Cold hands

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Ich tat die ganze Nacht kein Auge mehr zu. Angespannt lauschte ich Sirius regelmäßigen Atemzügen neben mir, während ich über meinen merkwürdigen Traum nachdachte. Sie hatte so real gewirkt, Mary-Eliza. Sie hatte ausgesehen wie ich und noch viel schlimmer, sie hatte mich gesehen. Und sie hatte mich erkannt. 
Der Traum hatte mich so sehr aufgewühlt, dass ich am nächsten Tag schon morgens damit begann die Kiste zu durchstöbern. Ich musste rausfinden, was das alles zu bedeuten hatte. Ich wollte endlich Antworten haben. Während meine Freundinnen den freien Sonntag genossen, verschanzte ich mich wortlos in unserem Gemeinschaftsraum. Es musste doch irgendetwas in dieser Kiste geben, dass mir meine Fragen nehmen konnte.  

Ich fand nichts, was mich unbedingt beruhigte. Im Gegenteil, das was ich las beunruhigte mich viel mehr. Die Briefe und Tagebücher wurden zunehmend wirrer und je mehr ich davon las, desto wirrer wurde ich auch selbst.
Gegen Nachmittag wurde die Tür zum Schlafsaal aufgerissen. Ich war schon ein wenig genervt von der Störung, den ganzen Mittag hatten sich meine Freundinnen in den Gemeinschaftsraum verzogen und es war mir recht so. Aber es war tatsächlich nur Sirius, der es mal wieder geschafft hatte alle Regeln zu brechen und die verzauberte Treppe zu überwinden.
,,Da bist du ja" er grinste mich schief an, aber ich erwiderte es nicht. Ich war nicht wirklich in Stimmung, um mit irgendwem zu sprechen.
,,Cora hat gesagt, sie macht sich Sorgen um dich, weil du schon den ganzen Tag wie besessen in dieser Kiste rum kramst und mit niemandem sprichst" fuhr er fort, als ich nicht antwortete. 
,,Mir gehts gut" erwiderte ich knapp. 
,,Dann komm doch runter und setz dich zu uns in den Gemeinschaftsraum" schlug er mit Unschuldsmine vor. 
,,Nein danke." 
,,Warum denn nicht?"
,,Hör auf damit Sirius" ich sah ihn genervt an. ,,Du weißt genau warum nicht. Ich will endlich Antworten, ich halte das nicht länger aus."
Ich deutete auf die Kiste ohne auf eine Antwort zu warten: ,,Weißt du was da drinnen steht? Jedes siebte Kind eines siebten Kindes im Stammbaum meiner Mutter ist verstorben, Sirius. Keiner von ihnen ist älter als 30 geworden. Es steht hier schwarz auf weiß. Es ist der Beweis, ich bin verrückt, so wie es alle anderen auch waren. Ich werde Stimmen hören, meinen Verstand verlieren und dann irgendwann bringe ich mich um so wie Mary-Eliza und die anderen. Sind wir doch mal ehrlich, alles was in dieser Kiste liegt deutet darauf hin, dass meine gesamte Familie aus Geisteskranken besteht."
,,Okay" langsam schob er die Kiste beiseite und ließ sich auf mein Bett sinken. Dann sah er mich abwartend an. Genervt warf ich das Tagebuch, was ich noch in der Hand hatte zurück in die Kiste und drehte mich so, dass ich ihn ansehen konnte.  
,,Das ist ein über zweihundert Jahre altes Schriftdokument, Madame" erinnerte er mich schelmisch. Ich warf ihm einen eindeutigen Blick zu.
,,Spielt keine Rolle steht eh nur Müll drin."
,,Silvi hör mir mal bitte kurz zu" seine Hände legten sich um mein Gesicht, so dass ich ihm in die Augen schauen musste. ,,Deine Familie besteht schon seit ich denken kann aus Geisteskranken. Und glaub mir du bist bei weitem die Normalste. Was auch immer du glaubst was mit dir passieren wird, ich kenne dich. Ich weiß wer du bist und ich weiß, dass du okay sein wirst. Weil ich dafür sorgen werde."
Seine Worte beruhigten mich nur minimal, aber Sirius sah mich so ernst an, dass ich schließlich seufzte und meine Stirn gegen seine lehnte.
,,Ich will doch einfach nur wissen was das alles zu bedeuten hat."
,,Ich weiß" er seufzte ebenfalls. ,,Und wir werden es auch rausfinden. Irgendwann, wenn nicht heute, dann vielleicht morgen, oder in einem Monat, oder in zwei Jahren. Aber es ist nicht wichtig Silvi, was wichtig ist, ist, dass du dich bis dahin nicht wirklich noch verrückt machst." 

