Kapitel 15: Die neblige Stadt im Westen

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Von Stille zu sprechen, war untertrieben. Nicht einmal ein Vogelzwitschern oder spielende Kinder waren zu hören. Es war wahrlich eine Totenstille. So hallten ihre Schritte schier zwischen den in dunklem, fast rabenschwarzen Holz gebauten Häusern wieder. Sogar die Sonne schien sich aus Angst vor einigen Wolken zu verstecken, sodass es düster und kalt war.

Am liebsten wären sie gleich wieder umgedreht und hätten das Weite gesucht, doch etwas an diesem Ort zog sie in ihren Bann.

Einige Minuten warteten sie noch ab, schauten sich auf dem weiten Platz, vermutlich dem Marktplatz der Stadt um. Fast stellten sie die Vermutung auf, man hätte diese Stadt ausgerottet oder vertrieben, als eine fürchterlich laute Kirchenglocke zu klingeln begann.
"Jetzt ist genau 14 Uhr", stellte Pascal mit einem Blick auf seine goldene Taschenuhr fest, welche er, mit Erlaubnis von Iyan natürlich, im Schloss
hat mitgehen lassen.

Nachdem die Glocke verklungen war, wurde es erneut mucksmäuschenstill. Doch nur wenige Sekunden später öffneten sich Fenster, Türen wurden aufgerissen, und als erste Personen erschienen, hielten sich Sawako und Pascal schützend vor Iyan.

Doch diese Menschen waren ganz und gar nicht böse, wie man sich bei ihnen im Dorf erzählte. Im Gegenteil!
Mehrere Dutzend sammelten sich auf dem Platz, auf dem sich die Truppe befand, und als sie ihre Gäste bemerkten, wurden alle aufgeregt und umringten die vier, riefen und redeten wild durcheinander.

"Wir haben Besuch! Leute, wir haben endlich wieder Besuch!"
"Wo kommt ihr her?"

"Habt ihr Hunger? Durst? Wollt ihr euch ausruhen?"

"Was führt euch in unser wunderschönes Chesterfield?"

Völlig überfordert von der plötzlichen Aufmerksamkeit versuchten alle vier so schnell es ging aus dieser Situation herauszufinden. Das war bei der Aufregung der vielen Leute nur schwer möglich, doch als Sawako mit einem Blick zu ihren Freunden feststellte, dass Iyan schier in Panik ausbrach, schrie sie drauflos, sodass die Menge sofort erschrocken einen Respektabstand einnahm.

Für einen Moment waren alle still, während sich die schwarzhaarige nach ihrem Freund umsah, und ihn am Arm näher zog. "Ist alles in Ordnung bei euch?", fragte sie mit besorgten Augen, den Arm ließ sie nicht los. Iyan brachte nur ein Nicken zustande.

"Seid ihr sicher?", hakte sie nach und drückte seinen Arm leicht. Wieder ein Nicken. Sie redete noch weiter auf ihn ein, bis mit einem Seufzen von ihm abließ.
Die Menge, die die Szene neugierig beäugten, tauschten gegenseitig Blicke aus. Dann trat eine junge Dame, mit gold glänzendem, langem Haar hervor und machte einen kleinen Knicks. "Es tut uns leid, dass wir euch so verschreckt haben. Es ist nur so, wir lieben Besuch! Aber wir kriegen so wenig... Da waren wir total aufgeregt, als wir euch sahen!" Es folgte eine leichte Verbeugung. "Bitte gebt uns eine zweite Chance, unsere Gastfreundschaft zu zeigen."

Noch immer in schützenden Haltung, einen Arm um Iyan gelegt, schaute Sawako in die Runde. "Moment, verstehe ich richtig, 'Gastfreundschaft'?" Als sie sicher war, dass Iyan auf eigenen Beinen stand, nahm sie den Arm von ihm weg, und musterte die Meute genau. "Überall hört man, ihr wärt ganz üble!"

Erneut redeten sie wie wild durcheinander, bis die blonde Frau mit einer Handbewegung für sofortiges Schweigen sorgte. "Das stimmt. Leider hört man das überall." Ihr Blick senkte sich. "Üble Leute, unfreundlich, es gibt sogar Gerüchte, wir wären blutige Killer! Aber das sind wir gar nicht." Und mit einem Mal begannen einige, Instrumente aus ihren Taschen zu ziehen. "Im Gegenteil! Wir lieben Musik und Tanzen und vor allem mit unseren Gästen machen wir das am liebsten!"

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⏰ Last updated: Jan 30, 2023 ⏰

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Das Ritual des PrinzenWhere stories live. Discover now