Kapitel 12: Prinz Iyan von Prona

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Pascal schien von der Idee nur wenig zu halten, was er durch zusammen gezogene Augenbrauen und einer leichten Schnute zum Ausdruck brachte.

"Denk doch mal nach", setzte der Prinz an, während er mit den Händen wild gestikulierte, "wie cool wäre es, wenn wir nach Hause kehren könnten, und pünktlich für unseren Plan einige brandaktuelle Informationen im Gepäck hätten? Die Leute wären aus dem Häuschen, wenn sie erfahren würden, dass DU, Pascal, diese Mini-Mission angeleitet hast. Wie klingt das?" Schnell merkte er, dass diese hypothetische Situation volle Überzeugungsarbeit geleistet hatte, als Pascal nachzudenken schien.

"Ich muss zugeben, einmal die Anerkennung zu bekommen, und nicht nur zuzusehen, wie Sawako sie abkriegt, wäre schon toll...-"

Und schon griff Iyan nach seiner Hand. "Also los!

Der Weg ins Innere des Schlosses gestaltete sich gar nicht so schwer wie angenommen. Nur nach wenigen Minuten hatte Iyan den geheimen Gang ins Schloss wieder gefunden. Zu ihrem Glück war dieser nicht bewacht. Wurde er nicht entdeckt oder schenkten sie ihm absichtlich keine Beachtung?

Während Iyan voller Vorfreude durch den mäßig beleuchteten Gang spazierte, kamen Pascal die ersten Zweifel auf. Noch zu klein, um sie wirklich ernst zu nehmen, doch sie waren da.

"Ich werde für die Kinder ganz viele meiner Sachen mitbringen, die Sachen vom Wochenmarkt, die Geschenke von meinen Geburtstagen." Er plapperte noch immer weiter. "Ob ich mir noch Klamotten mitnehmen soll?-"

"Sag mal, hast Du den Dolch noch, an dem Du im Lager so hingst?", sprudelte es plötzlich aus Pascal heraus.

Etwas verwirrt blickte Iyan über seine Schulter. "Ehm, ja. Diese nette Schmiedin im Dorf hat es mir sogar geschärft! Jetzt kann ich es mit jedem aufnehmen!" Ein breites Grinsen formte sich auf seinen Lippen. "Wieso?"

"Nur so", entgegnete der jüngere schnell und wendete den Blick ab. Die Zweifel in seinem Kopf wuchsen und wurden zu handfesten Sorgen. Er hatte lediglich einen Bogen dabei. Und das Reisetaschenmesser, welches sein Vater seiner Schwester und ihm jeweils geschenkt hatte, aber mit solch einem Zahnstocher hätte nicht einmal Sawako etwas ausrichten können. "Kann ja nur schiefgehen...", murmelte Pascal in seine Handfläche, damit Iyan bloß nichts hörte.

Am Ende des schmalen Ganges wartete eine leicht quiekende Tür aus einfachstem Holz. Mit einem "Jetzt pass auf!", zeigte Iyan seine furchtbar geniale Erfindung. Ein winziges Türchen im Holz konnte zur Seite geschoben werden, sodass man durch ein gerade mal zwei Finger breites Loch in den Flur des Schlosses blicken konnte. "Ich musste sichergehen, ob die Luft rein war, und ein größeres Loch wäre aufgefallen", erklärte er wie beiläufig, während er den Gang auf Feinde absuchte. "Jetzt wo ich weiß, dass mein Vater immer von diesem Gang wusste, komme ich mir irgendwie lächerlich vor." Schnell schüttelte er diesen Gedanken ab und öffnete langsam die Tür, die mit einem leisen Quietschen aufging.

Sofort schlug Iyan eine befremdliche Atmosphäre entgegen. Es handelte sich um das Schloss, in dem er 21 Jahre aufgewachsen ist, keine Frage. Doch es fühlte sich nicht mehr so an. In diesem Moment kam sich Iyan vor, wie ein Eindringling in seinem eigenen Zuhause. Bevor er diesen Gedanken weiter spinnen konnte, hatte er die Treppen erreicht. Es war dieselbe schmale Wendeltreppe, über die er damals mit Edward geflohen war. Sie würde auf geradem Weg in sein Zimmer führen. Und tatsächlich. Die Abwesenheit jeglicher Wachen war zwar nützlich, jedoch warf sie auch Fragen nach dem Warum auf. Erwarteten sie schlichtweg keine Eindringlinge?

Als sie das letzte Stockwerk erreichten, zögerte Iyan, die nächste Tür zu öffnen. Pascal blickte ihn verwundert an, er konnte ja nicht wissen, dass sich hinter dieser Tür die Brücke befand, auf der sein Vater gefallen war. Zu gerne hätte er sich seiner Gedankenwelt hingegeben, doch das hieße ja, er wäre in diesen ganzen Wochen kein Stück gewachsen. Er wäre wieder am Anfang, würde wieder grübeln und nach Ausreden suchen, warum es ihn und niemand anderes hätte treffen sollen. Nein, das wollte er nicht aufgeben. Er nahm einen tiefen Atemzug und drückte die Klinke herunter. Für einen Moment erwartete er die tobende Schlacht wiederzusehen, den kalten Regen, der zur gedrückten Atmosphäre nur zu gut gepasst hatte. Für einen Moment erwartete er seinen Vater, dem mehrere Dutzend Pfeile im Rücken steckten. Doch nichts dergleichen fand sich dort.

Das Ritual des PrinzenTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon