Kapitel 25. 'Aufsteigende Wut'

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Geschichte. 'Mr. Park~'

Kapitel 25. 'Aufsteigende Wut'



08. Dezember 2020 - Dienstag


Mit müden Augen blickte Baekhyun auf den Bildschirm vor sich. Seine Glieder fühlten sich schlapp an, seine Sicht verschwamm immer wieder für einen kurzen Moment und seine Konzentration ließ auch zu wünschen übrig. Von seinen Kopfschmerzen, die ihn vermuten ließen, dass sein Kopf jederzeit platzen würde, ganz zu schweigen. Er hatte versucht es zu ignorieren und sich vollkommen auf den Text vor sich zu konzentrieren, doch je mehr er sich bemühte, desto schlimmer wurde es. Mittlerweile war bereits eine halbe Stunde vergangen, in welcher Baekhyun es nicht mehr geschafft hatte, auch nur ein einzelnes Wort in das Dokument einzugeben. Es wurde so schlimm, dass Baekhyun vermutete, jeden Moment umzukippen. Er fühlte sich einfach nur noch schrecklich und als hätte seine gesamte Kraft seinen Körper verlassen.

„Baekhyun? Hey Baek? Bist du noch anwesend oder bist du schon eingeschlafen?" Leicht erschrocken zuckte der Angesprochene zusammen, da er nicht damit gerechnet hatte so plötzlich angesprochen zu werden und viel zu sehr war er darauf konzentriert, nicht das Bewusstsein zu verlieren. Zu schnell erhob er seinen Kopf, was nur dazu führt, dass sich sein Zustand nur noch mehr verschlechterte, als sich alles anfing zu drehen und eine unangenehme Übelkeit in ihm hochstieg. Baekhyun vermochte es nicht, seinem Arbeitskollegen eine Antwort zu geben, vielmehr versuchte er angestrengt, sich nicht an Ort und Stelle zu übergeben.
„Geht es dir nicht gut? Du bist ja vollkommen blass", stellte Jongdae mit Erschrecken fest und trat um Baekhyuns Bucht herum an seine Seite. Gerade im richtigen Moment, sodass er Baekhyun auffangen konnte, der nicht mehr in der Lage war seine aufrechte Position zu halten. Er war nur leicht zur Seite gekippt und langsam genug, sodass Jongdae Zeit finden konnte, zu reagieren, doch dennoch hatte seine eigene Kraft nicht mehr ausgereicht, um sich eigenständig aufzufangen oder gar aufzurichten.
„Wow, vorsichtig! Du siehst überhaupt nicht gut aus, Baek. Bist du krank?" Jongdae hielt ihn weiterhin an der Schulter fest, während er mit seiner zweiten Hand die Stirn Baekhyuns abtastete. „Deine Stirn ist glühend heiß."
Baekhyuns Augen fielen immer wieder zu, während er seinen Arbeitskollegen ansah und sich nicht die Mühe machte, ihm in jeglicher Art und Weise zu antworten. Er wollte nur noch schlafen und ihm war bewusst, dass er kein Wort herausbringen würde.
„Okay! Du bist eindeutig krank und solltest jetzt sofort nach Hause!"

Baekhyun hatte aufgegeben, sich die Mühe zu machen, zu widersprechen, noch bevor er überhaupt dazu angesetzt hatte. Oder auch allgemein zu sprechen. Dafür hatte er schlichtweg einfach nicht mehr die Energie. Er konnte kaum aufrecht sitzen, wie sollte er dann auch Arbeiten? Jongdae hatte Recht! Er musste nach Hause! Nur wollte er sich kein Stück bewegen. Baekhyun wollte nur noch die Augen schließen und schlafen. So lange schlafen, bis es ihm wieder besser ging. „Du bist total weggetreten, kann das sein? Schaffst du es trotzdem kurz, eigenständig sitzen zu bleiben? Nur für einen Augenblick? Ich bin sofort wieder da, versprochen."
Baekhyun nickte, auch wenn er sich nicht sicher war, ob er es tatsächlich schaffen würde. Sein Körper wollte ihm längst nicht mehr gehorchen und er bereute es, nicht bereits eher die Arbeit abgebrochen zu haben. Als er am Morgen aufgestanden war, dachte er, dass er nur einen leichten Schnupfen hatte. Baekhyun hatte nicht damit gerechnet, dass es sich derart und in so kurzer Zeit verschlimmern wurde.

Mit halb geöffneten Augen sah er dabei zu, wie sein Arbeitskollege von ihm abließ und anfing Baekhyuns Sachen in seine Tasche zu werfen. Gerade als er damit fertig war und sich gänzlich von ihm abwenden wollte - Baekhyun hatte die Vermutung, dass er Chanyeol hatte Bescheid sagen wollen - wurde es schwarz vor seinen Augen und er merkte, wie er erneut zur Seite kippte. Es vergingen einige Sekunden, in denen Baekhyun weder sehen noch hören konnte, was um ihn herum passierte. Im nächsten Moment auch schon kniete Jongdae vor ihm, während er Chanyeol im Hintergrund erblickte, der panisch auf sie zugelaufen kam. Jongdae hielt ihn erneut an den Schultern fest und ein sorgenvoller Ausdruck hatte sich auf sein Gesicht gelegt. Baekhyun machte sich nicht die Mühe darüber nachzudenken, wie Jongdae es geschafft hatte, Chanyeol über seinen Zustand zu informieren, ohne ihn dabei allein zu lassen. Ob er nun einem anderen Mitarbeiter Bescheid gesagt hatte oder nach Chanyeol gerufen hatte, Hauptsache war nur, dass Chanyeol informiert wurde und zu ihm kam.

