Kapitel 6

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R a v e n

Das Schweigen zwischen uns wird langsam unangenehm, weshalb ich mein Handy rausziehe und einige Nachrichten von Live und eine von Eden sehe.

Ich öffne erst die von Live, die mir erzählt, was für ein schrecklichen Kater sie habe, und dass sie niemals wieder Alkohol trinken werde. Ihre Nachrichten sind erst ein paar Minuten alt, also muss sie eben erst wach geworden sein. Ich schreibe ihr, dass ich jetzt mit Matthew im Auto sitze.

Als Nächstes öffne ich Edens und meinen Chat, der voll von Memes ist, die entweder er oder ich als Nachricht gesendet hat. Er hat mir einen Frosch geschickt, der weint und mit gebrochenem Herzen auf dem Boden liegt. Ich schicke ihm eine Ente, die traurig guckt.

Die nächsten Minuten schreibe ich mit meinen Freunden und vertreibe mir damit meine Zeit, bis Matthew angerufen wird.

Der Name ›Nathan‹ erscheint auf dem Display. Das ist Matthews bester Freund. Er nimmt über die Freisprechanlage an.

»Hey Mann, was geht?«

Ich habe die Stimme von Nathan schon ewig nicht mehr gehört. Er und Matthew sind schon, seit ich ihn kenne, beste Freunde. Sie sind zusammen auf dasselbe College gegangen, nur wenn ich mich recht entsinne, studiert Nathan Architektur.

Er steht, was das Aussehen der beiden angeht, im völligen Kontrast zu Matthew. Während Matthew seine südländischen Wurzeln hat, ist Nathan der blasseste Kerl, den ich kenne. Zudem ist er ziemlich dünn und früher war er immer größer als Matthew, ob das aber immer noch der Fall ist, bin ich mir gar nicht mehr so sicher.

»Ich sitze mit Raven im Auto. Ich hatte dir doch gesagt, dass ich heute wieder zurückfahre.« Er hat meinen Namen zweimal innerhalb von vierundzwanzig Stunden gesagt. Eine Premiere.

»Oh fuck, war das dieses Wochenende, wo sie bei dir einzieht? Shit Alter-«
»Du bist auf Lautsprecher, Nate.«

Oh na super, er hat sich wohl bei seinem Freund im vollsten Maße darüber ausgelassen, wie schrecklich es sei, dass ich bei ihm einziehe.

Fantastisch.

»Oh...«, kurz herrscht Stille auf der anderen Seite. »Hey Raven, alles klar bei dir?« Angesprochen zu werden, war wohl das letzte, womit ich gerechnet habe, weshalb ich auch überrascht auf den Bildschirm blicke. »Hey Nathan, ähm... ja alles gut soweit.«

Ich kann mich vielleicht an zwei Male erinnern, in denen wir miteinander geredet haben und jedes Mal hat uns Matthew unterbrochen. Als würde ich irgendwie seinen besten Freund nur mit meiner Anwesenheit verseuchen.

»Cool«, er räuspert sich. »Kommt ihr beide heute auf die Party?« »Ganz sicher nicht«, brummt Matthew und seine Hände verkrampfen sich um das Lenkrad. »Ich muss noch arbeiten«, erklärt sich Matthew und fragt mich nicht einmal, ob ich vielleicht Lust hätte.

›Hey Raven, hättest du Bock, auf eine wildfremde Party zu gehen, wo du nur einen Typen kennst, den du schon seit Jahren nicht mehr gesehen hast?‹ ›Ja gerne, Matthew, danke, dass du fragst!‹

Innerlich schüttle ich den Kopf. Gut hätte ich nicht, aber es wäre höflich gewesen, oder nicht? »Sienna ist aber heute Abend da und ich sag's dir, Alter, die ist heiß auf dich und wenn du nur einmal-«

»Lass es endlich gut sein«, unterbricht Matthew ihn rigoros. Sienna? Seine Freundin? Ich habe ihn noch nie diesen Namen erwähnen gehört und wenn Matthew seinem Vater von einer Freundin erzählt hätte, hätte es meine Mutter keine Stunde später mir erzählt. Sie kann solche Dinge wirklich nur sehr schwer für sich behalten und Bob und sie erzählen sich wirklich alles.

Hateful kisses.Where stories live. Discover now