02 | heimkehr

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OKTOBER 1996

„Wenn sich die Stolperschuhe weiter so verkaufen, müssen wir eine Zweitlieferung anmelden."

Freds Stimme war träge, als er mit dem langsam verquellenden Dröhnen die Ladentür hinter sich schloss.

George stand in dem offenen Lagerraum und hielt sich an dem Geländer fest.

„Fred."

Die Nachmittagsstunden waren an ihm vorbeigesickert wie zähflüssiger Teer und wie so oft in den vergangenen Wochen hatte Corben McLaggens schuldvolles Erscheinen die Risse an seiner Nagelhaut nur noch tiefer gemacht. Er wusste, was er falsch machte, aber er hätt sie nie aufhalten können.

„Außerdem hat Wiles angekündigt, zwölf zusätzliche Verschwindehüte fürs Ministerium zu bestellen." Manisch presste er die Finger gegen seine Schläfe, massierte den pochenden Druckpunkt. Die Listen hatten sich in sein Unterbewusstsein gebrannt, ohne je seinen Verstand zu erreichen. „Das würde bedeuten, dass wir 'nen neuen Verkaufsschlager hätten."

„Fred."

„Wir sollten überlegen, ob wir 'nen Lieferservice anbieten."

„Fred."

Energisch knallte er das Pergament auf die Kommode; die Tinte spritzte über seine Notizen –

„Ja verdammt, was denn?"

George starrte ihn an. Der sorgenvolle Ausdruck, der in den vergangenen Wochen zu seinem liebsten Accessoire geworden war, war verschwunden. Stattdessen grinste er. Schamlos. Als wären die Schmerzen in Freds Kopf oder die tief eingekerbten Denkfalten wirklich witzig.

„Da ist jemand für dich", blieb alles, was George sagte. Und von dem Spott, den Fred aus seinem Blick heraus las, schwang gar nichts mit. „Oben, in unserer Wohnung."

Fred verstand ihn, weil Georges gekräuselte Lippen den Vorwurf schluckten. Er verstand, dass die Süffisanz in seinem Ausdruck etwas anderes gewesen war. Etwas, das Fred nicht mehr gespürt hatte, seitdem ihr letzter Brief durch sein Küchenfenster geflogen war: Es war Erleichterung. Und Fred glaubte ihm.

Er brauchte genau drei Sekunden, bis er die Wendeltreppe über dem Lagerraum erklommen hatte. Die hölzerne Tür war nur angelehnt, der betäubende Duft zu lang gelaufener Heizkörper und brodelnder Experimentendünste sickerte hindurch. Und mit all dem noch etwas anderes. Etwas, das viel stärker war, das jede Faser in ihm prickeln und seinen Gaumen nach Erlösung schmecken ließ. Etwas, das klammer Stoff und sanfter Lavendel war. Sie war zurückgekehrt.

„Logan."

Fred sprach ihren Namen zum ersten Mal, seitdem er Irland verlassen hatte. Er sprach ihn und es klang als wäre er in den vergangenen Wochen nicht mit Schwere belegt gewesen, verließ seinen Mund wie ein fedriger Windhauch.

Sie stand inmitten des Wohnzimmers und sah ihn an. Das Blau in ihren Augen, die Unergründlichkeit darin, all das war zurückgekehrt.

Logan Ainsley, mit ihrer alten Jeansjacke, dem ausgezerrten Stoffrucksack. Dunklerem Teint, schmalerem Gesicht. Sommersprossen dort und ihre Brille fehlte. Und das aschblonde Haar, das er an ihr geliebt hatte, hatte begonnen, zu einem matten Braun zu zerfließen. So, wie es einst im Mondlicht des Krankenflügels ausgesehen hatte, als er sie zum allerersten Mal wirklich sah. Und zum ersten Mal wirklich verstand, was Liebe wohl bedeuten musste.

„Fred."

Ihre Stimme war Heimkunft. Und binnen zweier Schritte nahm er sie in seinen Arm. So fest, dass ihre dürren Ellenbogen gegen seine Rippen stachen; dass seine Lippen in ihrem Haar versanken.

THE AFTERMATH » fred weasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt