✧ 𝑓𝑜𝑢𝑟𝑡𝑦𝑓𝑖𝑣𝑒 ✧

413 48 19
                                    

⊰᯽⊱┈──╌❊╌──┈⊰᯽⊱
Jeongguk P.o.V.
⊰᯽⊱┈──╌❊╌──┈⊰᯽⊱

Zwanzig Minuten waren nun seit Seokjins Ansprache, dass wir doch bitte pünktlich am Bus sein sollten, wenn wir die Rückreise zum Internat antreten würden, vergangen. Und genau seit diesen zwanzig Minuten herrschte eine bedrückende Stimmung zwischen unserer Freundesgruppe, obwohl wir doch nun endlich etwas Freizeit hatten und die Stadt unsicher machen konnten.

Hobis anfänglicher Enthusiasmus, endlich wieder shoppen gehen zu können, der sich in einem strahlenden Sonnenschein-Lächeln in seinem Gesicht widerspiegelte, glich nun eher dem tropfenden, tristen Grau einer deprimierten Regenwolke, die sich in Kürze direkt über ihm entleeren würde. Geschuldet war sein beinahe schon bemitleidenswerter Ausdruck der Feststellung, dass heute ja Sonntag wäre und die Geschäfte somit nicht einmal geöffnet hätten, um sich wenigstens etwas die Langeweile vertreiben zu können.
Außerdem hatte ich die starke Vermutung, dass der Rotschopf das kleine Gewitter über seinem Kopf womöglich größtenteils seiner Kaufsucht zu verdanken hatte, die sich in jetziger Situation deutlich bemerkbar machte und ihm in den Rücken fiel.

Taehyung jammerte pausenlos, dass er doch lieber bei Seokjin hätte bleiben sollen, da nun alle Schüler in der gesamten Stadt verstreut waren und es nicht im Ansatz mitbekommen würden, wenn die beiden etwas Alleinsamkeit genießen würden. Irgendwie verständlich.

Felix versuchte seinen besten Freund vom Gegenteil zu überzeugen und meinte, dass wir doch auch eine tolle Zeit gemeinsam haben könnten. Da kam Hobi wieder ins Spiel, um jetzige Lage noch einmal zu wiederholen und das gesamte Internat zu verfluchen, warum ein verdammter Klassenausflug auf einen Sonntag gelegt wurde!

Jimin schien auch nicht gerade glücklich zu sein, schließlich war es seine kalte Schulter, die ich die ganze Zeit zu Gesicht bekam! Was zur Hölle war nur los mit ihm?!

»Leute!« Tae und Felix hörten auf zu diskutieren und mein Freund warf mir einen winzigen Blick zu. »Können wir bitte irgendwas tun? Rumstehen bockt so gar nicht. Wir könnten ja wenigstens die Architektur der Stadt anschauen«, schlug ich teils genervt, teils verzweifelt vor.

»Die Architektur? Dein Ernst?« Hobi schaute mich mit seinem Bitch what the fuck - Blick an.
Unschlüssig zuckte ich mit den Schultern. Eigentlich war mir das mit der Architektur nur so herausgerutscht. »Ähh warum nicht?«
»Weil es fucking nochmal langweilig ist«, beschwerte sich Tae und sah mich trotzig an. Dann schnaubte er einmal und richtete seine Aufmerksamkeit auf seine Fingernägel, die er auf einmal ganz genau unter die Lupe nehmen musste.

Überlegend biss ich mir auf die Unterlippe.
»Gut, dann... Essen?«
Essen half doch immer. Zumindest dachte ich das.

»Gut, dann lass uns wenigstens etwas nices Essen«, stimmte mir Felix zu und ließ danach einmal seinen Blick über den kompletten Platz schweifen. Als er gefunden hatte wonach er suchte, drehte er sich wieder zu uns um. »Pasta?«
Einstimmiges Nicken.

Jimin war der Erste, der sich, ohne ein einziges Wort dabei zu verlieren, von unserer Gruppe in Bewegung setzte und das ausgewählte Restaurant ansteuerte. Insgesamt war mir aufgefallen, dass er sich komplett im Hintergrund gehalten und sich nicht einmal an unserer kleinen Diskussion beteiligt hatte. So langsam mischte sich ein leicht sorgvoller Beigeschmack in meine vorherige Wut. Denn eines war klar, meinem Freund ging es gerade nicht wirklich gut. Ob ich damit womöglich etwas zu tun haben könnte? Wahrscheinlich schon.

Also beschleunigte ich meine Schritte und lief zu Jimin, legte meine Hand zwischen seine Schulterblätter, um ihm meine Nähe anzudeuten, was ihn aber merklich zusammenzucken ließ.
»Hey, ist alles okay?«
Er zuckte mit den Schultern.
»Weiß nicht.«
Er wusste es schon. Aber er wollte, dass ich von alleine darauf komme. Und eines stand fest: Jimins Verhalten hatte definitiv etwas mit mir zu tun.

