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Endlich nach Hause.

Endlich konnte ich wieder nach Hause.

Davor hatte ich mich nicht dazu aufraffen können, vier Stunden nach Hause zu fahren. Da ich jetzt aber fertig mit der Grundausbildung war, konnte ich es mir erlauben das Wochenende zu Hause zu verbringen. Von Freitagmittag bis Sonntagabend musste ich nicht in der Kaserne sein.

Ich hatte meinem Vater nicht Bescheid gesagt, nicht weil ich ihn überraschen wollte, sondern weil ich sehen wollte, was er so ohne mich treibt. Aber vielleicht auch, weil ich sehen wollte wie er sich freut.

Ich hoffte aber auch, dass Viktor zu Hause war, weil ich ihn wirklich sehen wollte. Ich vermisste es ihn zu sehen, seine Stimme zu hören und mit ihm zu reden. Ich wollte einfach nur sein Gesicht sehen.

Und ich war nur noch eine halbe Stunde von zu Hause entfernt. Eine halbe Stunde!
Das heißt ich muss nur noch mit diesem Zug am Bahnhof ankommen und in den Bus einsteigen. Vielleicht sollte ich ein Taxi nehmen?
Ich will aber keine unangenehmen Gespräche mit dem Taxifahrer führen, also nehme ich lieber den Bus.
Ich könnte auch eigentlich meinen Vater anrufen, aber so wie ich ihn kenne (und falls er noch so arbeitet wie vor drei Monaten), dann ist er nicht zu Hause.

Und dann stieg ich schon in den Bus ein. Es fühlte sich alles so vertraut an- es gab sogar einen Sitzplatz, wie früher!

Es waren nur drei Monate gewesen, in denen ich weg war. Es war ja nicht so als würde sich alles plötzlich verändern, wie die Busroute oder in welcher Straße mein Haus steht. Es sollte sich nichts ändern und wenn doch, dann hatte ich es falsch in Erinnerung oder es hatte sich wirklich einfach geändert.

Zum Glück war das nicht so und ich kam unversehrt zu Hause an.
Das Auto meines Vaters war nicht zu sehen, also ging ich davon aus, dass er nicht zu Hause war.
Genau deswegen, würde ich mir erst einmal einen Kaffee machen.

Ich kramte meinen Schlüssel aus meiner Hosentasche raus und öffnete die Tür. Dann brachte ich meine Reisetasche in mein Zimmer, zog meine Schuhe und Jacke aus und ging in die Küche. Ich hatte das mit dem Kaffee nebenbei ernst gemeint.

So wie immer stellte ich die Kaffeemaschine an und lehnte mich an den Küchentisch.
Dann hörte ich schon wie die Haustür sich öffnete.

,,Ich dachte, ich hätte die Kaffeemaschine ausgeschaltet.", hörte ich meinen Vater nervös sagen.

Für genau diese Momente lebe ich.

,,Leider. Du weißt, ich brauche meinen Kaffee."

,,Elias-"

,,Jaja, ich weiß was du sagen willst!", unterbrach ich ihn, ,,Ja, ich hatte meine Schlüssel, nein, ich bin nicht abgehauen, ja, ich habe mehr Kaffee gemacht. Nebenbei, du kaufst den anderen, den mit mehr Koffein. Dabei werde ich mich aber nicht beschweren. Du kannst mir ja nicht verbieten eine große Kanne zu trinken-"

,,Elias, das ist nicht-"

,,Ich weiß, dass ihr zu dritt seid. Kaffee ist genug da, keine Panik."

,,Seit wann-"

,,Bin gerade erst angekommen, ja das ist erst meine dritte Tasse heute. Ja, ich weiß, ich weiß auch nicht warum es nur so wenige sind."

,,Du trinkst mehr?", hinterfragte nicht mein Vater, sondern Viktor.

Ich drehte mich um, sobald ich den Kaffee in die Tassen gefüllt hatte.
,,Natürlich. Wie denkst du komme ich sonst durch den Tag?", ich öffnete einen der Schränke, ,,Ich schätze mal ganz stark, dass ihr drei ihn mit Milch und Zucker wollt?"

Als ich keine Antwort bekam drehte ich mich nochmal zu ihnen um.
,,Oder gar keinen Kaffee? Ich hätte nämlich gar keinen Problem vier Tassen zu trinken, obwohl das auf einmal echt viel wäre."
Sie reagierten wieder nicht, also seufzte ich.
,,Es geht nicht um den Kaffee, oder?"

Mein Vater schüttelte seinen Kopf.
,,Warum hast du nicht Bescheid gesagt, dass du heute kommst?"

,,Wegen dem Überraschungseffekt? Ich mein, mein Timing war einfach perfekt."

,,Eigentlich nicht, wir hatten eigentlich ein paar Sachen zu besprechen."

,,Ich sag ja, ich hatte perfektes Timing. Da ich nicht wusste, wann du genau zu Hause sein würdest, hatte ich mir noch etwas vorgenommen." Hatte ich nicht. Aber das mussten sie ja nicht wissen.

Ich lief in mein Zimmer um mir etwas bequemeres anzuziehen. Eine einfache Jogginhose und ein Hoodie sollten es eigentlich tun. Oder vielleicht doch eine lockete Jeans? Jeans waren ja nicht unbedingt bequem aber ich hatte bestimmt irgendwo im Schrank richtig lockere Jeans.
Nachdem ich mich endlich für etwas entschieden hatte, zog ich meine Schuhe an und wollte gehen. Ich sagte den dreien noch einmal Bescheid und dann war ich weg.

Vielleicht war meine Reaktion gerade etwas übertrieben gewesen. Ich mein, seit wann spreche ich so viel und bin auch noch so energisch? Die denken bestimmt ich bin verrückt geworden. Ist eigentlich auch egal, was sie von mir denken. Vor allem da ich weiß, dass sie sich gerade über irgendein Werwolf-Zeug unterhalten. Dazu musste man kein Genie sein.
Der Mann, dessen Namen ich nicht kenne, war schon einmal da gewesen und da ging es auch um Werwolf-Sachen.

Dazu musste es aber auch echt wichtig sein, weil mein Vater sich kaum gefreut hat, als er mich gesehen hat.

Ich nahm es ihm etwas übel, aber das war okay. Denn auch wenn ich ihm wichtig war, war es wohl wichtiger als ich. Und damit musste ich umgehen. Morgen ist ja auch noch ein Tag, an dem wir etwas unternehmen können.
Und Sonntag haben wir auch fast den ganzen Tag Zeit. Die paar Stunden heute sind nicht so wichtig und um mich selbst zu zitieren, hatte ich sowieso etwas vor.

Ich kramte mein Handy aus meiner Tasche und wählte Alexis' Nummer.
Es piepte erst einmal, dann zweimal, dann dreimal, dann nahm er ab.

,,Elias?"

,,Hey, ich bin gerade wieder zu Hause-"

,,Ja, keine Sorge. Ich bin gerade in der Stadt, willst du vorbei kommen?", unterbrach er mich, so als ob er die Situation schon verstehen würde.

,,Klar. Wo genau bist du?"

,,Erinnerst du dich noch an diesen einen Dönerladen, wo wir früher immer waren?"

,,Ja."

,,Ich warte hier."

,,Dann bis gleich."

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