Teil 5

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Laith sollte ihr fern bleiben, doch es war nicht so einfach auf einem Schiff. Denara saß am Heck, abseits von den Piraten auf Deck, die die Segel hissten um Kurs auf eine der Inseln zu setzten. Das war der Vorteil die Kajüte neben Nevans Zimmer zu haben. Sie bekam Gespräche mit.
Doch gerade war alles andere ihr geringstes Problem, denn auch wenn sie abseits saß, spürte sie die Blicke von Laith auf sich und wurde schmerzlich an den Verrat seinerseits erinnert.
Sie zog an der Lederhose, die ihr Nevan gegeben hatte und verfluchte es. Am liebsten wäre sie wieder in ihrer Höhle, allein und in ihren leichten Kleidern. Doch hier war so etwas nicht möglich. Allein wegen Laith war sie dankbar mehr an zu haben, denn noch immer schwirrte in ihrem Kopf herum, wie er es sich nicht nehmen lassen hat sie nochmal gegen diese Steinwand zu nehmen, bevor er ihr diese Schlinge umgelegt hatte. Sie war so dumm gewesen ihm zu vertrauen. So dumm.

Denara merkte nicht, wie sie ihre Fäuste ballte und ihre Nägel sich schmerzhaft in ihre Handballen drückten. Ihr Blick schweifte übers mehr und für einen Moment fragte sie sich, ob sie nicht einfach springen sollte. Sie war eine Wassergöttin und würde es definitiv bis zur nächsten Insel schaffen. Trotz Schlinge und dennoch. Konnte sie zurechtkommen ohne ihre Fähigkeiten? Sie wusste es nicht und aus diesem Grund war sie noch nicht bereit dieses Risiko auf sich zu nehmen.
>>Du siehst erledigt aus.<< drang Nevans tiefe Stimme in ihr Ohr. Sie antwortete nichts darauf und sah weiterhin stur geradeaus.
Denara sog schockiert die Luft in ihre Lungen, als Nevan sie berührte. Sie schlug zu, bevor sie realisierte, was sie getan hatte und bevor Nevan darauf reagieren konnte, verließ sie das Deck. Einer der Männer stellte sich verängstigt vor sie, woraufhin sie ihn anfauchte. >>Aus dem Weg<<
Er sah hinter sie und bewegte sich dann erst. Denara lief geradewegs zu ihrer Kajüte, doch bevor sie diese erreichen konnte, zog sie jemand am Arm und presste sie gegen die Wand.
Wieder schubste sie ihn mit Gewalt von sich und streckte ihren Zeigefinger nach ihm aus.
>>Ich bin weder dein Eigentum, noch das deines Bruders. Also lass dir eines gesagt sein Pirat. Wenn du mich noch einmal berührst, dann werde ich den Tod in den Kauf nehmen, solange ich dich mit mir reiße.<< warnte sie ihn. >>Das will ich sehen.<< schnurrte er, bevor er seine Arme links und rechts neben ihrem Kopf abstützte.
Denara spürte Panik in ihr aufkommen und riss ihre Augen auf. Ihr Atem ging abgehackt und in dem einen Moment sah Nevan sie noch belustigt an, doch im nächsten Moment änderte sich sein Gesichtsausdruck. Er sah besorgt zu ihr herab, löste seine Hände und sank mit ihr zu Boden, als sie verzweifelt an ihren Hals griff und an der Schlinge zog. Sie spürte den Schmerz nicht, als ihre Nägel sich in ihr Fleisch bohrten und hörte auch die Worte nicht, die Nevan zu ihr sprach.
Mit einem Ruck schubste sie ihn zurück, öffnete ihre Tür und rannte ins Badezimmer. Drehte verzweifelt am Wasserhahn und bespritzte sich mit kaltem Wasser.
>>Denara<< versuchte es Nevan abermals, aber sie hielt ihn mit ihrer ausgestreckten Hand auf, bevor er eintreten konnte. Machtlos. Sie war machtlos und das hatte sie dank Nevan endlich realisiert. Diese Männer könnten sie umbringen, sie austauschen oder für ewig gefangen halten und sie könnte nichts daran ändern. Zum ersten mal in ihrem Leben spürte sie, wie sich Schwäche anfühlte und dieses Gefühl löste Galle in ihr hoch. >>Verschwinde. Verschwinde einfach.<< flüsterte sie noch immer atemlos und schloss ihre Augen, als seine Schritte verklangen und die Tür mit einem leisen Klickgeräusch geschlossen wurde.
Sie sank am Waschbecken herab, den Kopf auf ihre Knie abgestützt und dabei ihren Atem wieder zu beruhigen. An wen würde man sie wohl weitergeben? Wie lange würde es dauern, bis sie überlebte und warum brauchte man sie nur so unbedingt?