Schweigend ging ich neben ihm her und betrachtete ihn von der Seite, stolperte fast über die Stufen, als wir durch den Eingang des Restaurants traten und fuhr mir einmal nervös durch die Haare. Denk nach Jeongguk!

»Hallo, hätten Sie noch einen Tisch für fünf Personen frei?«, fragte Jimin höflich nach, als wir am Tresen Halt machten. Daraufhin wurden wir auch schon zu einem Tisch geführt, wir setzten uns - natürlich beanspruchte ich den Platz neben meinem Freund - und uns wurden die Speisekarten vor die Nase gelegt. Wir durchblätterten das dünne Heft, ich las nicht ein Einziges der Gerichte durch, dachte nur darüber nach, was ich falsch gemacht haben könnte. Der Kellner kam, wir bestellten, ich hatte keine Ahnung. Weder was ich essen sollte, noch wo der Fehler war. Als mich der gesamte Tisch anblickte, merkte ich, wie ich rot anlief und hätte am liebsten mein Gesicht in meinen Händen vergraben. »Ich nehme dasselbe wie er.« Dabei nickte ich zu Felix. Hoffentlich hatte er nichts mit Meeresfrüchten bestellt.

Der Kellner nickte freundlich und war wieder aus meinen Gedanken verschwunden. Vorsichtig lugte ich zu Jimin herüber. Er unterhielt sich gerade mit seinem Cousin und so wie es aussah, erzählte er unseren Freunden darauf, wie Taehyung und ich uns fake geprügelt hatten, nur um Zimmer zu tauschen. Sein breites Grinsen auf seinen Lippen war dabei echt. Ein kleiner Stein fiel von meinem Herzen. Oh man, es war schrecklich, wenn er nicht mit mir redete. War das meine Strafe? Meine Strafe, dass ich... dass ich...

Hauchzart spürte ich Jimins Blicke auf mir, sie glitten nur einmal über mich, für wenige Sekunden und den Ausdruck, den ich dabei auffing, war Sehnsucht.

...meine Strafe, dass ich ihn die komplette Busfahrt über ignoriert hatte! Ich Idiot!! Obwohl wir doch kuscheln wollten...

Der kleine, imaginäre Teufel in mir, der zuvor süffisant lächelnd auf meiner Schulter gesessen hatte, rollte nun mit den Augen, während sich das Engelchen eine Schweißperle von der Stirn wischte und erleichtert aufseufzte, als ich endlich draufkam, was los war.

Und es war so logisch, so einleuchtend, so wahr, dass ich mir wegen meiner Dummheit gerne eine verpasst hätte. Jimins Love-Language war körperliche Nähe, zärtliche Berührungen, lange Kuschelsessions, Umarmungen, Händchenhalten, support, der ihn wohl und sicher fühlen ließ. Und genau das hatte ich missachtet. Ich hatte ihm das Gefühl vermittelt, dass ich nicht auf ihn achtete, alles wichtiger war, als er. Dabei war er doch das Wichtigste für mich!

Langsam legte ich meine Hand auf seinen Oberschenkel, streichelte ihn sanft mit meinem Daumen und sah ihn verstehend an.
»Es tut mir leid«, wisperte ich in sein Ohr, strich ihm eine Haarsträhne zurück und küsste entschuldigend seine Wange.

»Ich wollte dir nicht das Gefühl vermitteln, dass ich dich nicht beachte und ich nicht gerne mit dir gekuschelt hätte. Ich hätte mich im Bus mit zu dir setzen sollen... und es tut mir leid, dass ich so lange gebraucht habe, bis ich's bemerkt hab...«

Durch seine Augen glitt ein kleines Funkeln. Dann fixierte er meine Lippen, näherte sich mir zaghaft, schloss die Augen, überbrückte den letzten Abstand und vereinte seine Lippen mit meinen. Er küsste mich lange und sehnsüchtig und verdammt bekam ich dabei eine Gänsehaut! Mein gesamter Körper erschauderte wohlig und mir wurde unglaublich warm. Dann löste er sich wieder von mir und leckte sich einmal über seine vollen, zart geröteten Lippen. »Vergeben«, flüsterte er lächelnd und schmiegte sich keine zwei Sekunden später an mich. Liebevoll legte ich einen Arm um seinen Rücken, drückte ihn noch ein Stückchen näher an mich ran und hauchte einen winzigen Kuss auf seine blonden Locken. Ich liebe dich.

⊰᯽⊱┈──╌❊╌──┈⊰᯽⊱

𝐑𝐎𝐒𝐘 𝐂𝐇𝐄𝐄𝐊𝐒 | kookmin ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt