an der oberfläche

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Schnell drängt sich Julien aus dem überfüllten Club. Er hat gerade den anderen Bescheid gesagt, dass Ju und Rezo verschwinden, weil eine Nachricht würden sie heute sicher nicht mehr lesen können und unnötige Sorge wollte er ihnen auch nicht antun. Aber als er an die Stelle guckt, wo er seinen Kumpel zurückgelassen hat, erblickt er nur zwei Frauen, die sich mit vielsagenden Blicken unterhalten. Panik bricht in ihm aus. Wo ist Rezo? Ist ihm was passiert? Ist er Ju suchen gegangen? Ist er abgehauen? Oder ist er woanders, und dann aber wo?

Schnell rennt er zu den zwei Frauen rüber, doch gerade als er sie nach Rezo fragen will, bemerkt er eine Gestalt auf der anderen Straßenseite. Ein Mann, seine Kappe tief runter auf die Stirn gezogen, der Blick auf den Boden gerichtet, seine Körperhaltung ist angespannt und mit schnellen Schritten läuft er den Gehweg entlang, während seine Hände in seinen Jackentaschen versteckt sind. Sofort erkennt Julien den Gang und den Körperbau und ohne lange nachzudenken, eilt er ihm hinterher.

Rezo ist in seinen Gedanken versunken, doch genau an irgendetwas spezifisches denkt er nicht, viel eher schwimmen seine Gedanken an der Oberfläche seiner Gefühle, doch gerade als die Gedanken mit einem großem Atemzug eintauchen wollen, reißt ihn wieder etwas knallhart in die Realität zurück, genau dahin, wo er gerade am wenigsten sein will.

"Rezo.", hört er seinen Namen und keinen Moment später spürt er auch, wie ihn eine Hand am Arm festhält, doch viel weniger im Sinne 'bleib stehen', denn es ist nur eine hauchzarte Berührung, die ihn eher in einem netten Ton bittet, einen kleinen Gang runter zu fahren. Und auf diese unausgesprochene Bitte hin verlangsamt sich sein zügiger Schritt auch augenblicklich.

Schnell dreht Rezo sich zur Seite, um den Ursprung des Wortes, den er sehr schnell als Julien identifizieren konnte, besser sehen zu können. "Mh?", fragt er und lässt seine Augen an dem Halbasiaten verwundert runter laufen. Er hätte nicht gedacht, dass Julien so schnell wieder aus dem Club kommen würde und ihn noch einholen würde, doch er ist viel zu erleichtert, so dass er sich auch ein zufriedenes Ausatmen nicht verkneifen kann.

Julien weiß nicht ganz, was er darauf antworten soll. Denn eigentlich würde er ihn gerne fragen, wieso er einfach ohne ihn los ist, doch das würde jetzt echt vorwurfsvoll rüberkommen und Rezo geht es gerade schon eh nicht so gut, da will er ihn nicht noch unnötig aufregen. Also bleibt er erstmal still. Nur weil er seinen Namen ruft, heißt es ja nicht gleich, dass er was von ihm will, oder? Und zu seinem Glück liegt danach auch keine unangenehme Anspannung in der Luft.

Still schweigend begeben sich die zwei dann also auf den Weg. Jeder ist in seinen eigenen Gedanken. Rezo beschäftigt sich mit dem komischen Gefühl, das er so aus dem Nichts bekommen hat und betet, dass die Gefühle für Ju, die er so lange schon versucht zu unterdrücken, nicht zurückkommen werden. Julien währenddessen hofft, dass es Rezo gut geht und überlegt, was wohl mit ihm los sein könnte. Obwohl er mit klarem Kopf, bestimmt alles in weniger als einer Sekunde verstehen würde, denn so lange ist der Vorfall mit dem ganzen Liebesgedöns zwischen den beiden auch nicht her.

Aber nach einer kurzen Weile muss Ju doch die Stille unterbrechen. Einerseits weil er Rezo aufmuntern will, andererseits aber auch weil er selber von der Stille keine schlechte Laune bekommen will. Doch wie er es anstellen soll, ist ihm noch nicht wirklich ganz klar. Vielleicht kann er ja von seinem Schuh reden, dessen Schnürsenkel gerade eine komische Form bilden?

"Guck mal.", grinst Julien also und zeigt mit seinem Finger auf seinen Fuß. Direkt liegen Rezos Augen auch auf dem Schuh und auch wenn er gerade nicht wirklich in der Stimmung dafür ist, huscht ein kleines Lächeln über seine Lippen. "Wie ein Pimmel.", bemerkt Julien stolz und zeichnet mit seinen Fingern in der Luft die Form nach. Tatsächlich bilden seine Schnürsenkel einen schlecht gezeichneten Pimmel, dessen Spitze etwas krumm ist und auf den Boden schleift, wo er wie ein kleiner Besen tüchtig Dreck sammelt.

bittersüß - juzoWhere stories live. Discover now