So viele Fragen und doch keine Antwort.
Denara hockte für ungefähr zehn Minuten auf dem Boden, bevor ihre Tür wieder geöffnet wurde.
>>Ich habe dir gesagt, dass du verschwinden sollst.<<
Nevan trat dennoch in das Zimmer und setzte sich ebenfalls hin. Seinen Körper an die Tür gelehnt und seine Hände verkrampft in seinem Schoß.
>>Es tut mir Leid. Ich wollte dich nur aufziehen.<< Denara entwich ein sarkastisches Lachen. >>Findest du das alles witzig Pirat? Mich erst meiner Kräfte berauben, dann von meiner Insel wegschleifen und das alles durch einen Verrat deines Bruders. Mich hier einzusperren, während ich sein Gesicht jeden Tag sehen muss, statt ihm seine Luftröhren mit Salzwasser zu sprengen. Und nun machst du dich noch witzig über meine Machtlosigkeit? Das mag witzig für dich sein, doch es geht um mein Leben. Um mein Leben!<< warf sie ihm vor und grub ihre Nägel in ihre Waden.
Er schwieg, eine ganze Weile. So saßen sie dort, starrten Löcher in die Luft und irgendwie spürte sie seine Schuldgefühle bis zu sich herüber.
>>Wir brauchen dich im Austausch eines Kindes. Das Kind von Laith.<< flüsterte Nevan und nun schien Denara tatsächlich schockiert.
>>Es gibt drei Piraten, die an der Spitze sind. Die Blackbeaks. Die Draktales und Deverells.<< begann er und senkte seinen Blick, um sie nicht anzusehen. Elea war das Mädchen in das ich mich verliebt hatte und mein Bruder, doch sie hatte sich für ihn entschieden und irgendwie ist er Hochmütig geworden. Wollte zu einer der Dreien gehören und hat uns dadurch in den Ruin getrieben. Die Draktales haben Elea vor unseren Augen getötet und ihre Tochter als Pfand mitgenommen für den Tod eines anderen Mädchens. Diana.<< Verwirrt sah Denara zu ihm. >>Wer war dieses Mädchen? Und warum wurdet ihr dafür belangt?<<
Nun sah Nevan sie doch an und der Schmerz war in seiner gesamten Haltung. Sie sah es in seinen Augen, auf seinen zusammengepressten Lippen und an seinem mahlenden Kiefer. >>Laith hat sie umgebracht, als er sie gefangen genommen hatte. Sie war die Tochter von Aren Draktale. Dem Kapitän.<< zuckte Nevan nun mit den Schultern. >>Wir sind zu schwach, um Maja zurückzuholen und ich würde meinem Bruder niemals helfen, doch Elea hat auch mir etwas bedeutet. Wie kann ich ihre Tochter ihrem Schicksal überlassen Denara?<< Er schluckte schwer. >>Ich habe keine Wahl. Ich brauche dich zum Austausch, um die Schulden meines Bruders zu begleichen.<<
Denara nickte. Sie wollte es nicht, doch sie verstand ihn. Verstand seinen Schmerz, seine Wut und seine Hoffnung. Der eigentliche Hass galt Laith und nach dieser Geschichte hätte sie ihm am liebsten das Herz aus der Brust gerissen.
Er war nicht mehr als ein Geschwür, welches etliche Leben zerstörte und nun auch ihres.
>>Wirst du die Schlinge lösen, sobald du mich übergibst?<<
>>Du willst uns umbringen. Das wäre das dümmste, was ich tun könnte.<< stieß er aus, bevor er sich erhob.  >>Nein.<< Denara erhob sich nun auch, ging mit erhobenem Haupt auf ihn zu und blieb wenige Zentimeter von ihm entfernt stehen. >>Ich könnte sie vernichten. Sie alle. Ein Tausch wäre nicht nötig.<< schlug sie mit gedämpfter Stimme vor. Umrundete ihn dabei und fuhr mit ihrem Fingernagel über seine Schulter. >>Ich wäre ein Narr dir zu vertrauen, nachdem was wir dir angetan haben.<<
Denara senkte leicht ihren Kopf und sah mit schrägem Kopf zu ihm hoch.
>>Übergib mir deinen Bruder Pirat und ich werde dir helfen. Ob du meinem Wort glaubst ist dir überlassen, doch meine Bedingung steht. Dein Bruder im Austausch des Kindes. Ein Leben in Frieden.<<
Nevan schüttelte den Kopf. >>Er ist noch immer mein Bruder.<<
Denara löste sich von ihm, bevor sie mit den Schultern zuckte. >>Er ist unberechenbar und die Welt wäre eine bessere ohne ihn. Überleg es dir.<<

Herz aus LeidWhere stories live. Discover now