2. Trainingskampf und Käsesahnesoße

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„Wo warst du? Ich habe dich gesucht." Benno sah mir aus vertrauten braunen Augen entgegen und legte den Kopf fragend schief, als ich außer Atem auf die Lichtung joggte. „Dad und Kaspar kommen gleich", ließ er mich wissen, ohne auf eine Antwort zu warten.

Ich nickte nur.

Um mich von meinem Disput mit Dad ein wenig zu erholen, hatte ich eine entspannte Runde durch den Wald gedreht und war unsere Grenzen abgelaufen. In meiner Wolfsform konnte ich meinen Kopf immer sehr gut freibekommen und meiner Wut auf meinen Vater etwas Luft lassen.

Benno wusste, dass ich mich oft im Wald rumtrieb, wenn man mich sonst nirgends finden konnte und hatte auch schon mehrmals angeboten, dass er mich begleiten könnte. Immerhin war es nie hundert Prozent sicher außerhalb des Rudeldorfes im Wald unterwegs zu sein. Erst recht nicht alleine. Es gab einen Grund, warum unsere Patrouillen immer mindestens zu dritt waren.
Er hatte aber recht schnell verstanden, dass ich das tat, um meine Ruhe zu haben und auch, wenn er mein bester Freund war, musste man einfach manchmal alleine sein.

Er deckte mich dann immer bei unseren Vätern, wenn Dad mal wieder auf der Stelle, in dieser Sekunde und jetzt sofort nach meiner Anwesenheit verlangte.

Ich könnte mir keinen besseren Beta an meiner Seite vorstellen.

Ich zog meine Shorts über, die hier an der Lichtung in einer kleinen Truhe aufbewahrt wurden, und brachte mich in Kampfstellung.
Wir Wandler waren zwar an Nacktheit gewöhnt, aber übertreiben musste man es dennoch nicht. Auch Benno trug lockere Jeans und sah mir abwartend entgegen.

Sollten wir noch nicht kämpfen, wenn Beta Frank und Kaspar kamen, würde es großen Ärger geben, weshalb wir das Aufwärmen kurzerhand übersprangen und gleich in einen Übungskampf übergingen.

Kaspar war im selben Alter wie unsere Väter und der beste Kämpfer unseres Rudels, wodurch er die Ehre hatte, den zukünftigen Alpha und seinen Beta ausbilden zu dürfen. Er war ein netter Kerl, der es manchmal auch nicht so genau nahm, wenn wir alleine zu dritt waren. Sobald jedoch Dad oder Bennos Vater dabei waren, kannte er kein erbarmen und ließ uns bis zum Umfallen schuften.
Ich wusste, dass er das auch nur tat, um sein Ansehen bei unseren Vätern nicht zu verlieren und damit schlussendlich auch seinen Posten und seine Privilegien, deswegen nahm ich es ihm nicht übel.
Vor allem, wenn wir dann ab und an statt dem Kampftraining einen Abstecher an einen nahegelegenen See machten und unsere Wölfe dort etwas schwimmen und entspannen ließen. Natürlich ohne, dass unsere Väter davon wussten.

„Benno! Das sieht ja peinlich aus! Arme weiter hoch, Beine weiter auseinander!", brüllte Kaspar mit einem verärgerten Grollen über die Lichtung. Gleichzeitig konnte man ein enttäuschtes Schnauben von Bennos Vater wahrnehmen.

Im Gegensatz zu meinem Vater war Bennos Vater ein richtiger Vater. Er war streng und verlangte seinem Sohn viel ab, aber er achtete immer darauf, Benno wissen zu lassen, wie stolz er auf ihn war. Etwas, was ich von meinem Vater noch nie gehört hatte.
Frank wollte nur das Beste für seinen Sohn und belohnte ihn immer für seine Mühen.

Gleichzeit war er auch eine bessere Vaterfigur für mich als mein eigener Vater oder auch mein Großvater.

Wenn ich eines Tages Kinder hatte, dann wollte ich ein Vater wie Frank sein. Ein liebender Vater, der aus seinen Kindern das Beste herausholte, ohne sie zu irgendetwas zu zwingen.

Benno genoss zwar ein ebenso strenges Training wie ich, aber das kam eher von seiner Loyalität mir gegenüber. Im Gegensatz zu mir war es seine freie Entscheidung hier zu sein und so viel zu trainieren. Niemand zwang ihn zu irgendetwas.
Umso froher war ich also, dass Benno weiterhin tagtäglich an meiner Seite war.

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