Kapitel 7

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R a v e n

Laut seufze ich gequält auf und lege mich quer auf die sonnengelbe Couch von Live.

»Es ist nur ein halbes Jahr, Raven«, meint Live aus der Küche. Ich sehe zu ihr, wie sie in ihrer knallpinken Schürze in der Küche steht und ihren Cupcaketeig anrührt.

Ich würde ihr ja helfen, aber als ich ihr das letzte Mal helfen wollte, habe ich AUS VERSEHEN den Zucker mit Salz vertauscht. Also wirklich, das passiert jedem mal. Jedenfalls meinte sie dann, dass ich schlechtes Karma für ihre Küche sei, und wurde strikt aus ihr verbannt.

»Ich wette mit dir, wenn das halbe Jahr rum ist, dass sich meine Eltern dann irgendwas anderes einfallen lassen. Mit der Begründung, dass es finanziell viel praktischer wäre und es gut wäre, wenn ich weiterhin jemanden hätte, der auf mich aufpassen würde, bla bla bla...«

»Aber ich hätte doch auf dich aufgepasst, wenn wir zusammen gewohnt hätten«, erwidert Live mit verwirrtem Gesichtsausdruck und hält mit dem Rühren inne.

»Ein verantwortungsbewussten Erwachsenen«, mit meinen Fingern mache ich symbolische Gänsefüßchen, „das bezieht uns beide nicht mit ein." Live scheint zu überlegen, zuckt dann mit den Schultern und dreht sich um.

»Vielleicht haben sie ja gar nicht so unrecht. Aber am Finanziellen wird es doch nicht liegen? Gibt dir dein Dad nicht irgendwie Geld?«, fragt sie mich und füllt den Teig in die silberne Formschale.

Unangenehm schüttle ich mich. Trotz des Umstands, dass ich meinen leiblichen Vater nie wieder gesehen oder auch nur gesprochen habe, bezahlt er jeden Monat meinen Unterhalt und das auch nicht gerade wenig. Vielleicht ist es sein schlechtes Gewissen oder einfach sein Stolz, wer weiß.

Jedenfalls kann ich mir dadurch mein Leben unabhängig von meiner Mom finanzieren. Hätte ich das Geld nicht, müsste ich mir einen Job suchen und ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob das reichen würde.

Leider hat sich an der finanziellen Situation meiner Mutter nie wirklich etwas geändert und Almosen hatte sie noch nie gerne angenommen. Sie bezahlt weiterhin Miete an Bob, weil sie eine stolze Frau ist und sich nie nachsagen lassen will, sie würde auf irgendjemandes Tasche liegen.

Doch mittlerweile hat es Bob ganz gut raus, wie er meine Mutter auch mal dazu bringt, einige Sachen anzunehmen.

Vielleicht ist sie diesbezüglich auch so eingestellt, weil früher einige behauptet hatten, dass sie mit meinem Vater nur wegen des Geldes zusammen war. Im Gegensatz zu meiner Mutter hat er nämlich sehr gut verdient.

»Ich weiß, dein Dad ist ein heikles Thema, aber es müsste doch reichen, um dir eine eigene Wohnung zu leisten oder dir mit mir eine größere zu teilen?«

Erneut seufze ich laut auf, drehe mich auf meinen Bauch und drücke mein Gesicht in den gelben Stoff. Wütend schreie ich kurz meinen Frust heraus, der nur dumpf an mein Ohr dringt.

Manchmal wünschte ich, ich wäre nicht auf das Geld angewiesen und könnte es einfach ablehnen, doch meine Mutter meinte, es sei das Mindeste, das er tun könne und ich verdiene es es anzunehmen.

Vielleicht hat sie recht. Wahrscheinlich sogar, doch irgendwas daran bereitet mir monatlich, wenn ich auf den Kontoauszug sehe, Unbehagen. Die einzige verbliebene Brücke zu meinem Vater ist Geld. Etwas an diesem Gedanken stört mich zutiefst.

»Möchtest du einen Cupcake probieren? Die ersten sind fertig.« Motivation durchströmt meinen Körper. Ruckartig stehe ich auf und gehe auf meine beste Freundin zu.

»Hier, vielleicht siehst du dann nicht mehr aus wie ein sterbendes Eichhörnchen.« Stirnrunzelnd nehme ich den babyblauen Cupcake an. »Wie zum Teufel sieht ein sterbendes Eichhörnchen aus?« »Sehr tragisch«, murmelt sie und ihr Blick schweift kurzzeitig in die Ferne.

Hateful kisses.Where stories live. Discover now