Kapitel 3

990 123 2
                                    

R a v e n

»Verliert Matthew?«, höre ich Lenox zu seinem Bruder flüstern. »Sieht ganz so aus«, antwortet ihm Eden erstaunt und ich grinse breit vor mich hin. »Raven macht Matthew bei Monopoly fertig!«, stößt er ungläubig aus.

Matthew verzieht keine Miene. Ein gutes Pokerface hat er allemal, doch was er nicht weiß, ist, dass ich - seit er nicht mehr hier wohnt - jeden Freitag geübt habe, um endlich einmal die Möglichkeit zu bekommen, Matthew, der bisher unbesiegt war, zu besiegen. Und wie es aussieht, hat es sich gelohnt.

»Bist wohl etwas aus der Übung, was, Bruder?«, grinst Eden und klopft ihm versöhnlich auf die Schulter. Überlegend streicht sich Matthew durch seinen Bart, doch er muss einsehen, dass ich einfach mein Geld besser investiert habe als er und nun die Reichere bin.

Es kostet mich wirklich alles, nicht aufzuspringen und wie ein kleines Kind durch das Wohnzimmer zu hüpfen und zu schreien: ›Ich habe gewonnen! Ich habe gegen Matthew gewonnen!‹

Zögerlich sieht er zu mir auf und nickt, schwach, doch es ist da. Ich habe tatsächlich gewonnen. Breit grinsend verschränke ich meine Arme und lasse mich nach hinten in den Sessel fallen.

»Tja, wer kann, der kann«, meine ich achselzuckend und Gott, das konnte ich mir echt nicht verkneifen. Wenigstens versuche ich, ihn nicht allzu selbstgefällig anzusehen. Doch es hat mich immer tierisch genervt, dass er immer und in verdammt noch mal allem besser ist als ich.

»Hast du sie gewinnen lassen?«, fragt ihn Lenox skeptisch und sieht zu seinem großen Bruder. Matthew schweigt.

Nein.

»Hast du nicht!«, sofort springe ich auf und sehe zu ihm. Er sieht mich an, als könnte er es nicht verneinen, jedoch auch nicht bestätigen. »Das kann doch nicht wahr sein!« Wut ballt sich in meinem Bauch. »Ich hab dich nicht drum gebeten, mich gewinnen zu lassen!« Meine Stimme überschlägt sich beinahe, denn einerseits bin ich wütend, andererseits ist es auch erniedrigend. Selbst wenn ich doch ehrlich gewonnen habe, kann ich mir jetzt nicht mehr zu hundert Prozent sicher sein.

»Du hast gewonnen, ich habe ehrlich gespielt«, sagt er ruhig und verdammt, seine ruhige Stimme treibt mich in den Wahnsinn. Wie kann er nur immer so gelassen bleiben und nie wirklich aus der Haut fahren? Selbst wenn er wütend ist, starrt er einen nur an und das kann er echt gut. Also ehrlich, kann er denn nicht wie andere Menschen laut werden, oder so? Damit käme ich wenigstens klar. Wieso denke ich jetzt überhaupt darüber nach?

»Aber hast du auch alles gegeben? Hast du überhaupt versucht, gegen mich zu gewinnen?« Er legt den Kopf schräg. »Du hast gut gespielt, Raven.« Ein Schauer durchfährt mich. Ich kann an meinen Händen abzählen, wie oft er mich in all den Jahren bei meinem Namen genannt hat und meistens waren das keine sonderlich netten Momente.

Ergebend seufze ich, denn jetzt ist all meine Siegesfreude verschwunden und zurück bleibt nur Enttäuschung. »Mann, kannst du nicht einmal die Klappe halten?«, zischt Eden zu Lenox. »Hey, was ist jetzt dein Problem? Ich hab ihn doch nur gefragt.« »Weißt du, manche Dinge muss man einfach nicht hinterfragen«, brummt er seinen Bruder an.

Matthews Augen verfolgen mich und ich will jetzt einfach nur noch in mein Zimmer. »Ach was soll's«, grummle ich und gehe aus dem Wohnzimmer. »Prinzessin, warte!«

In meinem Zimmer holt mich Eden ein und schmeißt sich auf mein Bett. »Ich will jetzt alleine sein, Eden«, murmle ich und lasse mich mit dem Gesicht voran in die Kissen fallen. »Nein, heute ist dein letzter Tag hier, es wird jetzt ganz sicher kein Trübsal geblasen!« Er zieht an meinem Arm und ich versuche, mich murrend von ihm zu lösen.

Hateful kisses.Where stories live. Discover now