XVII.

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Jo

„Und du darfst mich nicht im Stich lassen!", schreie ich meine Verzweiflung hinaus. Mein Körper befindet sich in Schwerelosigkeit. Ich fühle ihn gar nicht mehr. Meine Seele liegt noch unter ihm, unter Charlie, er nagelt sie fest, aber wo ist der Rest hin?

Ich spüre meine Arme nicht, meine Beine, meine Füße, nichts davon. Alles weg. Alles abgetrennt. Nicht mal mehr meine Worte gehören richtig mir.

„Ich kann dich doch nicht umbringen, Jo! Mann, das geht doch nicht!", brüllt er entsetzt und ich will nicht, dass er so laut ist, aber ich bin es ja auch, und alles ist so verdammt scheiße.

„Aber warum nicht!", schreie ich, weil ich nur noch schreien kann. Es ist nicht mal eine Frage. Ich weiß, warum er das nicht kann. Doch ich bettle trotzdem darum. Verlange ihm das ab. Ich bin wirklich ein richtig schlechter Mensch. Schon allein, weil ich es wage, ihn um das zu bitten, verdiene ich den Tod. Genau so ist es doch.

Plötzlich knallt er mir eine. Es brennt heiß und schmerzhaft auf meiner Wange und ich bin so schockiert, dass mir für einen Moment die Tränen aus den Augen weichen. Charlie sieht mich gequält an. Was habe ich nur aus ihm gemacht? Sein Blick ist gebrochen. „Ich werde dich niemals umbringen, Jo", sagt er mit fester, in Stein gemeißelter Stimme. Es bricht mir das Herz, das zu hören.

Er unterstützt mich nicht.

Er lässt mich allein.

Aber wie soll ich das jemals allein schaffen?

Übelkeit steigt in mir auf. Reflexartig öffne ich die Autotür und erbreche mich gerade noch rechtzeitig, damit ich wenigstens nicht noch das Auto von diesem scheiß Sozialarbeiter vollkotze. Nackt hänge ich kopfüber über der Kante der dünnen Matratze unter mir und kühle meinen aufgeladenen Körper. 

Charlie hat nun vollends die Kontrolle verloren. Er zerrt mich unsanft an meinen Schultern, Haaren und Brüsten zurück ins Auto, legt mich auf den Rücken und drückt meine Handgelenke in die Matratze. Jetzt bin ich ihm hilflos ausgeliefert. Und wie schön wäre es, wenn er es jetzt einfach durchziehen würde. 

Erwürg mich. 

Ich weiß nicht mal, ob ich das eben nur gedacht oder schon ausgesprochen habe. Immer noch wütend sieht er mich an, doch nichts hat sich in seinem Blick verändert. 

Erwürg mich. Erwürg mich. 

Er zeigt keine Reaktion.

„Erwürg mich", presse ich die Worte aus meinem Mund raus. 

Nun atmet er hysterisch und ich habe Hoffnung, dass er so sauer auf mich wird, dass er es tatsächlich tut. Aber tief im Innersten weiß ich bereits, dass Charlie von anderer Natur ist. Er krallt sich zwar in meinen Schultern fest und rüttelt mich, schüttelt mich, während er unverständliches Zeug schreit, doch davon werde ich nicht sterben. 

„Töte mich, Charlie! Bitte! Hilf mir!", schreie ich zurück, doch jetzt hört er endgültig damit auf.

Legt sich über mich.

Schlingt seine Arme um mich.

Berührt mich.

Weint bitterlich.

Küsst mich.

Doch ich. Halte. Das. Nicht. Aus.

Ich reiße mich von ihm los, schubse ihn ans andere Ende des Wagens, ziehe mir meinen Pullover über den Kopf und schlüpfe in meine Hose, ohne Unterwäsche, das fühlt sich beschissen an, aber ich muss so schnell wie möglich weg von hier.

Dann haue ich die Autotür zu und renne ins Nichts.

GUILTHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin