächtigen vorkam. Nun galt es noch herauszufinden, um wen es sich handelte. Alleine konnte ich das aber nicht bewerkstelligen, also musste ich wohl oder übel zur Polizei gehen. Ich würde denen schon Druck machen, dass sie sich schnellstmöglich um den Fall kümmerten. Ich konnte sagen, sie sei entführt worden und es gäbe einen konkreten Verdacht, dann würden sie hoffentlich ihren Arsch bewegen und nach meiner Tochter suchen. Zudem war sie noch minderjährig, also konnten sie mir nicht einfach sagen, dass er nur halb so schlimm war. Meine Schuldgefühle drängte ich zur Seite, da mir die jetzt nicht weiterhalfen. Ich stieg flink in mein Auto und machte mich auf den Weg zum Revier. Hoffentlich würde ich meine Tochter bald wieder sehen.

You're mine - a kidnapper story ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt