Kapitel 10

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Dienstag, 31. Juli 2018

Ich seufzte und massierte meine Schläfen. Dieses Thema langweilte mich und ich wollte auch nicht mehr Louis' besorgte Blicke auf mir spüren. „Louis", kam es genervt von mir, „Es ist nur ein einfacher Kratzer. Für wie dumm musst du mich eigentlich halten?" 

Seit er den Kratzer an meinem Oberarm gesehen hatte, vermutete er, dass ich mich ritzen würde. „Mit dumm hat das nichts zu tun", widersprach er und sein Blick haftete an den Kratzer. Ich verdrehte die Augen und setzte mich so hin, dass er den besagten Kratzer nicht mehr sehen konnte: „Oh doch, wenn würde ich mich doch nicht an meinem Oberarm ritzen." 

Von Louis hörte man ein Seufzen und endlich blickte er mir wieder in die Augen. „Ich dachte, nach all den Jahren würde ich mal hören, dass du dich niemals ritzen würdest aufgrund meiner grandiosen Arbeit", murmelte er und schrieb etwas auf seinem Block. 

Merkwürdigerweise war ich immer sein erster Zettel. Entweder hatte er keine anderen Patienten, was ich nicht glaubte, oder er riss die Blätter sofort nach der Sitzung ab und heftete sie ein. Ich würde eher zum Zweiten tendieren, doch etwas sprach dagegen: Seine Unordnung. 

Auf seinem Schreibtisch lagen zwar auch viele Zettel, doch kein einziger hatte etwas mit Patienten zu tun. Er hatte immer nur etwas darauf gekritzelt. Sei es ein paar Sätze, ein paar Noten oder ein Kunstwerk von seinem Sohn. Die letztere Variante kam sehr wenig vor. Vermutlich hatte er eigene Blätter zum Malen und es war jeweils nur ein Versehen. 

„Nach all den Jahren?", wiederholte ich und zog eine Augenbraue hoch. „Was?", entfuhr es Louis, „So klingt es dramatischer." „Um diese Diskussion zu beenden. Nein, ich ritzte mich momentan nicht und ja, es ist wirklich nur ein Kratzer", versicherte ich ihm und erhob mich, da ich dieses Gespräch für beendet hielt. 

„Feli, bleib", bat mich Louis und ich sah ihn genervt an. Er forderte mich auf, mich wieder hinzusetzen, was ich nur brummend erfüllte. „Wie ist das passiert?", wollte Louis wissen und deutete mit seinem Kopf auf meinem Arm, „Mit deinem Kratzer." 

„Unwichtig", schmetterte ich ihn sofort ab und zeigte auf eine seiner Pflanzen, „Du sag mal, ist die neu?" Louis sah zu der Pflanze, auf die ich zeigte und innerlich jubelte ich. Es schien, als würde er mir glauben. 

„Endlich fällt es mal jemanden auf", freute Louis sich und sah mich dann fragend an, „Hast du gesehen, wie wunderbar grün ihre Blätter sind?" „Ja sehr schön", antwortete ich ihm überfordert und lächelte unsicher. 

„Und ihre Blüten erst", schwärmte er, doch dann wechselte sein Blick zu einem Vorwurfsvollen, „Du hast doch nicht ernsthaft gedacht, dass du mich mit so etwas ablenken könntest? Nimm was anderes als Pflanzen. Das ist mein Themengebiet, um abzulenken." Ertappt lehnte ich mich weiter nach hinten und drückte mich tiefer in mein Polster. 

„Hätte ja klappen können", murmelte ich und zuckte mit den Schultern. „Deine Geschichte?", forderte Louis mich auf und ich seufzte. „Ich will sie nicht erzählen", brummte ich und verschränkte meine Arme. Obwohl er mich weiterhin auffordernd ansah, erzählte ich ihm nichts und blieb stattdessen still. 

„Willst du, dass ich dir die Geschichte mit dem Kratzer glaube?", erkundigte er sich und zog abwartend seine Augenbrauen hoch, „Dann musst du mir auch erzählen, was vorgefallen ist." „Na gut, aber wehe du gibst irgendeinen Kommentar dazu ab", ermahnte ich ihn und hob drohend den Zeigefinger, „Mein Vater hat gekocht beziehungsweise Gemüse geschnitten. Er war so darin vertieft, dass er mich nicht zur Tür reinkommen gehört hatte und ich habe ihn dann erschrocken. Er hat gedacht, ich sei ein Einbrecher und wollte sich nur schützen." 

Ich holte Luft und sah zu Louis, doch dieser schwieg. Er runzelte seine Stirn und sah auf seinen Block. „Wenn du weiterhin immer deine Stirn runzelst, bekommst du schon eher Falten, bevor du sie erwartest", hielt ich ihm vor und siehe da, er sah hoch zu mir, ohne gerunzelter Stirn. 

Just hold on /Niall Horan/Where stories live. Discover now