Aufgefressener Diamant

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Der Kopf rollt nicht davon, Blut quillt aus dem Schnitt und von beiden Seiten. Glatt durch. Die Wut und der Hass, die Enttäuschung und all die seelischen Verletzungen die Emmanuel hierher gebracht haben verschwinden aus seinen Augen. Genau wie der Glanz und das Leben. Der zuckende Körper wird von den Ranken unten gehalten und er schließt die Augen. Und dafür musste er Juliette umbringen? Geschlagen lässt er das Bajonett los und presst die Kiefer aufeinander. Dafür musste er sie umbringen. Die Verzweiflung in ihm breitet sich immer mehr aus, er spürt sie immer noch an sich lehnen, traut sich aber jetzt nicht sie anzusehen. Sein Herz, zerbrochen in tausende Teile, würde das nicht verkraften. ER würde es nicht verkraften. Wie lang er wohl hier knien kann? Wie lang hält ihre Leiche noch warm? Wie lange lässt man es zu dass sie so sitzen? „JULIE!" Baskervilles Stimme ist zu hören und Anderson traut sich nicht einmal ihn anzusehen. Juliette war sein Ziehkind, seine menschliche Tochter! Und er hat sie ihm geraubt. Alexander weiß nicht wie es ist ein Kind zu verlieren zu welchem man so eine Bindung hat, aber er kann sich vorstellen dass das alles ein Trauma sein muss welches man nicht mehr verarbeitet. „Kind, wie geht's dir? Alles gut?" Wie schuldig kann man ihn bitte noch fühlen lassen? Er stellt diese Frage einem toten Menschen. Seiner getöteten Tochter. Plötzlich eine Bewegung an seiner Schulter. „Ich- Uhm... Ich... lebe?" Perplex sieht die junge Frau an sich runter und tastet den Hals ab, ehe ihre Mundwinkel hochgehen. „Ich lebe!" Lachend fällt sie dem Höllenhund um den Hals und drückt ihn fest an sich. „ICH LEBE!" Abrupt reißt Alexander die Augen auf und starrt auf die Seite. Sein Mund geht leicht auf. All seine Gefühle überschlagen sich im nächsten Moment so sehr dass sie sich alle Gegenseitig ausschalten und eine Leere herrscht. Sie lebt. Er hat sie nicht getötet. Aber- Wie? „Ju- Julie..." Seine Stimme ist leise, fassungslos. Träumt er gerade? Halluziniert er? Steht er so unter Schock dass er sich das alles einfach nur einbildet? Nur langsam richtet sie sich auf und erwidert seinen Blick. Die Mundwinkel gehen hoch. „Scheiße man... ich lebe." Ungläubiges Lachen ihrerseits, doch im nächsten Moment fällt sie ihm um den Hals. Aus ihrem Lachen wird ein erleichtertes Weinen. Das Wissen dass alles vorbei ist. Sie kann wieder nach Hause. Sie kann wieder zu ihren Eltern! Sie hat wieder Gesellschaft die sich nicht auf einen Magier oder einen Erzengel beschränkt. Anderson sieht immer noch fassungslos nach vorn und dann hoch zu dem alten Mann. Dieser lächelt und nickt leicht. „Ich habe dir gesagt dass du mir vertrauen sollst." Erst dann lässt auch er das alles zu und drückt sie an sich, die Ranken verschwinden und hinterlassen nur noch ihn selbst. Den Pater Anderson welcher nun selbst sein Gesicht an ihrer Halsbeuge vergräbt und der vor Erleichterung weint. Baskerville dreht seinen Kopf zu seinem Herrn, dieser hat die Arme verschränkt und strahlt schlimmer als die Sonne. Schande über jeden der ein anderes Beispiel im Kopf hatte. Schniefend zieht Alexander die Nase hoch und hebt leicht den Kopf. „Tu das... nie wieder." Juliette richtet sich auf, aus dem Weinen wird wieder ein breites Grinsen. „Ich verspreche dir hoch und heilig mich nie wieder für Jesus zu opfern." Sein Blick wird vorwurfsvoll und er legt seine Hände an ihre Wangen. „Juliette." Auch sie hebt ihre Hände, wischt ihm aber die Tränen aus dem Gesicht. „Ich bin die Heulsuse von uns beiden, nicht du." „Auch Männer haben Gefühle...", brummt er und legt seine Stirn an ihre. „Ich will nie wieder auch nur ansatzweise die Entscheidung treffen müssen dich umzubringen. Bitte." Naja, versprechen kann sie das jetzt nicht, aber sie versucht es. „Ich kanns probieren." Seufzend richtet er sich wieder auf und schüttelt den Kopf. „Du stures Weib." Sie lässt sein Gesicht los, schnippt und zeigt auf ihn. „Für das du was übrig hast." Sein Mund geht auf und dann doch wieder zu, er beobachtet stumm wie sie aufsteht und ihm eine Hand entgegen streckt. „Komm." Sie nickt leicht. „Ich glaub ich brauch jetzt nen Joint." Erst zieht er seine Hand von ihrer wieder zurück und kneift leicht seine Augen zusammen, seufzt dann aber und nimmt sie doch. „Ich denke da werde ich mitgehen." Leicht überrascht sieht sie zu ihm hoch nachdem er aufgestanden ist. „Du- Du willst- Du willst auch?" Die grünen Augen gehen an ihr runter und wieder hoch. „Wer passt sonst auf dich auf? Und vielleicht hat das ein wenig Stress ausgelöst der sich nicht so leicht wieder lösen lässt. Und ich habe gehört dass pflanzliche Wirkstoffe bei Stress sehr gut helfen sollen." Oh ja, pflanzlich haut da einiges rein. „Aber lass mich zuerst mit meinen Eltern telefonieren, okay?" Leicht drückt er ihre Hand und lässt sie dann erst los, nickt. „Klar."

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