roter eyeliner

962 45 11
                                    

Er schämt sich zu weinen, aber selbst schämt er sich für die Gründe weshalb er jetzt überhaupt weint. Er weiß nicht was genau mit ihm los ist, aber seit den letzten Tagen ist er sich ziemlich sicher, dass er mehr als nur einfache Freundschaft für seinen Kumpel empfindet. Vielleicht ist an Juzo, wie die Zuschauer immer den Ship zwischen Rezo und Julien nennen, doch etwas dran?

Für Rezo fühlt es sich nicht immer gut an einen Crush auf Julien zu haben, klar macht es ihn auf eine gute Weise verrückt, wenn Julien einfach nur was sagt, oder sonst was tut. Aber jedes Mal wenn Rezo kurz in seine Gedanken driftet und realisiert, dass Julien soweit er weiß nicht gay ist und Rezo auch nicht genau die Aufmerksamkeit gibt die er will, fühlt er sich extrem schlecht. Und es tut ihm auch leid, dass er sich bei solchen dummen Dingen schlecht fühlt, weil er überhaupt nichts von Julien erwarten oder gar verlangen darf, aber er sehnt sich viel zu sehr nach ihm.

Schwer rutscht er mit seinem Rücken an der Tür runter und lässt sich auf den Boden plumpsen. Jede Faser in seinem Körper fühlt sich so schwer und dick an, als ob er gleich platzen würde. Vielleicht wäre die Pizza dann doch nicht so eine gute Idee, denkt er und legt seinen Kopf auf seine Knie, während er seine Augen feste zukneift.

Schützend schlingt er seine Arm um seine Beine und krallt sich in dem schwarzen Stoff der Jogginghose gut fest. Er meinte vorher die Worte, dass Julien sich jemand suchen solle, ernst. Zwar hat er nur daran gedacht, dass er doch Rezo nehmen soll, aber er weiß das es nicht klappen würde und wünscht Julien wirklich von ganzem Herzen das Beste, auch wenn er weiß, dass er dann derjenige wäre der leiden müsste.

Er hält es einfach nicht mehr aus. Immer fester presst er seinen Kopf gegen seine Knie, manchmal will er seinen Kopf dagegen schlagen. Seine Augen werden immer wärmer und mehr Tränen quellen aus ihnen. Überall wird ihm wärmer und er spürt schon wie sich dicker und heißer Schweiß bildet. Die Hitze lässt ihn wie ein dicker hässlicher Elefant fühlen, der aufgequollenen Backen hat und so dicke Armen und Beinen, dass er sich nicht mehr gescheit bewegen kann, dazu noch lange runzlige Striche, die sich auf dem linken Unterarm wie dicke Flüsse runter bewegen.

Wieder schwenken seine Gedanken zu seinem Gewicht. Dabei ist er doch nicht mal wirklich dick? Er war es mal, aber dank dieser Challenge die er gemacht hat, hat er sichtlich abgenommen. Aber er fühlt sich immer noch doppelt so groß wie er ist. Es ist so dumm, weil er weiß, dass er gerade ein durchschnittliches Gewicht hat, oder sogar noch trainierter als die Mehrheit der Menschen, aber immer noch denkt das er fett ist.

Feste presst er seine Augen zusammen. Er will das nicht mehr. Immer aufgeregter wackelt er mit seinen Beinen, wodurch er nur Kopfschmerzen bekommt, weil sein Kopf noch auf den Beinen liegt. Sein Atem wird immer schwerer, als ob ihm jemand den Sauerstoff abgedreht hätte und sein Herz schnell nimmt an Geschwindigkeit an, wäre es ein Auto, wäre es schon viel zu oft geblitzt worden.

Plötzlich wird er von einem lauten Klingel, was wohl die Tür sein muss, aus seinen Gedanken gerissen. Die Pizza. Langsam stützt Rezo sich an der Tür wieder hoch und läuft die paar Meter zum Waschbecken, um sich im Spiegel darüber anzuschauen. Seine Augen sind leicht rot angeschwollen, während sein Gesicht röter als sonst aussieht und seine blauen Haare viel zu schlaff in sein Gesicht hängen. Er findet sich hässlich, so extrem abscheulich. Was muss Ju nur denken wenn er ihn ansieht? Tut er das eigentlich gerne, ihn ansehen? Oder macht er das nur aus Höflichkeit. Wäre Rezo mit sich selbst befreundet, würde er nicht zu gerne in dieses Gesicht blicken.

Schnell schaltet er den Wasserhahn an und lässt das kühle Wasser über seine Finger laufen, bevor er sich mit seinen nassen Finger die Augen reibt. Wieder schaut er durch den Spiegel, aber es ändert sich so gut wie nichts. Er sieht aus, als hätte er geheult. In seine Kopf verflucht er sich selbst dafür, dass er jedes Mal, wenn er auch nur glasige Augen hat, sofort rote Augen bekommt oder sogar ein geschwollenes Augenlid. Was wird Ju nur von ihm denken, wenn er ihn so sieht? Das er eine Memme ist? Rezo fragt sich, ob Julien auch manchmal weint, oder er ein Einzelfall ist, was weinen angeht.

Nochmal spritzt er sich ein bisschen Wasser ins Gesicht, bis er sich selbst etwas frischer fühlt und auch das Rot um seine Augen nicht mehr zu deutlich ist, aber immer noch als ein kleiner Eyeliner rund um seine Augen herum zusehen ist. Aber bevor er die Toilette wieder verlässt, spült er noch schnell das Klo, um so zu tun als wäre er wirklich pissen gewesen. Kurz zieht er seine Ärmel noch bis über seine halbe Hand, die immer noch vom Wasser feucht ist, bevor er die Tür aufschließt.