„Was ist passiert?"
„Dein Freund glaubt, hier wäre ein guter Platz zu schlafen. Ich hab ihn mal sicherheitshalber davon abgehalten."
Jongdae lachte bei seinen Worten leicht auf, doch selbst in seinem Zustand, konnte Baekhyun bemerken, dass Jongdae mit seinem Scherz nur versuchte die Situation zu beruhigen. Dabei war Jongdae erkennbar nicht einmal selbst zur Ruhe zu bringen. Mitfühlend drehte er sich zu Chanyeol herum. „Baekhyun ist eindeutig krank. Er sollte nach Hause gebracht werden. Ich mach das gerne auch für dich, wenn du noch viel zu tun hast und hier nicht wegkannst. Solange ich Baekhyun irgendwie helfen kann, mache ich das gerne. Aber ich denke, er sollte nicht allein bleiben und es ist besser, wenn du dann bei ihm bist und nicht ich. Ich hab da kein Problem mit, aber er würde sich sicherlich darüber freuen, zu wissen, dass du bei ihm bist."

Chanyeol kniete sich neben Jongdae und lächelte Baekhyun mit einem liebevollen Blick an, der seine offensichtliche Sorge verbergen sollte und vermutlich dazu beitragen sollte, dass Baekhyun sich ebenfalls beruhigte – Was vollkommen unnötig war. Baekhyun war viel zu weggetreten, als dass er irgendwie beunruhigt sein konnte. Er fühlte sich scheußlich, doch ansonsten merkte er nicht viel.

„Hey du."
„Hallo", krächzte Baekhyun.
„Willst du schlafen?"
Baekhyun nickte und öffnete bereitwillig die Arme, um sich an seinen Freund zu schmiegen. Lachend erwiderte Chanyeol die Umarmung. „Ich meinte damit aber nicht, dass du hier schlafen sollst, sondern zu Hause und in einem Bett."
Unzufrieden murrte Baekhyun. So gern er auch in einem Bett liegen wollte, er mochte sich nicht bewegen. Er wollte einfach nur noch die Augen schließen. Alles tat ihm weh und er wusste, dass sich die Schmerzen, sowohl in seinen Gliedern als auch in seinem Kopf, nur verschlimmern würden, sobald er sich bewegte. Dennoch ließ er sich missmutig von Chanyeol aufhelfen.

„Jongdae, kannst du hier für mich übernehmen? Das wichtigste habe ich fertigbekommen und würde deshalb deinen Vorschlag annehmen und ihn nach Hause bringen. Ich hatte eigentlich noch einen wichtigen Anruf erwartet, aber das solltest du auch erledigen können. Die Unterlagen dazu liegen in der Schublade und solltest du doch Probleme haben, dann sag einfach, dass etwas Wichtiges dazwischengekommen ist und ich mich so bald wie möglich wieder melden werde. Das sollte auch kein Problem sein."
„Natürlich. Kümmer du dich um Baekhyun. Und du Baekhyun", wandte Jongdae sich an den Jüngeren Mann, „werde ja schnell wieder gesund."




„Du musst herkommen!"
Verwirrt öffnete Baekhyun die Augen und wurde sogleich von einem pochenden Schmerz in seinem Kopf begrüßt. Er kniff die Augen zusammen, doch entgegen seiner Erwartung wurde der Schmerz nicht geringer.
„Bitte, ich weiß einfach nicht, was ich machen soll oder machen muss. Ihm geht es nicht gut."
Mit Mühe schaffte er es sich aufzusetzen. Das hier war nicht sein Zimmer. Nein, er war eindeutig in der Wohnung von Chanyeol. Nur wie war er hierhergekommen? Und wann? Das letzte, woran er sich erinnern konnte, war, dass er bei der Arbeit gewesen ist und Jongdae und Chanyeol vor ihm knieten. Was danach passierte, wusste er nicht mehr.

„Natürlich! Wenn es sich verschlimmern sollte, werde ich ihn auch sofort in ein Krankenhaus fahren. Aber jetzt braucht er irgendwas, das zunächst sein Fieber senkt und wenn ich ehrlich bin, dann brauche ich auch jemanden, der mir hilft. Ich schaff das nicht und dreh hier gleich durch. Ich weiß nicht, was man in solch einer Situation am besten macht."
Baekhyun horchte auf. Krankenhaus? Mit wem sprach Chanyeol da?
„Was meinst du?"
Für eine längere Zeit blieb eine Stille zurück, die Baekhyun nach und nach vermuten ließ, dass Chanyeol das Telefonat inzwischen beendet hatte. Zumindest war Baekhyun sich sicher, dass sein Freund telefoniert hatte, da er keine weitere Stimme wahrgenommen hatte.

