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Was zum Teufel tue ich gerade?

Was zum Teufel tue ich gerade?!

,,Viktor steht an der Tür-", erklärte mein Vater nachdem er angeklopft und in mein Zimmer gekommen war.

Ich drehte mich von ihm weg  und zog mir meine Decke über den Kopf, obwohl draußen um die dreißig Grad Celcius herrschten und ich schwitzte.
,,Sag ihm, dass ich nicht da bin und dass du nicht weißt, wann ich zurück komme."

,,Ich glaub er weiß, dass du hier bist."

,,Ist... mir egal." Stimmt nicht.
Ich klang unsicherer und verwirrter, als ich eigentlich wollte und geplant hatte.

,,Sicher?"

,,Ja!"

Bin ich irgendwie dumm? Hab ich vergessen wie wichtig er mir ist?

Ich hörte wie er die Tür schloss und wieder zur Haustür lief. Dann hörte ich wie er etwas murmelte und sich die Haustür schoss.

Ich war ein Feigling und ich wusste nicht einmal warum ich so reagiert hatte. Normalerweise wäre ich froh gewesen ihn zu sehen, aber jetzt fühlte ich mich einfach nur unwohl.
Mein Herz klopfte und fühlte sich schwer an und ich hatte dieses mulmige Gefühl im Bauch.
Ich war nicht krank und ich hatte heute noch nichts gegessen, was wahrscheinlich der Grund war, warum ich mich so fühlte, wie ich mich eben fühlte. Aber ich hatte keine Lust aufzustehen.

Oder war das die Reaktion meines Körpers auf... Trauer?
Immerhin hatte ich ja meinen besten Freund verloren, also musste ich es irgendwie verarbeiten. Aber warum gerade so?
Konnte ich nicht stattdessen das große Verlangen gespürt haben, Sport zu treiben oder mich mit Alexis oder Viktor zu treffen?
Nein, ich wählte die Einsamkeit, die mich kein Stück weiter brachte.

Außerdem verhielt ich mich wie ein kleines Kind, das mit seinen Gefühlen nicht umgehen konnte. Eines davon stimmte sogar.
Ich wusste wirklich nicht, wie ich mit meinen Gefühlen umgehen sollte.

Meine Gefühle waren mir bestimmt auch ziemlich peinlich- ich wollte definitiv nicht rot anlaufen, wenn ich über sie sprach.
Nur war das der einzige Weg, um herauszufinden, was mit mir los war. Nach Google natürlich.

Dann klopfte es wieder an meiner Tür.
Es war bestimmt wieder mein Vater, deswegen reagierte ich nicht.
Doch dann öffnete sich die Tür.

,,Hey..."

Das ist jetzt peinlich. Oh Gott. An diesen Moment werde ich mich noch Jahre von heute erinnern, wenn ich nicht einschlafen kann. Man... was soll das denn jetzt?!

Ich war mir sicher, dass mein Kopf rot angelaufen war und um ehrlich zu sein, in diesem Moment, konnte ich auch einfach so tun, wie als wäre ich tot.

Die Matratze senkte sich neben mir und ich spürte wie nah seine Hand meinem Gesicht war.

,,Willst du darüber reden?", fragte er sanft.
Ich schüttelte meinen Kopf unter meiner Bettdecke, in der Hoffnung er konnte es sehen.

,,Falls du es dir anders überlegst, ich bleibe hier."

Es dauerte einige Sekunden bevor ich etwas erwiderte. ,,Warum?"

,,Weil du mir sehr wichtig bist, Elias. Und weil ich glaube, dass du dasselbe tun würdest."

,,Glaub ich nicht. Ich bin echt egoistisch, weißt du?", murmelte ich sobald er aufgehört hatte zu sprechen. Ginge es ihm schlecht, wüsste ich nicht einmal wie ich reagieren sollte.

,,Dafür lege ich meine Hand ins Feuer."

Ich schüttelte nur meinen Kopf und schloss meine Augen, wenn sie nicht schon geschlossen waren. Ich blieb etwas liegen, bis ich mich zusammenriss und mich aufsetzte. Dann umarmte ich ihn schnell von hinten, damit er nicht sah wie schlecht ich aussah.

