22 - Angeblich leuchte ich

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𝕊𝕠𝕞𝕖 𝕕𝕒𝕪𝕤 𝕪𝕠𝕦 𝕛𝕦𝕤𝕥 𝕙𝕒𝕧𝕖 𝕥𝕠 𝕔𝕣𝕖𝕒𝕥𝕖 𝕪𝕠𝕦𝕣 𝕠𝕨𝕟 𝕤𝕦𝕟𝕤𝕙𝕚𝕟𝕖

Ich stieß einen erschrockenen Schrei aus - und dann wurde ich beiseitegestoßen.

Als ich herumfuhr, drehte sich mir der Magen um. Die Werwölfe hatten sich in einigen Metern Abstand in einem Kreis aufgestellt, nur einer nicht, denn der lag blutüberströmt genau dort, wo ich vor wenigen Sekunden noch gestanden hatte. Es war Remus.

Ohne auch nur einen Gedanken an die übrigen Werwölfe zu verschwenden, lief ich auf ihn zu und kniete mich neben ihn. Verdammt, verdammt, verdammt! Um festzustellen, dass er schwer verletzt war, brauchte ich nicht einmal ein Heiler zu sein!

Vorsichtig legte ich meine Hand an seinen Hals - immerhin, der Puls war noch da! Plötzlich verwandelte er sich zurück. Ich bemerkte es kaum.

"Du... leuchtest", murmelte er, es fiel ihm sichtlich schwer, wach zu bleiben.

Ich... was? Egal, ich hatte gerade dringlichere Sorgen. Außerdem konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ich ihn richtig verstanden hatte.

"Nicht reden, alles wird gut, du darfst nur nicht einschlafen, hörst du? Bleib wach!", plapperte ich vor mich hin, darum bemüht, nicht in Panik zu verfallen oder in Tränen auszubrechen, was mir nur bedingt gelang.

"Weißt du... Selene... ich... ich muss dir noch sagen...", setzte er erneut an.

"Shh! Du überanstrengst dich noch!", warnte ich ihn verzweifelt.

"Ich liebe... dich", flüsterte er und sah mich dabei direkt an.

"Ich dich doch auch, ich dich auch, aber du musst jetzt wach bleiben, hörst du!"

Mittlerweile weinte ich tatsächlich, was mir schon seit Ewigkeiten nicht mehr passiert war.

Sichtlich angestrengt hob er die Hand und zog mich zu sich nach unten, bis sich unsere Lippen schließlich berührten.

Die Schmetterlinge in meinem Bauch explodierten, aber gleichzeitig liefen mir die Tränen die Wangen hinunter. Wie konnte ein Augenblick gleichzeitig so schön und doch so herzzerreißend sein?

Dann erschlaffte Remus' Hand. Nun heulend wie ein Wasserfall setzte ich mich auf, nur um zu sehen, dass er endgültig das Bewusstsein verloren hatte.

Mein Blick streifte die Werwölfe, die immer noch knurrend herumstanden. Sie wirkten nicht weniger feindselig als zuvor, höchstens... verwirrt.

Diese Werwölfe waren dafür verantwortlich. Dafür, dass ich vermutlich gerade den Jungen, den ich liebte, verloren hatte. Denn das war dieses Gefühl. Liebe. Schon die ganze Zeit gewesen. Nur war mir das erst jetzt gerade klargeworden.

Bei diesem Gedanken brannten bei mir alle Sicherungen durch. Ich brüllte meine Wut in die Finsternis des Waldes hinaus, der dabei in rasendem Tempo immer heller zu werden schien. Nur am Rande merkte ich, dass das Licht von mir ausging, aber ich beachtete es gar nicht weiter.

Ich war so wütend, ich hätte allein durch meinen Blick Berge zerbröseln können. Wann immer das Licht, das immer greller zu werden schien, einen Werwolf streifte, verwandelte sich dieser zurück.

Ein Blick nach oben verriet mir, dass sich auch ein Lichtstrahl in Richtung Blutmond aufgemacht hatte. Und, dass die Werwölfe an und für sich vermutlich gar nicht die eigentlichen Schuldigen waren - sondern der Mond.

Desto mehr ich meine Wut auf ihn konzentrierte, desto näher kam ihm das strahlend weiße Licht, bis es ihn schließlich erreichte und kein Rot mehr zu sehen war, sondern nur das altbekannte Weiß. In exakt diesem Moment verwandelten sich auch die letzten Werwölfe.

Und dann trübte sich mein Blickfeld immer mehr, bevor ich endgültig zusammenklappte.

When the moon is bleeding...Where stories live. Discover now