„Chan-", fing er an, nach seinem Freund zu rufen, doch seine eigene Stimme zwang ihn zum Abbruch. Sein Ruf war nicht mehr als ein leiser Hauch, gemischt mit unaushaltbaren Schmerzen. Er fühlte sich kein Stück besser, seit er die Arbeit verlassen hatte. Baekhyun musste eingeschlafen sein, aber wie viel Zeit war seitdem vergangen? Es konnte nicht lange gewesen sein. Ihm ging es offenkundig noch schlechter als zuvor.

Letztlich ließ ihn der Gedanke an Chanyeols Worte nicht los und mit aller Anstrengung, die er aufbringen konnte, schaffte er es, sich aus dem Bett bis hin ins Wohnzimmer zu schleifen. Seine Kraft war fast gänzlich verschwunden, doch sein Drang zu Chanyeol zu gelangen, war stark genug, sodass er es schaffte. Wenn es auch viel länger dauerte als erhofft und ihm auch den letzten Rest seiner Energie raubte. Es war eine Art von Adrenalin, das seinen Körper unterstützte, ihn bis hin zu seinem Freund zu tragen, der ihm im richtigen Moment erblickte und in der letzten Sekunde noch schaffte aufzufangen.
„Baekhyun!"

Chanyeols Stimme war bei seinem Ausruf von einem angsterfüllten Unterton begleitet und zwei Oktaven höher als Baekhyun es von dem anderen gewohnt war. Mit schweren Augenlidern konnte er feststellen, dass sein Freund noch immer telefoniert hatte. Nur war das Handy bei seiner überstürzten Handlung, Baekhyun aufzufangen, zu Boden gefallen. Baekhyun zitterte am ganzen Körper. Ein Gefühl von Horror hatte sich in ihm ausgebreitet.
„Bitte, Chanyeol", flehte er mit rauer Stimme, die seine Verzweiflung deutlich erkennen ließ und einer Ignoranz gegenüber dem eigentlichen Schmerz, der beim Sprechen entstand, „Ich will nicht ins Krankenhaus. Bitte bring mich nicht ins Krankenhaus."

Es kostete ihn alle Mühe zu sprechen, während er zugleich versuchte, sich an seinen Freund zu krallen, um sich irgendwie in einer stehenden Position zu halten. Der ganze Schmerz war nebensächlich.
Chanyeol, der dies zu bemerken schien, half ihm dabei, sich auf die Couch zu setzen. Sein Blick spiegelte völlige Überforderung wider. Baekhyun konnte es ihm nicht verübeln. Wäre ihre Situation andersherum, würde es ihm vermutlich genauso ergehen. Nur war Baekhyun in diesem Augenblick nicht in der Lage, auf Chanyeol Rücksicht zu nehmen, so gern er es gewollt hätte.

Baekhyun saß kaum wenige Sekunden, ehe er sich zur Seite fallen ließ, keine Kraft mehr sich aufrecht zu halten, doch nur einen Augenblick später bereute er seine Tat, als seine Kopfschmerzen und der Schwindel durch den plötzlichen Schwung schlimmer wurden. Wann hatte er sich zuletzt so grauenhaft gefühlt? Sicherlich waren seit dem letzten Mal schon mehr als zehn Jahre vergangen.

Chanyeol, der immer noch sichtlich nicht mit der Situation zurecht gehen wusste, hob sein Handy vom Boden auf und klemmte es sich zwischen den Kopf und seine Schulter.
„Kyungsoo? Bist du noch da?", sprach er vorsichtig auf, wohl wissend, dass Baekhyun darauf auch reagieren würde. Währenddessen breitete er eine Decke über seinen Freund aus und strich vorsichtig durch Baekhyuns leicht feuchtes Haar, knapp über der Stirn. Es wirkte, als wolle er Baekhyun beruhigen und ihm zeigen, dass er da sei und zugleich als wolle er überprüfen, ob Baekhyuns Fieber weiter gestiegen war.

„Ja, alles gut. Baekhyun kam nur gerade ins Wohnzimmer und ist mir buchstäblich in die Arme gefallen."
Baekhyun beobachtete seinen Freund, wie er ein Stück von ihm zurückwich, ihn jedoch weiterhin im Blick behielt. Zeitgleich entspannte sich seine Mimik und er wirkte sichtlich erleichtert. „Ist in Ordnung. Danke dir, wirklich! Bis gleich."
Chanyeol beendete das Telefonat und atmete tief durch. Ein wehleidiger Blick legte sich auf sein Gesicht, als er Baekhyun für einen kurzen Augenblick genauer betrachtete. Seufzend kniete Chanyeol sich vor ihn – Baekhyun hatte versucht den Blick weiterhin zu erwidern, doch er war erneut zu müde und erschöpft, als dass er seine Augen offen halten konnte.
„Was machst du nur?", flüsterte der größere. Es tat Baekhyun leid, dass er seinem Freund solch einen Kummer und Sorgen bereitete und ihn sichtlich mit seinem Zustand überforderte.
„Wieso bist du nicht im Bett geblieben?"
Baekhyun öffnete seine Augen wieder und sah seinen Freund flehend an. „Nicht ins Krankenhaus", wiederholte Baekhyun seine Worte von zuvor, diesmal mit deutlich weniger Kraft. Tränen bildeten sich in seinen Augen und erneut wurde sein Körper von einem Zittern erfüllt, bei dem selbst Baekhyun nicht mehr sicher war, ob es an seinem kranken Zustand oder an dem angsterfüllten Gefühl lag. „Bitte Chan-" Ein Husten unterbrach ihn und Baekhyun wimmerte auf. „Bitte nicht..."
Seine Worte waren nur noch ein Flüstern und wurden zuletzt fast schon gänzlich verschluckt. Dennoch verfehlten sie nicht ihren Effekt, sodass ein Stich durch die Brust Chanyeols ging.