,,Hey-", er unterbrach sich selbst und sagte nichts mehr dazu, dass ich ihn einfach nur umarmte.
Er drehte sich ein bisschen zu mir und legte seine Arme vorsichtig um mich.
,,Alles gut?"

,,Nein.."

Er klopfte mir leicht auf den Rücken.
,,Schieß los."

Ich merkte wie mir Tränen in die Augen stiegen.
,,Du erinnerst dich doch noch an Ash... oder?"

,,Ja."

,,Zuerst haben wir uns nur gestritten, weil er mir nie zugehört hatte und... dann-", ich fuhr mir mit meiner Hand über mein Gesicht, ,,Wollte ich die... Freundschaft beenden, aber er hatte andere Pläne."
Ich überlegte kurz, wie ich den nächsten Teil vormulieren sollte, sodass es nicht zu verwirrend wirkte.
,,Ehm... Er tat so als wäre nichts passiert und schrieb mir immer noch und rief mich an... aber viel aggressiver und... es war nicht wie er. Gar nicht..."

,,Das hätte ich nicht erwartet.", murmelte Viktor leise. Ich nickte zustimmend.

,,Jedenfalls...", ich holte tief Luft, ,,Habe ich ihn dann blockiert und ignoriert, aber es hat nichts geklappt. Und gestern, als ich einkaufen war, hab ich ihn da getroffen. Er wusste irgendwie, dass ich genau dort sein werde...!"
Ich verstärkte meinen Griff und machte eine kurze Sprechpause.
,,Ich fühle mich so schlecht, weil ich ihn einfach bei diesen zwei Typen zurückgelassen habe!"

,,Hey...", flüsterte er ruhig, ,,Du hast das getan, was du tun musstest und das ist gut. Die beste Lösung, muss nicht die einfachste sein und die einfachste Lösung, muss nicht die beste sein."

,,Was ich damit sagen wollte ist,", erklärte er ziemlich schnell, ,,Es war deine Entscheidung und du hast die getroffen, die für dich am besten war."

,,Aber das ist doch voll egoistisch."

,,Es ist okay egoistisch zu sein, solange es nicht das einzige was du tust.", meinte er, ,,Sonst hätte die Menschheit nicht so lange überlebt."

,,Hm.."
Ich lockerte meinen Griff wieder und wollte mich von ihm lösen, doch das ließ er nicht zu. Also ließ ich es.
,,Denkst du er lässt mich endlich in Ruhe?"

,,Bestimmt und wenn nicht, dann sage ich ihm was!", lachte er leise, ,,Oder wäre dir das zu peinlich?"

,,Nur ein bisschen..."

Ich hörte wie er seufzte.
,,Geht es dir jetzt besser?"

,,Ein bisschen.."

,,Was liegt dir noch auf dem Herzen?"

Was liegt mir noch auf dem Herzen?
Wahrscheinlich das, dass ich nicht wusste warum mein Herz so schnell schlug und warum meine Handflächen schwitzten und warum sich mein Gesicht so warm anfühlte.
Oder das, dass ich ihn nicht loslassen wollte, gleichzeitig mich aber am liebsten wieder unter der Bettdecke verkriechen würde. Oder die Tatsache, dass mein Herz sich angenehm warm anfühlte und ich sowas noch nie gespürt hatte und es mich in einer Weise verrückt machte.
Es deutete alles auf... Liebe oder eine Erkältung. Ja, dass musste es sein. Ich hatte zwar gerade eben noch darauf geschwört, dass ich nicht krank bin, aber jetzt gefiel mir diese Möglichkeit viel mehr.

,,Ich glaub ich bin krank.", murmelte ich dann und augenblicklich hatte er sich von mir gelöst und seinen Handrücken auf meine Stirn gelegt.

,,Hast du heute schon etwas getrunken?"

,,Nein...", gab ich leise zu.

,,Dann gehen wir erstmal in die Küche und besorgen dir etwas zum Trinken, ja?"

Ich nickte nur.
Womit habe ich ihn nur verdient?

RunningWo Geschichten leben. Entdecke jetzt