08 | gegangen.

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APRIL 1997

Corben McLaggens Blut sickerte als dunkelrotes Rinnsal in die Rillen des Kopfsteinpflasters. Und Logan schrie, als sie ihm dabei zusah.

„Rob, hol sie weg –"

„Fass mich nicht an!"

„Logan –"

„Er muss ins St. Mungos! Sofort!"

Sie wusste nicht, ob sie die Dinge wirklich sagte. Ob sie ihre brüchigen Lippen verließen und über den Tränenschleier überhaupt zu verstehen waren. Oder, ob das Blut in ihren Ohren nicht vielleicht deutlicher rauschte als jedes ihrer Worte durch Hogsmeade hallte. Salvio Hexia, Finite. Finite, Finite, Finite

Corbens bewusstloser Körper zitterte. Schutt und Späne verklebten seine Haare, Schnitte klafften unter seinen Wangen und auch, wenn seine Augen schrecklich weit offen standen, waren seine Pupillen nicht mehr zu sehen. Stattdessen krampfte jeder einzelne Muskel. Und das Blut überflutete den Stoff seines Hemdes wie Kirschsaft, sog sich in seinen steifen Mantel, bis auf Logans bebende Hand. Die Risse in seinem Oberkörper waren so groß, dass nichts die Blutungen stoppte –

„Er muss ins St. Mungos! Sofort!"

Endlich hörten sie sie.

Doch der metallische Geschmack in der Luft und das Salz in ihren Augen hatten sich tief in ihre Kehle gefressen. Sie roch Corbens sterbenden Körper selbst dann noch, als sie Stunden später in den unruhigen Gängen der Notaufnahme saß und ihren Kopf zwischen den Händen vergrub.

Irgendwo in weiter Ferne hallten dumpfe Schritte über gebohnertes Linoleum. Nicht einmal die ätzenden Desinfektionsmittel brannten die Bilder aus ihrem Kopf.

„Logan."

Seine Stimme war sanft und es war das erste Mal, dass er überhaupt sprach. Die restlichen zwei Stunden hatte er bloß da gesessen und mit ihr gemeinsam in das verräterische Nichts der Wände gestart. Während der Zeiger der Uhr über das Ziffernblatt wanderte.

Jetzt sah Fred sie an. Seine warme, schmale Hand lag auf ihrem Rücken wie ein Schutzschild. Allerdings breitete sich seine Wärme diesmal nicht bis in ihren ganzen Körper aus. Gegen die Taubheit kam er nicht an.

„Logan, vielleicht sollten wir gehen." Seine orangene Silhouette spiegelte sich auf dem matten Bilderrahmnenglas gegenüber. In die Falte zwischen seinen Brauen kerbte sich tiefer Ernst. „Hör mal, es sind schon fast drei Stunden und die Heiler tun, was sie können."

Das wallende Haar der Frau, das an einem sonnigen Nachmittag auf Hogwarts' Ländereien noch so kupfernfarben ausgesehen hatte, wirkte unter den Patroleumlampen des St. Mungos mausgrau. Corbens Eltern saßen in dem Wartebereich drei Türen weiter und schwiegen sich an. Seine Mutter hatte erst seit einer halben Stunde aufgehört zu weinen.

„Hey, Logan", Fred versuchte es erneut, zaghaft und ganz nah an ihrem Ohr.

Sie zuckte zurück. Bissiger, als sie sein wollte. Bissiger, als Fred jetzt vielleicht verstand. „Ich gehe nicht, in Ordnung?" Sie krallte ihre Finger in den Stoff ihres Pullis. Wenn es das einzige war, das sie geben konnte, dann gab sie es: „Ich gehe nicht."

Rob saß am anderen Ende der Stuhlreihe und sah ihr bei dem kargen Versuch eines Widerstandes zu. In seinen Blick hatte sich die selbe, alles betäubende Trance gebissen und sie hatte sich kein einziges Mal getraut, ihn nach Sue oder Jope zu fragen. Oder generell irgendetwas zu tun.

Die Ärzte wechselten ihre OP-Schichten alle vier Stunden. Diesen Rhythmus erfasste Logan in der kommenden, nie endenwollenden Abendszeit, in der das St. Mungos in Schwärze und ihre Hoffnung in drückenden Vermutungen versank.

THE AFTERMATH » fred weasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt