Epilog

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Samstag, 24. August 2019

„Und nun meine Damen und Herren. Begrüßen Sie unseren Star des Abends. Heute ist ihr Debüt nach einer sehr langen Pause, aber wir freuen uns, dass uns dieses Musikgenie am Piano wieder beehrt. Bühne frei für Felicita Autumn Yael Tamlin", kündigte mich der Programmleiter des heutigen Abends an.

Stumm starrte ich die Klaviertasten an. Meine Finger berührten sie leicht, doch nicht so stark, dass sie Musik von sich gaben.

Die schwarzen Tasten verschwammen vor meinem Auge und ich schloss meine Augen, um mich auf mich selbst zu konzentrieren. Ich atmete tief durch.

Es würde schwer werden, wie jedes Mal, doch ich hatte schon so viel geschafft. Ich durfte nicht aufgeben.

Mein Herz pochte, doch ich ignorierte es und öffnete wieder meine Augen. Ich wusste, dass das Pochen aufhören würde, sobald ich den Song spielte und mich darin vertiefen konnte.

Trotzdem blieb bei jedem Spielen die Angst in meinem Hinterkopf. Ich arbeitete daran.

Diesen Song für mich alleine zu spielen beziehungsweise im Haus in Anwesenheit von meinen Geschwistern war mittlerweile ein Klacks, aber die vielen fremden Menschen und die unbekannte Umgebung, in der meine Geschwister noch nie waren, machte mich nervös.

Ich selbst war immer noch überrascht, dass ich hier saß. Nachdem ich eine Zeit lang nur für mich im Haus gespielt hatte, hatte ich mich doch tatsächlich getraut, mit Martha Argerich Kontakt aufzunehmen.

Sie war mir eine große Hilfe und hatte mir auch dieses Konzert organisiert. Ohne sie hätte ich vieles nicht geschafft.

Ohne viele andere Personen wäre ich heute ebenfalls nicht hier.

Ich habe Angst, doch ich wusste auch gleichzeitig, dass diese Angst unbegründet war und ich mich ihr stellen musste.

Ich strich mir eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht und starrte, wie so oft, aus dem Wohnzimmerfenster, in der Hoffnung, dass sich irgendetwas in meinem Leben ändern würde, doch das tat es nie.

So oft hatte ich mir gewünscht, dass sich etwas ändern würde.

Dass es sich aber klang heimlich geändert hatte, ohne, dass ich etwas mitbekomme, damit hatte ich nicht gerechnet.

Niall hatte mein Leben verändert.

Ich hätte niemals gedacht, dass er meinen Lebensstil so ändern könnte. Und trotz allem hatte ich ihn angelogen und dadurch verloren. Ich schluckte hart, doch dann verwarf ich diesen Gedanken.

Es gab keinen Tag, an dem mich meine Schuldgefühle nicht plagten, doch heute würde keiner von diesen Tag sein.

Heute war mein Tag.

Mein Blick fixierte automatisch das hintere der Bühne. Dort, wo May und Hay immer gestanden hatten und mir Mut zugesprochen hatten.

Ich schluckte laut und es fühlte sich so an, als würden sich zwei Pfeile in mein Herz bohren. Meine Augen schloss ich, damit ich sie endlich von der Stelle abwenden konnte.

Anders hätte ich es nicht geschafft.

Leer blickte ich auf die Klaviertasten. Ich schüttelte leicht mit dem Kopf. Ich konnte das nicht.

Nicht heute.

Es war zu früh.

Panik stieg in mir auf.

Mein Herz beschleunigte sich, doch dann passierte etwas, was meine Ruhe zurückbrachte.

„Mach sie alle"

Just hold on /Niall Horan/Dove le storie prendono vita. Scoprilo ora