Schnell hatte Julien die zwei Pizzas angenommen und sie ins Wohnzimmer gebracht. Und gerade als der Braunhaarige auf dem Weg ist eine Cola zu holen, ist Rezo wieder da und die dünnen Lippen von Julien bilden sich wieder zu einem Lächeln. "Die Pizzas sind da.", grinst er und deutet zur Couch, während er intensive Rezos Gesicht mustert. Julien denkt dass sich an Rezo irgendwas verändert hat, doch was kann er auch nicht sagen. Vielleicht ist es auch nur die dunkle Beleuchtung gerade.

Als Julien die Pizza erwähnt, platziert sich ein hungriges Lächeln auf Rezos Lippen, auch wenn es sich für ihn falsch anfühlt jetzt eine Pizza zu essen. Er will doch eigentlich abnehmen. "Ich hol schnell ne Cola, brauchst du sonst noch was?", fragt Julien, als er sich schon ein paar Schritte weiter in Richtung Küche bewegt. Kurz überlegt Rezo, aber er will nichts, es würde ihn nur noch schuldiger fühlen lassen und das kann er gerade nicht aushalten, also schüttelt er seinen Kopf.

Schwer lässt sich Rezo auf das Sofa fallen. Er weiß nicht recht ob er jetzt schon anfangen soll oder nicht. Sein Magen knurrt aber schon, trotzdem entscheidet er sich dagegen und fixiert sich auf den Film, der immer noch läuft. Wie sich Julien wohl fühlt, wenn er eine Pizza isst? Rezo hofft, dass er sie ohne einen nervigen und erdrückenden Hintergedanken essen kann. Da schweifen Rezos Gedanken zu Juliens Körper. Julien ist zwar nicht mehr so krass durchtrainiert wie früher, aber in Rezos Augen - egal wie muskulös - die Definition von attraktiv.

Mit einer Flasche Cola in der Hand kommt Julien wieder zurück und lässt sich direkt neben Rezo auf das Sofa fallen. "Cola?", bietet er das Getränk Rezo an, während er sie schnell aufdreht.

Ein nervöses Gefühl breitet sich in seinen Fingerspitzen aus, als er zu Ju spickt. Er fühlt die schmerzende Leere in seinem Magen, aber auch die Hitze des Fetts an seinem Körper. Zögerlich nickt Rezo und greift nach der Plastikflasche, die Julien ihm anbietend entgegen hält. Feste umgreifen seine kribbelnden Finger die Flasche und nehmen sie zu sich, bevor er mit seinen zitternden und immer noch etwas nassen Fingern versucht den Deckel, der Cola Flasche aufzudrehen.

Wie man sich denken kann, sind nasse Finger fürs Aufschrauben eines Deckel nicht die effizienteste Idee. Also kommt es wie es kommen muss und Rezo fummelt vergebens mit seinen Fingern an dem rutschigen Deckel herum. Würde er nicht so überfordert sein, weil sein Crush neben ihm hockt und er gerade in seiner Toilette geheult hatte, wäre er vielleicht - aber auch nur vielleicht - auf die hilfreiche Idee gekommen, seinen Pulli über seine Hand zu legen und so den Deckel aufschrauben. Aber wie Rezo nun mal ist, versucht er mit seiner nackten rutschigen Hand den dämlichen Deckel herum zu drehen und rutsch jedes einzige Mal ab.

Ein genervtes Stöhnen rutscht ihm über die Lippen, während er mit einem tötenden Blick den festsitzenden Deckel anstarrt und seine Beine in einen Schneidersitz zu sich zieht. Sofort liegt Juliens Aufmerksamkeit bei Rezo, nachdem er besagte Laute von sich gegeben hatte. Vorsichtig gleiten seine Augen Rezo auf und ab. Er sieht komplett überfordert aus, wie er versucht den Deckel zu drehen und immer aufs Neue scheitert. Aber in Jus Augen sieht es auch nicht wirklich aus, als ob Rezo es überhaupt versuchen würde, eher als wäre er eigentlich psychisch mit etwas anderem beschäftigt oder so.

"Gib mal her.", unterbricht Julien endlich die vergeblichen Versuche von Rezo, die Flasche zu öffnen. Aber anstatt zu tun was Julien ihn aufgefordert hat, dreht er noch etliche Male an dem Deckel herum, während seine Augen jetzt jedoch auch mal Julien fixieren, der das Geschehen mit einem kritischen Blick beurteilt.

Mit einem Augenrollen kommentiert er Rezos verhalten ein letztes Mal, bevor er kurzerhand die paar Zentimeter zu Rezo rüber rutscht, so dass ihre Oberschenkel sich berühren, und ihm die Flasche so sanft wie möglich aus den nassen und kalten Fingern entwendet. Kurz trocknet Julien den Deckel an seinem trockenem Shirt ab und dreht den Deckel leicht auf, ehe er wieder von der Flasche auf guckt, um Rezo anzuschauen.

Rezo schaut etwas nervös nach unten, auf Julien wirkt es immer noch so als würde ihn irgendetwas beschäftigen, aber was weiß er nicht. Er kann nur spekulieren, bis er sich endlich entscheidet es anzusprechen und diese angespannte Luft etwas zu lockern. "Hey?", flüstert Julien und stellt die Flasche weg, um sich komplett zu Rezo zu drehen. Vorsichtig wagt angesprochener einen schüchternen Blick nach oben. 

bittersüß - juzoWhere stories live. Discover now