25~Arbeitstag

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Jetzt war es endlich soweit. Heute war mein erster Arbeitstag und meine Freude darauf war fast nicht mehr auszuhalten. Ich fühlte mich überhaupt nicht mehr schlapp, jedoch auch nicht so gut, wie noch vor der ganzen Geschichte. In der Zeit hatte ich stark abgemagert und durch die wenigen Haare fühlte ich mich noch unwohler. Jeder Blick in den Spiegel war eine Qual. Die blasse Haut, die noch immer nicht besser geworden ist, machte es auch nicht besser. Trotzdem war ich motiviert für den Tag. Endlich wieder ein kleines bisschen Normalität.

Ich trank meinen Tee aus und zog mir eine blaue Jeans mit einem weißen T-Shirt und darüber eine Strickjacke von Jw Anderson an. Heute sollte es ziemlich warm werden, nur morgens war es noch ziemlich frisch. Zum Schluss zog ich mir noch eine Mütze über, die ich den ganzen Tag tragen würde, da ich nicht wollte, dass man meine Glatze sehen würde. Meine Haare wuchsen ungleichmäßig, was das Bild noch schlimmer machte.

Im Laden angekommen, bereitete ich alles für die Neueröffnung vor und band einige frische Sträuße. Es war gerade mal vier Uhr in der Früh. Ich hatte aber so viel zutun, dass ich auch so viel Zeit benötigte.
Pünktlich um acht Uhr schloss ich dann den Laden auf und die ersten Menschen kamen schon hinein. Ich hatte nach der Entlassung aus dem Krankenhaus einen Zettel an die Tür geklebt, dass der Laden heute wieder öffnen würde.

Meine Stammkunden füllten den Blumenladen ziemlich schnell und kurzerhand waren die meisten Sträuße auch schon verkauft. Als keine Menschen mehr da waren, ging ich also in den hinteren Bereich und band einige neue. Mit Musik war ich voller Leidenschaft dabei, neue Kreationen auszuprobieren. Als ich einige frische Blumensträuße hatte, ging ich wieder in den Hauptbereich und verteilte sie in die vorgesehenen Töpfe, welche mit Wasser gefüllt waren.
Das ertönen des Glöckchens machte mich aufmerksam, dass ein Kunde den Laden betrat. Als ich mich jedoch umdrehte, blieb ich nur starr stehen.

„Harry..." flüsterte Louis, wobei augenblicklich Tränen in seine Augen schossen.

„Louis?" war das einzige, was ich in diesem Moment über meine Lippen bringen konnte. Auch ich konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten, als ich ihn nach über einem halben Jahr wieder sah. Er sorgte für den selben Gefühlschaos wie auch damals. Ich sehnte mich so sehr nach seiner Nähe. Nach seinen Umarmungen, die immer Wunder vollbrachten. Nach seinen Lippen... Erstarrt legte ich den Strauß auf den Tisch vor mir ab und schaute einfach nur in diese himmelblauen Augen.
Louis näherte sich langsam und schloss mich augenblicklich in eine Umarmung. Es vergingen Minuten, in denen wir weinend aneinander geklammert in meinem Laden standen und kein Wort sagten. Die Stille wurde von unserem Schluchzten erfüllt.

„Harry, was ist in der Zeit mit dir passiert? Du siehst so... so anders aus." fragte er schockiert und musterte mich von oben bis unten. Langsam senkte ich meinen Blick und zog meine Mütze aus. Ich wollte ihm alles erklären. Es war an der Zeit. Eine Träne nach der anderen tropfte auf den Holzboden, als Louis seine Hand sanft unter meinen Kinn legte und meinen Kopf anhob, sodass ich wieder in seine Augen sah.
„Krebs?" fragte er, als könnte er meine Gedanken lesen. Ich nickte daraufhin nur als Antwort und seine Augen wurden riesengroß.
„Wieso hast du mir nie davon erzählt?"