Sirius hatte gut Reden. Er träumte schließlich nicht in der darauf folgenden Nacht davon, wie eine gewisse Mary-Eliza versuchte ihn zu Magica Robur einer Hexe, die eigentlich nur in Kindermärchen existierte, zu bringen. Es war ein und der selbe Traum, jede Nacht aufs neue und er versetzte mich in solche Panik, dass ich, wenn ich danach Schweißgebadet aufwachte, die ganze Nacht nicht mehr schlafen konnte. Dementsprechend müde war ich dann auch am nächsten Tag. Ich konnte mich seit Tagen nicht mehr richtig konzentrieren, immer wieder schweiften meine Gedanken zu meinen Träumen. Irgendwie wollte ich wissen, was das alles zu bedeuten hatte. Aber gleichzeitig hatte ich solche Angst davor, was ich finden würde, dass ich am liebsten aufgehört hätte zu suchen. Mir ging es wirklich mies und es half auch nicht, dass meine Freundinnen und Sirius mich immer wieder darauf ansprachen oder mir besorgte Blicke zuwarfen. Sirius wusste, dass ich Alpträume hatte, schließlich schlief ich ständig bei ihm im Bett. Aber ich wollte nicht darüber sprechen, nicht mal mit ihm. Diese Träume waren so real, so echt, dass ich immer wieder das Gefühl hatte, mich darin zu verlieren. Nachdem ich fast eine Woche lang immer wieder Schweiß gebadet aufgewacht war, fasste ich einen folgenschweren Entschluss. Wenn ich nicht mehr schlief, würde ich auch nicht mehr träumen und wenn ich nicht mehr träumte, dann würde ich Mary-Eliza auch nicht mehr sehen. Und wenn ich Mary-Eliza nicht mehr sah, dann würde ich vielleicht auch nicht verrückt werden. Das hoffte ich zumindest. 
Die ersten zwei Tage waren eine Qual. Ich schleppte mich von Klassenzimmer zu Klassenzimmer, ohne recht irgendwas wahrzunehmen. Der Unterricht zog an mir vorbei und ich hatte keine Ahnung worum es überhaupt ging. Immer wieder erwischte ich mich selbst dabei, wie ich langsam drohte einzuschlafen, erschrocken fuhr ich dann zusammen und setzte mich wieder aufrecht hin. Es war grausam, ich war noch nie in meinem Leben so müde gewesen. Am zweiten Tag ohne schlaf hielt Lily mich nach  Verwandlung  zurück. Sie griff nach meinem Arm und ich verlor beinahe das Gleichgewicht, obwohl sie nicht einmal gezogen hatte. 
,,Silvi gehts dir gut?" fragte sie und sah dabei wirklich ehrlich besorgt aus. 
,,Hmhm" murmelte ich zustimmend. Alice war neben uns stehen geblieben und ich registrierte erst ein paar Sekunden später, dass Lily sie hilfesuchend ansah. 
,,Silvi, ich glaub du solltest in den Krankenflügel gehen" meinte Alice sanft. ,,Du siehst wirklich nicht gut aus." 
Ich musste auf einmal den Drang unterdrücken, laut los zu lachen. Die Situation kam mir auf absurde Art und Weise extrem lustig vor. 
,,Danke, aber mir gehts gut" kicherte ich und machte mich von Lily los, die mich irritiert ansah. Immer noch kichernd ließ ich die beiden stehen und machte mich langsam auf den Weg zu Zaubertränke. 

I might be crazy but at least I'm free - Blood is thicker than waterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt