Teil 10

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Es war Nacht, als Denara sich aus dem Bett wälzte und still auf das Deck ging. Den Blick auf die Dunkelheit gerichtet, während das leichte Schlagen der Wellen, gegen das Schiff, die Stille brach. Denara sog die Meeresluft in ihre Lungen und streifte sich dabei ihre Kleidung vom Körper. Dass sie einer der Piraten so sehen könnte, war ihr dabei einerlei. Sie war auch Nackt gewesen, als Laith seinen Weg in diese Höhle fand und hatte nur aus Faszination Kleidung übergestreift. Sie verstand nicht, warum man sich schämen sollte unbekleidet zu sein, wenn man doch so erschaffen wurde?
Denara verstand vieles auf dieser Welt nicht und war im Grunde schon immer abgeneigt gewesen gegenüber Menschen und ihre Sitten. Einer der Gründe, warum sie von den  Wassergöttern ausgestoßen wurde und sich Jahrhunderte lang in dieser Höhle aufgehalten hatte, bis ihr die Einsamkeit dann doch bewusst wurde, als sie Laith das erste mal sah. Es waren diese Augen gewesen, die voller Geschichten waren. Sie wollte sie ergründen und erfahren. Noch immer zog sich ihr Magen zusammen, wenn sie daran dachte, wie er zu Beginn war und jedes mal aufs neue musste sie diese Wut hinunter schlucken, weil sie nun jemand anderen sah, sobald sie die Augen schloss.
Denara umklammerte die Reling und grub ihre Nägel in das kühle Holz, als ihre Gedanken zu Nevan schweiften. An das Versprechen in seinem Blick, als er sie voller Ehrfurcht und Faszination angesehen hatte. >>Verdammt sollt ihr sein.<< fluchte sie, ehe sie sich auf die Reling stellte und in einem Schwung in das kühle Nass sprang. Sie spürte die Ruhe das Salzwassers und die Stille das Meeres, als ihr Kopf die Wasseroberfläche durchbrach. Hörte das plätschern der Wassertropfen und das Singen der sanften Brise, die ihr eine wohlige Gänsehaut bescherte. Immer wieder tauchte sie in das Wasser, formte es und lies die Kraft in sich einwirken. Denara konnte tagelang auf Schlaf verzichten, sofern sie die Energie aus dem Meer zog und sie konnte Jahre darin verbringen, ohne die Lust zu verlieren oder das Bedürfnis zu entwickeln, etwas anderes zutun. Doch dieses mal war es anders. Dieses mal, da zog es sie in eine Kajüte, in der ein ganz besonderer Pirat lag. Ein Pirat, der keiner sein wollte und es dennoch war.
Ein Pirat, der dafür sorgte, dass sie ihre Schenkel zusammenpressen und sie zwingen musste das Gesicht seines Bruders in ihr Gedächtnis zu rufen, damit sie ihm abgeneigt war.
Sie versuchte alles, um ihre Gedanken von ihm zu lenken und gab es irgendwann frustrierend auf. Mithilfe des Wassers, schwang sie sich zurück auf das Schiff, ignorierte ihre Kleidung und ging zielsicher zurück hinunter. Sie würde es bereuen, ganz bestimmt und dennoch sehnte sie sich gerade danach Fehler zu begehen und die Zeit auszukosten, in der sie außerhalb dieser Höhle war. Ohne anzuklopfen, trat sie in die Kajüte und betrachtete den schlafenden Körper des Mannes, der für die Aufruhr in ihr verantwortlich war. Es war nicht mehr, als Anziehung. Sie wusste es und doch war diese so stark geworden, dass sie sich heran wagte an sein Bett. Sie zog die Feuchtigkeit aus ihrem Haar und ließ es auf den Boden fließen, bevor sie die Decke anhob und hinunter schlüpfte. Sie war noch nicht einmal richtig unter der Decke, als sich auch schon ein schwerer Arm um sie legte und sie fest an Nevans Brust zog. Sein Atem hatte sich verändert und als er tatsächlich wagte an ihr zu riechen, wusste sie, dass er wach war.
>>Du überraschst mich.<< raunte er ihr zu und fuhr mit seinen Fingerkuppen über ihren nackten Bauch. >>Das hier ist nicht mehr als etwas Körperliches. Bilde dir nichts darauf ein.<< warnte sie ihn und biss sich auf ihre Lippen, als seine Hand ihren Hals umschloss. Sanft und doch bestimmend. >>Wie du wünschst kleine Wassergöttin.<< hauchte er, bevor er ihren Kopf zu sich drehte und seine Lippen mit den ihren verschmolz.

Herz aus LeidOù les histoires vivent. Découvrez maintenant