Sein Körper kämpfte mit aller Kraft gegen diese Erkrankung an, sodass sie ihm alles abverlangte. So sehr, dass Baekhyuns Körper nicht auf eine Antwort von Chanyeol warten konnte und ihn erneut in den Schlaf riss.
Chanyeol seufzte. Er dachte zuvor schon, dass er mit der ganzen Situation überfordert wäre, weshalb er keine andere Möglichkeit mehr gesehen hatte, als Baekhyuns besten Freund zu kontaktieren, in der Hoffnung, dieser würde ihm helfen können. Natürlich hätte er auch mit Baekhyun zu einem Arzt fahren können. Nur war Chanyeol sich nicht sicher, ob sein Freund in seinem derzeitigen Zustand dazu in der Lage gewesen wäre. Chanyeol wusste eindeutig nicht, was er machen sollte, war er zuvor auch noch nie in einer solchen Situation gewesen.
Baekhyuns Worte machten es somit auch nicht gerade einfacher für ihn. Er hätte gedacht, dass es das Beste wäre, wenn sich der Zustand seines Freundes nicht bald ändern oder sich im schlimmsten Fall sogar noch weiter verschlechtern würde, ihn ins Krankenhaus zu fahren. Natürlich wäre es das Beste, ohne Frage! Aber Chanyeol hatte es merken können, sehen können, dass Baekhyun eine greifbare Angst verspürt hatte. Eine unglaubliche Angst davor, dass Chanyeol ihn ins Krankenhaus fahren könnte. Es führte nur zu noch mehr Unsicherheit bei Chanyeol. Zumal er bis zu diesem Moment nicht gewusst hatte, dass sein Freund offensichtliche Angst vor einem Krankenhaus hatte.

Kyungsoo hatte ihn auch schon ausdrücklich davon abgeraten, Baekhyun in ein Krankenhaus zu bringen, als er mit ihm telefoniert hatte, doch noch ehe der jüngere dieses erklären konnte, war Baekhyun im Wohnzimmer aufgetaucht und in seine Arme gefallen.
Chanyeol seufzte erneut, während er Baekhyun beim Schlafen beobachtete und entschied sich wenige Sekunden später dazu, ihm einen Tee aufzukochen und in eine Thermoskanne zu füllen. Sobald Baekhyun wieder wach werden würde, musste er etwas trinken. Zugleich versuchte er sich daran, auch eine Suppe für seinen Freund zu kochen, auch wenn er sich mehr als ungeschickt dabei anstellte. Letztlich war es nur wichtig, dass Baekhyun irgendwas zu Essen bekam.

Kaum zehn Minuten später wurde er in seiner Tätigkeit unterbrochen, als es an der Tür klingelte und Kyungsoo, vollkommen aus der Puste, vor ihm stand. „Wo ist er?"
„Wohnzimmer."
„Im Wohnzimmer? Wieso zum Teufel liegt er auf der Couch und nicht in einem Bett?"
Beschwichtigend hob Chanyeol seine Arme. „Ich hatte ihn ja ins Bett gebracht. Aber er hat sich ja dazu entschieden, durch die Wohnung zu spazieren und mir in die Arme zu fallen."
Kyungsoo verdrehte nur die Augen und schob sich an Chanyeol vorbei ins Wohnzimmer. Sein genervter Gesichtsausdruck machte einem sanftem Ausdruck Platz und mit unglaublicher Vorsicht trat er an den Kranken heran.
„Hey Baek", sprach er leise aus und rüttelte vorsichtig an seiner Schulter. Ein Wimmern ertönte und es zerbrach Chanyeol das Herz, zugleich er den Anblick der beiden jungen Männer herzerwärmend fand. Er musste sich eingestehen, er hätte es nicht übers Herz bringen können, Baekhyun aus dem Schlaf zu reißen und er war unglaublich dankbar, dass Kyungsoo gekommen ist.
„Chanyeol, hast du Tee oder sowas da? Baekhyun braucht viel Flüssigkeit, damit er nicht dehydriert."

Chanyeol nickte und brachte Kyungsoo die Thermoskanne, in der sich der zuvor gekochte Tee befand. Anschließend beobachtete er mit etwas Abstand, wie Kyungsoo sich um seinen Freund kümmerte. Leise sprach Kyungsoo mit ihm, zwang ihn (liebevoll) zum Trinken und dazu irgendwelche Medikamente zu sich zu nehmen. Chanyeol erkannte auch bei Kyungsoo die Sorge um Baekhyun, doch im Gegensatz zu Jongdae und ihm selbst, schaffte der kleinere es, seine Ruhe vollkommen zu wahren. Letztlich war Baekhyun wieder eingeschlafen und Kyungsoo deutete Chanyeol mit einem Kopfnicken an, sich in die Küche zu setzen, sodass Baekhyun möglichst viel Ruhe bekam, um sich auszukurieren.

