Temporary Insanity

17 2 1
                                    

„Ich weiß jetzt was mit deinem Bruder los ist" verkündete ich Sirius, als wir uns am Nachmittag gemeinsam auf den Weg zum Quidditsch Feld machten. James hatte ein Training angekündigt und wir mussten uns jetzt mit dem bitter kalten Wind und Regen rumschlagen.
„Hast du mit ihm geredet?" Sirius klang überrascht.
„Was dachtest du denn, dass ich mache, wenn meine Schwester heulend vor unserem Gemeinschaftsraum auftaucht" erwiderte ich achselzuckend.
„Und was hat er gesagt?"
„Er hat kalte Füße bekommen und ist sauer auf dich, weil er denkt, dass wir jetzt an seiner Stelle dran wären wenn wir nicht gegangen wären" ich versuchte gar nicht erst es nett zu verpacken. Sirius wusste eh, was es bedeutete. Er schwieg eine ganze Weile und wir gingen schweigend nebeneinander her. Ich wusste, dass er sich schuldig fühlte, wozu er meiner Meinung nach absolut keinen Grund hatte. Aber meine Meinung war hier nicht von Bedeutung, das war mir auch klar.
„Vielleicht hat er recht" meinte Sirius irgendwann leise. „Vielleicht hab ich ihn irgendwie im Stich gelassen."
„Sirius" ich bleib stehen und zwang ihn ebenfalls stehen zu bleiben, damit ich ihm ins Gesicht schauen konnte. Seine Haare hingen ihm schon jetzt in nassen Strähnen ins Gesicht. „Regulus hatte genau wie du die Möglichkeit von zuhause wegzugehen. Er muss nur ein Wort sagen und du setzt Himmel und Erde in Bewegung, das weißt du, das weiß ich und er weiß es auch. Entweder er traut sich nicht oder und das halte ich für sehr viel wahrscheinlicher, er will nicht. Und du kannst ihn zu nichts zwingen. Regulus ist nicht sauer, weil du ihn im Stich gelassen hast, er ist sauer weil es einfacher ist seine Probleme auf dich zu schieben. Lass das nicht mit dir machen."
Er sah mich nicht an und ich wusste, dass er gerade mit sich rang. In seinem inneren wusste Sirius, dass ich recht hatte, zumindest hoffte ich das. Aber es konnte auch verdammt schwer sein das zu akzeptieren.
„Wenn er Hilfe von dir möchte, dann wird er sich bei dir melden. Und wenn nicht, dann kannst du auch nichts tun."
„Ja, ich weiß" murmelte er und wandte sich um, um Richtung Feld weiterzugehen. „Aber er ist ein ziemlicher Idiot, was das angeht."
Ich folgte Sirius schweigend. Wenn ich ehrlich war verstand ich Regulus nicht. Er hatte seine Wahl getroffen. Er hatte sie schon getroffen, als er in seinem ersten Schuljahr nach Slytherin gekommen war und sich mehr oder weniger von Sirius abgewandt hatte. Ein nächtliches Treffen auf dem Astronomieturm alle zwei oder drei Monate, mehr Kontakt hatte Regulus nicht zu seinem Bruder gewollt. Es war seine Entscheidung gewesen. Ich tat mir schwer Mitleid mit ihm zu haben, auch wenn mir klar war, dass er es nicht unbedingt leicht hatte.  Wir hatten es schließlich auch nicht leicht!

Sirius und ich erreichten das Quidditschfeld schweigend. Er war in Gedanken und ich wusste ehrlich gesagt nicht, was ich sagen sollte, um ihm zu helfen. Stattdessen zogen wir uns um und schwangen uns auf unsere Besen, um uns warm zu fliegen. James war wie immer voll motiviert und weder Regen noch Wind konnten ihn aufhalten uns fast drei Stunden lang über das Feld zu jagen. Schon nach 20 Minuten waren meine Finger taub und meine Füße fühlten sich an wie Eisklötze. Immer wieder glitten meine Finger an meinem nassen Besenstiel ab und ich musste aufpassen, dass ich nicht runterfiel. Die fehlende Übung machte sich bemerkbar, wie ich leider feststellen musste. Letztes Jahr war Quidditsch wegen des Turniers ausgefallen und auch wenn James ab und zu mal ein Training angesetzt hatte, wir waren alle ziemlich aus der Übung. Aber es war unser letztes Jahr und unser Captain wollte unbedingt nochmal den Quidditsch Pokal gewinnen, ein Vorhaben, das ich nur unterstützen konnte. In meiner Zeit in Hogwarts hatten wir ihn erst einmal gewonnen und ich wollte das Jahr wirklich gerne mit einem Sieg abschließen. Nur würde das alles andere als leicht werden.

James beendete das Training erst, als es schon dunkel war und wir alle nicht mehr viel mehr als Zähneklappern zustande brachten. Kommentarlos machten wir uns auf den Rückweg zum Schloss und ich konnte kaum an was anderes denken, als eine warme Dusche und was vernünftiges zu essen. Aus den Augenwinkeln sah ich wie Cora begann schneller zu laufen und auch ich beschleunigte meine Schritte. Mir war schon klar, dass sie gerne zuerst ins Bad wollte, aber ich würde nicht kampflos aufgeben.
„Wer zuerst da ist darf zuerst duschen?" sie warf mir einen fragenden Blick zu. Wir waren gerade am Fuß der großen Marmortreppe angekommen. Ich brachte ein Nicken zustande, für alles andere war ich auch zu müde und beschleunigte meine Schritte noch mehr.
Im Endeffekt hatte ich keine Chance. Und vor allem keine Lust sieben Stockwerke nach oben zu sprinten. Also ließ ich Cora dann doch den Vortritt, sie hätte so oder so gewonnen.

I might be crazy but at least I'm free - Blood is thicker than waterWhere stories live. Discover now