Kapitel 11

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Es verging bestimmt eine Stunde ehe mir furchtbar langweilig wurde und ich nur noch aus diesem Zimmer hier raus wollte. Ich hatte weder ein Handy, einen Fernseher oder sonstiges, womit ich mir hätte die Zeit vertreiben können. Zudem wollte ich nun wirklich nicht Tag ein Tag aus nur auf dem Bett liegen und Schafe zählen. Kurzerhand stand ich auf, um mich kurz im Bad aufzufrischen und zog mir danach erstmal etwas Vernünftiges an, schließlich befand ich mich immer noch in meinem Schlafanzug. Meine Wahl fiel auf einen gemütlichen Zweiteiler, welcher ich nicht einengte und genügend Bewegungsfreiheit bot. A liebsten wäre ich jetzt eine Runde spazieren gegangen, aber ich schätze das war mit Jace wohl nicht zu vereinbaren. Andererseits, vielleicht ließ er mich raus an die frische Luft, wenn er mitging. Zwar wollte ich ihn so gut es eben ging vermeiden, allerdings sehnte ich mich nach dem Gefühl von Freiheit, welches draußen im Wald zumindest ein klein wenig der Fall war.

Langsam begab ich mich die Treppen runter und überblickte den unteren Teil des Hauses. Erst dachte ich, ich wäre alleine, doch einen kurzen Moment später erblickte ich Jace. Er saß auf dem riesigen Sofa und war ganz auf sein Handy fokussiert, sodass er mich erst gar nicht bemerkte. An eine erneute Flucht dachte ich erst gar nicht, da er mir höchstwahrscheinlich sowieso wieder zuvorkommen würde. Stattdessen versuchte ich es jetzt mal auf die nette Art. Immerhin wünschte ich mir jetzt gerade nichts sehnlicher, als raus zu gehen und mir die Füße zu vertreten, also musste ich mich zusammenreißen. Er sollte denken, dass ich meine Situation hier akzeptiert habe und das Beste daraus machen wollte. Kurzerhand ging ich auf ihn zu und begrüßte ihn mit einem Lächeln, welches ich mir aufzwingen musste. Den Vorfall am Morgen hatte ich noch lange nicht vergessen, jedoch brachte es mir sowieso nichts, mich darüber aufzuregen. Überrascht hob er seinen Kopf und blickte mir in die Augen.

"Da hat aber jemand gute Laune. Was willst du von mir?", fragte er mich schließlich direkt.

"Wie kommst du darauf, dass ich etwas von dir wollen würde?", erwiderte ich unschuldig. Meine Schauspielkünste waren tatsächlich ganz gut, leider kam mir Jace aber immer wieder auf die Schliche und blickte hinter meine Fassade, und das öfter als mir lieb war.

"Du wärst nicht grundlos nett zu mir, also schieß los. Was kann ich für dich tun?", blickte er mich erwartend an. Es brachte nichts, mein Anliegen noch weiter hinaus zu zögern, also antwortete ich ihm ehrlich.

"Ich möchte raus an die frische Luft. Diese Beklemmung hier drinnen macht mich noch ganz verrückt.", meinte ich ehrlich zu ihm.

"Lass mich raten, du willst wieder einen erneuten Fluchtversuch starten? Hör mal, wir befinden uns mitten im Nirgendwo. Die Zivilisation befindet sich so einige Kilometer von uns weg! Es hat also keinen Zweck.", wenn er mich damit einschüchtern wollte, war ihm dies tatsächlich ein wenig gelungen, jedoch wollte ich gar nicht fliehen...zumindest jetzt nicht. Ich hatte ihn also nicht angelogen.

"Das war nicht meine Intention, Jace. Bitte, ich möchte einfach nur nach draußen etwas spazieren gehen.", anschließend schaute ich ihn mit einem Hundeblick an, welchen er garantiert nicht abschlagen konnte.

"Na schön, aber ich komme mit." Das dachte ich mir schon, aber zumindest wurde er meiner Bitte gerecht. Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht, als er sich erhob und mit mir zur Haustür schritt. Zudem konnte ich die Gelegenheit nutzen, um ihn ein bisschen auszufragen. Vielleicht würde es mir ja etwas bringen, um mehr über ihn sowie einen möglichen Ausweg zu erfahren. Es wehte ein kühler Wind, jedoch war es nicht unbedingt kalt. Der Geruch von Moos und nassem Laub stieg mir in die Nase, welchen ich förmlich inhalierte. Das hatte mir tatsächlich gefehlt, denn in meinem Zimmer befand sich zwar ein Fenster, jedoch konnte ich dieses nicht öffnen. Wahrscheinlich wollte er nicht, dass ich von bestimmt zehn Metern Höhe in die Tiefe stürzte, hätte ich fliehen wollen.

Wir gingen bestimmt schon gute fünf Minuten, ohne dass einer von uns beiden etwas sagte, also beschloss ich die Initiative zu ergreifen und das Gespräch ins rollen zu bringen. Ich hatte unendlich viele Fragen, jedoch beschloss ich mich erst einmal auf die Wesentlichen zu konzentrieren.

„Wie kommt es, dass du es ausgerechnet auf mich abgesehen hast?", fragte ich ihn neugierig, auch wenn ich es eher nebensächlich klingen lassen wollte.

„Du bist mir direkt aufgefallen, Claire. Du bist nicht wie die anderen, sondern schätzt die kleinen Dinge wert und siehst immer das Gute im Menschen, auch in deiner Freundin Anna, wobei ich da auch nicht genau weiß, wieso eigentlich ..."

„Halte Anna da bitte raus.", verteidigte ich sie sofort instinktiv. Klar war sie nicht immer perfekt, bei Weitem nicht, aber dennoch hatte sie irgendwo ein gutes Herz.

„Wieso denn? Sie hat dich von Tag eins ausgenutzt und dir oft genug bewiesen, dass du es ihr nicht wert bist, so oft wie sie dich hat hängen lassen.", erwiderte Jace schlagartig.

„Lass uns einfach nicht über sie reden. Reden wir doch über dich: Wie kommt es, dass du so ein riesiges Haus mitten im Nirgendwo besitzt?", wollte ich von ihm wissen.

„Mein Vater ist vor einiger Zeit verstorben, da habe ich einen Großteil seines Vermögens geerbt. Und zudem wieso es sich gerade hier befindet: Ich bin gerne für mich allein."

Gerade wollte ich zu einer erneuten Frage ansetzen, jedoch kam er mir zuvor. „Ehe du mich noch weiter ausfragst, kannst du mir gerne auch einige meiner Fragen beantworten."

„Als ob du überhaupt noch irgendwelche Fragen hättest. Du weißt doch gefühlt eh schon alles über mich.", konterte ich vorlaut, bereute es jedoch gleich daraufhin etwas. Ich wollte die Stimmung eigentlich nicht vollends zerstören und ihn womöglich noch gegen mich aufzuhetzen.

Er sah mich zwar erst etwas genervt an, fuhr dann aber fort: „Magst du dein Leben?"

Was sollte das denn? Ich war dezent überrascht von seiner Frage, weshalb ich erstmal etwas Unverständliches vor mich her stammelte, ehe ich mich wieder fand. „Bevor du mich entführt hast, war alles bestens. Ich hatte meine Mum, meine Freunde und gute Noten in der Schule.

„Du belügst gerade nicht nur mich, sondern auch dich selbst, Claire. Du hast dich so oft in den Schlaf geweint, deine vermeintlichen Freunde beachteten dich oft nicht einmal und dein Leben war einfach nur noch eine Qual, da es so eintönig war. Habe ich nicht Recht?"

Sein psychologisches Geschwafel wollte ich eigentlich nicht hören, jedoch hatte er Recht. Ich redete mein altes Leben schön, damit mir das alles hier schlecht vorkam. Eigentlich wollte ich so oft aus diesem ewigen Kreislauf ausbrechen, da es mir so vorkam, als ob ich es emotional nicht mehr lange aushielt. Jace hatte diesen Kreislauf durchbrochen und mich aus der verklemmten Realität gezerrt. Dankbar war ich dafür trotzdem nicht, schließlich hätte er es auf eine viel angenehmere Weise machen können.

„Na schön, du hast Recht. Mein Leben war kein Zuckerschlecken und ich hatte es satt. Trotzdem hattest du kein Recht, mich einfach daraus hinaus zu zerren.", ich gab ihm sicher nicht die Genugtuung, mir mit seinen Taten etwas Gutes getan zu haben.

„Bestenfalls hättest du irgendwann die Nerven verloren und wärst in eine Psychiatrie gekommen. Ich habe dich davon abgehalten..."

„Hör auf mit dem Scheiß. Der einzige Grund, wieso du mich entführt hast, war der, dass du nicht allein sein wolltest und ein Spielzeug brauchtest!", schrie ich ihn an.

„Ein Spielzeug also? Vielleicht sollte ich dann mal damit anfangen, dich wie eines zu behandeln." Bei diesen Worten durchzog mich ein Schauer und ehe ich mich versah, wurde ich an einen Baum gedrückt. Jace beugte sich immer näher zu meinem Gesicht hin, wobei ich langsam wirklich Angst bekam. Gewaltvoll drückte er seine Lippen auf meine und fing an, mit seiner einen Hand unter meinen Pullover zu greifen. Ich wehrte mich heftig dagegen, konnte aber nichts gegen ihn ausrichten. Er ließ sich davon nicht stören und fuhr einfach fort. In all meiner Verzweiflung versuchte ich mir etwas einfallen zu lassen, um mich aus dieser Situation zu befreien. Kurzerhand ließ ich mich einfach leblos fallen und da er das plötzliche Gewicht nicht direkt halten konnte, stürzten wir beide zu Boden. Mit meinem Bein trat ich ihm so fest ich nur konnte in seine Magengrube, was ihn erstmal außer Gefecht setzte. Mein zweiter Tritt traf sein Genital und als er so zusammengekauert dalag, beschloss ich so schnell wie möglich davonzulaufen. Es war zwecklos in Richtung des Waldes zu laufen, also bewegte ich mich wieder auf das Haus zu. Dort konnte ich mich mit einem Messer oder Sonstigem bewaffnen, falls er sowas wie eben nochmal versuchen sollte.

You're mine - a kidnapper story ✔Where stories live. Discover now