„Ich weiß nicht, ob die Medikamente irgendwas bringen. Aber das war das einzige, dass ich auf die Schnelle bekommen konnte, ohne dass ich dafür ein Rezept von einem Arzt brauchte."
„Sollte nicht doch lieber auch ein Arzt nach ihm sehen? Mir gefällt sein Zustand ganz und gar nicht."
Kyungsoo seufzte. „Natürlich. Wenn es nach mir ginge, wäre er schon längst bei einem Arzt. Aber es geht hier um Baekhyun und das bedeutet leider auch, dass es nicht so einfach sein wird."
„Ich verstehe das nicht."
„Baekhyun hat eine unglaubliche Angst vor Ärzten und das wird nur noch mal mehr von Krankenhäusern gesteigert. Ich weiß auch nicht, woran das liegt. Er hat nie mit mir darüber gesprochen."
„Das habe ich hautnah erleben dürfen. Er hat mich förmlich angefleht, ihn nicht in ein Krankenhaus zu bringen, nachdem er scheinbar unser Gespräch mitgehört hat."
„Das haben wir alle schon einmal erlebt. Aber keine Sorge, ich habe Junmyeon schon Bescheid gegeben. Er wird nach der Arbeit direkt vorbeikommen und nach Baekhyun sehen und dann wird Baekhyun auch die Medikamente erhalten, die er benötigt."
„Oh! Wie konnte ich das vergessen?"
Kyungsoo lachte auf. „Das Junmyeon Kinderarzt in einem Krankenhaus ist? Keine Sorge, es war schon richtig, dass du mich angerufen hast und nicht ihn. Junmyeon hätte dir in diesem Moment nicht wirklich helfen können, ich schon. Aber ansonsten wäre es vielleicht noch interessant für dich zu wissen, dass du im allerschlimmsten Notfall auch immer Sehun anrufen kannst. Frag mich nicht warum, aber aus einem nicht ersichtlichen Grund ist Sehun der Einzige, der es bisher des Öfteren geschafft hat, Baekhyun ins Krankenhaus zu bekommen. Wenn auch nur mit dem Wissen, dass er dann von Junmyeon behandelt wird – trotz, dass er eigentlich Kinderarzt ist. Aber das ist mehr, als wir alle anderen sonst geschafft haben."

Chanyeol verzog das Gesicht. Irgendwie fühlte er sich nutzlos und er war auch ein wenig verletzt über die Tatsache, dass die anderen mehr für Baekhyun da sein konnten als er selbst. Immerhin war er doch Baekhyuns Freund. Es sollten seine Aufgaben sein!
Es war nicht so, dass er eifersüchtig war oder dass er enttäuscht von Baekhyun wäre. Mehr war er sauer auf sich selbst, dass er nicht dazu in der Lage war, zu wissen, was das Richtige war und dementsprechend auch so zu handeln.
„Hey, mach dir keinen Kopf, okay? Es liegt nicht an dir und es hat auch nichts damit zu tun, dass er dir nicht vertraut oder irgendwas in diese Richtung. Wenn es um Vertrauen oder sowas gehen würde, dann wäre ich es sonst immer gewesen, der Baekhyun ins Krankenhaus bekommt und nicht Sehun."
Verstehend nickte Chanyeol, auch wenn das nicht ganz dem entsprach, worüber er sich den Kopf zerbrochen hatte. Dennoch hatte Kyungsoo Recht, was nicht bedeutete, dass er dadurch besser wusste, wie er mit seinen Gefühlen in jenem Moment umgehen sollte. Letztlich war es die Gesamtsituation zu verschulden und dem Wissen, dass er Baekhyun das Leid nicht nehmen konnte.

Kyungsoo blieb noch eine Weile bei ihnen und unterhielt sich mit Chanyeol über belanglose Themen, bis er sich irgendwann dazu entschied, erneut nach Baekhyun zu sehen und folgend darauf direkt bei ihm sitzen blieb. Mit flüsternder Stimme sprach er zu dem Kranken, der ihn mit halb geöffneten Augen beobachtete und offensichtlich zufrieden den Worten lauschte. Irgendwann griff er nach der Hand von Kyungsoo, während seine Augen Chanyeol suchten, der im Türrahmen stehen geblieben war, um die zwei zu beobachten. Mit einem Lächeln, welches von Baekhyun erwidert wurde, wand er sich von ihnen ab, mit dem Wissen, dass Kyungsoo für Baekhyun da war.

Chanyeol mochte die Beziehung zwischen Baekhyun und Kyungsoo. Sie war gefüllt von aufrichtiger Liebe und Fürsorge. Es war eine harmonische und eindrucksvolle Freundschaft, die so tief ging, dass sie selbst das Herz von Chanyeol zum Schmelzen brachte.






18. Dezember 2020 - Freitag

Mit Erleichterung verfolgte Baekhyun die abschließenden Worte von Chanyeol, die mit einer überschwänglichen Danksagung an das Team und guten Wünschen für Weihnachten und das neue Jahr endeten. Baekhyun beobachtete, wie sie allesamt, deutlich erfreut darüber ein paar Tage frei zu haben, den Raum verließen, bis letztlich nur noch Jongdae, Chanyeol und er selbst zurückblieben. Es war das erste Mal, dass er an einer Konferenz als Dolmetscher teilgenommen hatte und es war eindeutig schwieriger, sofort und dazu noch verbal zu übersetzen. In den letzten Wochen hatte er fast ausschließlich nur Übersetzungen in schriftlicher Form ablegen müssen, für welche er auch deutlich mehr Zeit zum Überlegen hatte. Ausgenommen davon waren nur einige Hilfestellungen, die Baekhyun seinen Mitarbeitern gegeben hatte.

„Hey Baek."
Jongdae trat mit einem breiten Lächeln auf seinen Lippen an seine Seite. Chanyeol warf ihnen einen kurzen Blick zu, bevor er anfing seine Unterlagen zusammenzusuchen.
„Gute Arbeit heute", bemerkte Jongdae und klopfte Baekhyun dabei kurz auf die Schulter. Baekhyun selbst kommentierte diese Geste nur mit einem kritischen, jedoch belustigten Blick. „Danke", sagte er dann mit einem erleichterten Lächeln. Zugegeben, er empfand seine heutige Arbeit alles andere als gut und ärgerte sich viel mehr über all die Fehler, die ihm noch unterlaufen waren. Neben einigen Worten, bei denen er noch hängengeblieben war und nicht sofort die richtige Übersetzung gefunden hatte, war es ihm tatsächlich zwei Mal passiert, dass er etwas falsch übersetzt hatte, was in beiden Fällen zu großen Missverständnissen geführt hatte, ehe Baekhyun sich seinen Fehler bewusstwurde und ihn korrigierte.

Jongdae verzog das Gesicht und beäugte Baekhyun genauer. „Seit wann noch mal bist du fertig ausgelernt?"
„Seit Juni?" Die Frage verwirrte Baekhyun und er war sich nicht sicher, wieso Jongdae eben genau diese stellte. Seine Antwort war dementsprechend eher unsicher und klang wenig überzeugend.
„Siehst du? Also hör auf dir Gedanken zu machen?"
„Was"?"
„Dein Blick hat dich verraten." Jongdae lachte, während auch Chanyeol im Hintergrund leise auflachte. „Du bist gerade Mal ein halbes Jahr fertig mit deiner Ausbildung, die dazu auch noch, wenn ich mich recht erinnere, in verkürzter Zeit von dir absolviert wurde. Das ist bewundernswert, ja, aber es ist kein Wunder, wenn es nach einem halben Jahr dann noch nicht perfekt läuft. Dennoch war deine Arbeit deswegen nicht schlecht. Die Arbeit hast du sehr gut gemacht und mit den Fehlern, die passiert sind, bist du sehr gut und professionell umgegangen. Ich wäre vermutlich in Panik geraten, wenn ich an deiner Stelle gewesen wäre."

Diesmal fing Chanyeol lauthals an zu lachen, wofür er sich einen bösen Blick von Jongdae einfing. Baekhyun hingegen wusste nicht genau, was sein Freund derart zum Lachen brachte und rechnete bereits damit, dass ihm der entsprechende Kontext offensichtlich dafür fehlte.
„Jaja, mach du dich ruhig über mich lustig, während ich versuche deinen Freund zu beruhigen und ihm gut zuzureden."
Beschwichtigend hob Chanyeol die Arme und kam nun ebenfalls zu ihnen. „Tschuldige", brachte Chanyeol neben einem Lachen heraus. „Aber Baekie, er hat Recht. Ich fand deine Arbeit heute auch sehr gut und das sage ich dir als dein Vorgesetzter und nicht als dein Freund. Uns sind früher weitaus größere Fehler passiert und wir können wirklich froh sein, dass wir dich jetzt bei uns im Team haben."
„Oh ja, danke dir. Wirklich! Erst lachst du mich aus und dann trittst du auch noch nach mir."
Jongdae verdrehte die Augen, was Chanyeol nur erneut zum Lachen brachte. Baekhyun fehlte eindeutig der Kontext für diese Unterhaltung.
„Du hast angeboten, dass du Leistungen auch mit Sex bezahlen würdest. Ich weiß immer noch nicht, wie du das geschafft hast."
„Ach fick dich doch, Park!" Jongdae verzog deutlich wütend das Gesicht. „Ich hoffe, dass du beim Rutsch ins neue Jahr auf die Schnauze fällst. Und bis dahin will ich dich auch nicht mehr sehen oder hören."

Etwas schockiert von der Situation, vielleicht auch durch die Information, die er soeben erhalten hatte und erheblich perplex von der Reaktion seines Arbeitskollegen, beobachtete Baekhyun, wie Jongdae Chanyeol einen letzten wütenden Blick zuwarf und letztlich den Meetingraum verließ. Chanyeol grinste nur, während er ebenfalls dem Mann beim Verlassen des Raumes zusah. Verwundert bedachte Baekhyun seinen Freund mit einem entsetzten Ausdruck auf dem Gesicht und zeigte in die Richtung, in der Jongdae verschwunden war.

„Keine Sorge", lachte Chanyeol mit einer verwerfenden Handbewegung. „Er ist nicht wirklich sauer auf mich. Ich wette, dass er jetzt an seinem Schreibtisch steht und ebenfalls anfangen musste zu lachen."