„Ich wollte dir deine Tour nicht verderben." flüsterte ich. Ich hatte keine Ahnung, ob er das überhaupt verstand, so leise wie ich geredet habe.

„Und da dachtest du, es wäre die beste Lösung, das mit uns zu beenden? Ich hätte die Tour doch absagen können. Dann müsstest du nicht alleine durch das Ganze gehen. Ich hätte dich doch unterstützen können..." sprach er und wurde zum Ende hin immer leiser. Auch mir wurde klar, wie dumm meine Entscheidung eigentlich war. Es hätte alles so anders laufen können.

„Genau das wollte ich ja nicht. Du solltest deine Tour genießen. Es tut mir leid, Lou..." sagte ich und senkte meinen Blick wieder. Louis drückte mich daraufhin wieder in eine Umarmung. Ich fühlte mich bei ihm so wohl und aufgehoben. Langsam löste ich mich wieder von ihm und strich mit meinem Handrücken meine Tränen weg. Schniefend standen wir uns nun gegenüber.

„Also... du hast jetzt kein Krebs mehr?" fragte Louis und durchbrach damit die Stille. Ich schüttelte daraufhin nur langsam meinen Kopf.
„Seit wann bist du raus aus dem Krankenhaus?"

„Vor vier Wochen wurde ich entlassen. Heute ist mein erster Arbeitstag." antwortete ich.

„Ich weiß. Ich wollte dich besuchen, als ich in New York gelandet bin. Es war aber keiner zu Hause und alle Rollladen waren unten. Ich dachte, du bist im Urlaub oder so gewesen. Dann bin ich zu deinem Laden und habe gelesen, dass du heute wieder öffnest. Also bin ich her gekommen, um mit dir zu reden." erklärte er mir und spielte dabei nervös mit seinen Fingern.

„Du bist am ersten Tag zu mir?" fragte ich schockiert.

„Ja. Ich konnte das alles einfach nicht verstehen. Das hat für mich keinen Sinn gemacht, also wollte ich wissen, was der wirkliche Grund für deine plötzliche 'Entscheidung' war." sagte er und machte eine kurze Pause.
„Aber jetzt wird mir auch so einiges klar." fügte er noch hinzu.
„War das wirklich wegen dem Krebs oder wolltest du das alles einfach nicht mehr?" fragte er nervös.

„Nein, Lou. Ich habe dich jeden einzelnen Tag vermisst. Jede Sekunde warst du in meinem Kopf und jede Sekunde hab ich mich nach dir gesehnt. Ich habe es jeden Tag bereut, dir das gesagt zu haben, denn du hast mich fühlen lassen, als wäre ich etwas Besonderes..." Erneut liefen Tränen meine Wange hinab. Louis lächelte sanft, als wäre er mir für das Ganze nicht böse.

„Deswegen konntest du auch auf keine meiner Konzerte." fiel ihm plötzlich ein. Ich nickte.

„Hast du eigentlich danach noch getrunken?" fragte ich, als ich mich an das Telefonat erinnerte. Louis sagte nichts. Das war dann wohl Antwort genug. Mit Schuldgefühlen geprägt nickte ich langsam.

„Hast du heute Abend schon was vor?" fragte Louis. Verwirrt sah ich ihn an.

„Nein, eigentlich nicht." antwortete ich.

„Ich lade dich ein. Zum Essen. Dann können wir auch in Ruhe über alles sprechen. Natürlich nur, wenn du möchtest und nicht schon jemanden anderen kennengelernt hast." Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen, denn ich wusste genau, dass nur Louis mich so fühlen ließ, wie kein anderer es könnte.

„Ich würde liebend gern mit dir sprechen." antwortete ich leise.

„Ich schreibe dir später noch die Adresse." sagte er und verließ daraufhin den Laden. Wow. Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet.

𝚂𝚞𝚗𝚏𝚕𝚘𝚠𝚎𝚛 ~ Larry Stylinson Where stories live. Discover now