Immer noch schockiert und auch etwas kritisch, weil er Chanyeol nicht ganz Glauben schenken konnte, trat Baekhyun ein paar Schritte auf die Tür zu und blickte sich um, bis er die Bucht fand, in der sich Jongdaes Schreibtisch befand. Erstaunt musste er feststellen, dass Chanyeol Recht mit seinen Worten behielt. Jongdae erblickte ihn ebenfalls und zwinkerte ihm mit einem Grinsen zu.
„Sollte ich fragen, was das eben war?"
„Ich erzähl es dir im Auto. Wir sollten aber langsam los, wenn wir nicht zu spät ankommen wollen. Die Autobahnen werden sicherlich voll sein."




„Willst du darüber reden?"
„Worüber?" Verwundert blickte Baekhyun zu Chanyeol. In der letzten Stunde hatten sie kein Wort gewechselt und nur still der Musik gelauscht, die Baekhyun angeschaltet hatte. Sein Blick hatte sich nach einiger Zeit in der Natur verloren, die sich immer mehr vor und neben ihnen erschreckte.
„Was dir durch den Kopf geht. Du wirkst sehr abwesend und meistens machst du dir dann über irgendwas Gedanken. Außerdem haben wir über diesen Ausflug kaum miteinander gesprochen."

Baekhyun schüttelte mit dem Kopf. Er hatte sich über nichts Gedanken gemacht. Zumindest über nichts bestimmtes, was Sorgen bereiten könnte. Er hatte den Ausblick, die Ruhe und die angenehme Atmosphäre, die immer zwischen ihnen auftauchte, wenn sie allein waren, genossen. Zwischenzeitlich hatte er über seine Arbeit nachgedacht, über die Fehler, die er gemacht hatte und die aufmunternden Worte von Jongdae. Auch hatte er an Kyungsoo gedacht und die Hochzeit, die in kaum zwei Monaten stattfand. Seine wichtigste Aufgabe als Trauzeuge von Kyungsoo war es immer wieder gewesen, Kyungsoo davon abzuhalten die Hochzeit wieder abzusagen oder gar vollkommen abzutauchen. Aber das war nun einmal sein bester Freund, der sich ungern mit seinen eigenen Gefühlen auseinandersetze und die in jenem Moment durch den Gedanken an seine eigene Hochzeit intensiviert wurden. Und je mehr sie sich aufstauten, umso mehr verwickelten sie sich in eine Art von Panik. Zusätzlich war es typisch für Kyungsoo, dass er die Dinge in seinem Leben eben mit Panik betrachtete, wenn sie sich nicht verdrängen ließen. Baekhyun war nur dankbar dafür, dass Junmyeon inzwischen Bescheid wusste und somit mit relativer Ruhe reagieren konnte, wenn er einen solcher Panikanfall von Kyungsoo miterlebte. Es war alles andere als witzig gewesen, als Junmyeon zum ersten Mal Kyungsoo in einer solchen Situation erlebte, wie er vor Junmyeon flüchten wollte.

„Baek?"
„Hm?" Oh! Hatte er sich erneut in seinen Gedanken verloren? Vielleicht sollte er sich doch noch mal mit seinem besten Freund unterhalten.

„Ah! Nein, entschuldige. Es ist nichts wirklich. Hab nur an Kyungsoo und die Hochzeit denken müssen."
„Machst du dir Gedanken deswegen?"
„Eigentlich nicht wirklich. Ich würde Kyungsoo nur gerne irgendwie helfen, dass besser durchzustehen. Aber dafür müsste ich vermutlich Kyungsoo verändern und das ist wohl nicht der Zweck dieser Hochzeit."
„Verständlich." Chanyeol lächelte liebevolle und mit einem kurzen Blick sah er zu Baekhyun herüber. „Und was ist mit dem hier? Willst du darüber reden?"
Baekhyun lachte leicht. „Das wir zu meiner Oma fahren? Was sollte es da zu reden geben? Du hast mir deine Eltern vorgestellt und jetzt stelle ich dir meine Oma vor. Sie weiß von dir und freut sich schon sehr darauf, dich endlich kennenzulernen."
„Es... Es macht mich nur etwas nervös."
„Also möchtest du darüber reden? Mich hat es auch nervös gemacht, als ich deine Eltern kennengelernt haben."
„Aber das waren ja auch meine Eltern. Ich lerne deine Großmutter kennen."
„Und glaub mir, gerade deswegen musst du dir noch weniger Sorgen machen. Wenn ich dir meine Eltern vorstellen würde, dann solltest du anfangen dir Gedanken und ernsthafte Sorgen zu machen."




Mit einem unguten Gefühl im Bauch blickte Baekhyun zu dem Auto, neben welchem Chanyeol geparkt hatte. Er wusste, dass es nicht das Auto seiner Oma sein konnte, was schon allein daran zu erkennen war, dass dieses in der Garage stand, welche in diesem Augenblick geöffnet war. Zudem hatte seine Oma sich in den letzten Jahren immer mehr dazu entschlossen, auf ihr Auto zu verzichten, weshalb es keinen Grund gäbe, dass sie sich ein neues hätte kaufen sollen. Ein zweites noch dazu war alles andere als wahrscheinlich.
Es war nicht das Auto seiner Oma. Doch wessen Auto war es dann? Baekhyun konnte sich nicht daran erinnern, dass seine Großmutter davon gesprochen hatte, dass sie noch jemand besuchen kommen wollte. Baekhyun hatte geglaubt allein mit Chanyeol da zu sein.

Das ungute Gefühl ließ nicht nach und er zögerte. Baekhyun zögerte nicht nur einen Augenblick – nein – er hatte vollkommen in seiner Bewegung innegehalten, blickte zu dem fremden Fahrzeug und machte mit all seiner Körpersprache deutlich, dass er nicht vorhatte, aus dem Auto zu steigen. Er zögerte nicht. Er verweigerte.
Er hatte ein ungutes Gefühl. Es sehr ungutes Gefühl.

„Baek?"
Das konnte nicht sein, oder? Es konnte einfach nicht sein... Es durfte nicht der Fall sein. Es durfte einfach nicht! Sein Gefühl musste ihn täuschen. In der letzten Zeit wurde ihm doch bereits bewiesen, dass sein Gefühl nicht immer Recht behielt. Es hatte sich getäuscht, als er in seine neue Wohnung gezogen war und Chanyeol sich so merkwürdig verhalten hatte. Baekhyun hatte auch an jenem Tag dieses befremdliche, unwohle Gefühl in sich getragen, wenn auch nicht so intensiv und dennoch war es nicht von Bedeutung gewesen. Er hatte sich geirrt. Wieso sollte es jetzt von Bedeutung sein? Wieso sollte es jetzt richtig liegen? Es hatte ihm doch gezeigt, dass auf ihn nicht immer verlass war. Und doch, bei Kyungsoo hatte es in der letzten Zeit immer wieder richtig gelegen.

Baekhyun musste sich in seinem Sitz zurücklehnen und tief durchatmen, als er merkte, wie sich in seinem Inneren der Horror ausbreitete. Verbittert lachte er auf, unwissend, wie er mit seinen Gefühlen umgehen sollte, die sich immer mehr in seinem Körper bemerkbar machten. Gefühle, die er nicht mal wirklich in Worte fassen konnte, wenn er es gemusst hätte. Eine Art von Wut und Frust, von Unglauben und noch mehr Wut, wenn nicht sogar vielleicht ein kleinwenig in der Art von Angst und Verzweiflung.

„Baekie?"

„Nein!" Baekhyun sprach zu harsch, während er den Finger hob und sein ganzer Körper deutlich unter Spannung stand. „Nicht jetzt", fügte er ruhiger, aber dennoch bestimmt hinterher und verdeutliche seinem Freund so, dass er in diesem Moment nicht sprechen wollte. Oder angesprochen werden wollte. Gar nichts wollte er. Baekhyun wollte in diesem Augenblick einfach nur seine Ruhe und die Zeit haben, sich wieder zu beruhigen. Sein ganzer Körper wurde schon von einem Zittern eingenommen. Er wusste, was es mit diesem Auto auf sich hatte und es war alles andere, als das was er erwartet hatte oder auf das er vorbereitet war. Er hatte nicht im Geringsten die Lust oder die Kraft für diese Situation, die auf ihn zukommen würde. Es war immer noch eine Vermutung, doch er war sich dieser zu sicher.

Natürlich hatte er die Unsicherheit in der Stimme von Chanyeol wahrgenommen, doch er konnte da gerade keine Rücksicht drauf nehmen. Nicht unter diesen Umständen, so leid es ihm auch tat. In ihm herrschte ein solches Chaos, dass sein Kopf es nicht schaffte. Nur ein paar Sekunden, wenige Minuten höchstens, würde er brauchen, in vollkommener Ruhe und in denen er sich nur auf sich und die Gefühle in sich konzentrieren konnte, ehe er sich seinem Freund zuwenden würde, um ihn das zu geben, was dieser in jenem Moment brauchte. Chanyeol musste nur kurz warten. Kurz warten und Baekhyun würde ihm beistehen, so wie er hoffte, dass Chanyeol ihm beistehen würde. Ihn auffangen würde.

Überfordert von dieser Situation und mit aufsteigender Wut, ballte er seine Hände zu Fäusten und schlug auf sein Bein ein. Erst Chanyeols Griff um seine Handgelenke konnten ihn wieder davon abhalten. „Was ist denn los?"
Baekhyun schüttelte nur mit dem Kopf und versuchte sich abermals zu beruhigen. Er konnte es wirklich nicht fassen. In den letzten Jahren hatte er immer wieder gehofft, niemals in diese Lage zu geraten.

Mit einem letzten tiefen Atemzug beruhigte er sich schließlich so weit, dass er seinen Blick auf Chanyeol richten konnte. Die Wut und all die ganzen anderen Gefühle verschwanden nicht, doch er schaffte es zumindest, sie ein Stück weit zu verdrängen. Chanyeol zuliebe.
Erneut musste er verbittert auflachen, als er dem Blick seines Freundes begegnete und er konnte die Ironie spüren.
„Entschuldige. Ich wollte dir echt keine Angst machen, oder dich auch nur verunsichern. Aber glaub mir, jetzt darfst du anfangen, dir Gedanken um dieses Treffen zu machen."
Baekhyun lachte erneut und schien zu resignieren. „Herzlichen Glückwunsch", sprach Baekhyun die Worte mit deutlichem Spott aus. „Ich stelle dir meine Eltern vor."

Und eben jener Moment war es, in welchem Baekhyuns Lächeln, selbst wenn es nur der Verhöhnung galt, in sich zusammenbrach.



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#Update: 21. Januar 2023

Mr. Park~Where stories live. Discover now