1

1.4K 113 2
                                    



Gemma hielt still, als die Dienerinnen ihr die vielen Lagen des Hochzeitskleides, von seidigweich und dünn, bis hin zu einer richtig schweren goldbestickten Robe, anzogen und ihr auch noch das lange Haar auskämmten, wie auch vorne halb zu einer mit Juwelen geschmückten Zopfkrone einflochten, die quer über den Scheitel verlief.
Der Rest ihres langen dicken Haars blieb heute wohl offen und fiel ihr lose über den Rücken hinab.
Unten lockte es sich sogar auch noch sehr hübsch, meinten die Dienerinnen bewundernd und ließen sich dann einige Zeit lang über die nun offensichtliche Schönheit der jungen Herrin aus.

Geschenkt, dachte Gemma aber lediglich uninteressiert und blickte nur wieder zu ihrem Vergitterten Fenster hinüber.
In den letzten drei Tagen hatte Ursa nichts unversucht gelassen, um ihren Willen bezüglich dieser Verbindung und ihrer Pläne zu brechen.
Angefangen mit Sinnesverwirrenden Giften, Jeden Tag mehrere Peitschenhiebe, jeden Tag, stundenlang stillstehen auf der Stelle und Bäder mit eiskaltem Wasser, da sie um Gnade betteln und Gehorsamkeit geloben sollte - was sie aber nicht tat...
Dann wurde sie an Armen und Beinen festgebunden und von Kopf bis Fuß mit sehr harten, wenn auch porösen Steinen abgeschrubbt, um nun eine makellose Haut vorzuweisen, wie es wohl derzeit guter Ton und Sitte bei den jungen Frauen war.
Zudem hatte Ursa ihr am Morgen noch von einem unbekannten alten Magier eine Schmerzkette mit Widerhaken in das Fleisch ihres rechten Oberschenkels einsetzen lassen.
Jeder Schritt schmerzte bereits.
Doch wenn sie später bei der Verbindungsfeier Ursas Befehlen widersprechen und sich äußern würde, musste sie gleich darauf grauenvoll leiden.
- Und trotzdem.
Sie würde es tun. Selbst wenn dieser alte, hässliche Magier sie damit umbrächte, selbst wenn er ihr das Bein auf diese Weise sogar abschneiden würde.
- Es war ihr gleich.
Alles war besser als nichts mehr zu tun und nur noch tumb und still zu gehorchen.

Gemma sprach inzwischen nicht mehr mit ihrer Mutter, noch mit den Dienern oder den Wächtern.
Gestern hatten sich Leute natürlich direkt vor ihrem Fenster gestritten, was aus Ihnen allen werden würde, wenn die junge Herrin stur bleiben und keinen Erben für das hohe Haus of Jayy hervorbringen wollte. Sie hatten gejammert und lamentiert, dass ihre Leben dann vorbei sein würden...

Alles nur Fassade.
Alles nur ein geistig krankes Spiel.
Sie hat es schließlich schon oft so gesehen und gehört. Diener die gegangen waren, weil Ursa ihnen den Lohn vorenthielt und weitere, die dafür kamen, aus dem selben Grund, von anderen Herren.
Die Dienerschaft würde sich einfach ein neues zu Hause und eine neue Bleibe, ja neue Dienstherren suchen, wenn Ursa später alles verlor. Und genau darauf konzentrierte sich Gemma gerade am meisten.
„Ich mache euch Ehre, Schwestern", flüsterte sie hauchleise vor sich hin und doch war es ein machtvoll gemeinter Schwur.

„Was sagtet ihr gerade, Junge Herrin?", fragte die Magd Hava sie sofort aufmerkend.
Gemma erwiderte nichts darauf, denn das hier war schließlich Ursas persönliche Dienstmagd, und damit ein Spion, die gerade sicherlich ihre heutigen Absichten ergründen sollte. Aber darauf konnte sie lange warten.
„Der hohe Magier ist eingetroffen und so viel stattlicher und jünger anzusehen, als man denken sollte, Herrin. Ihr werdet gewiss mit der Wahl eurer geehrten Mutter zufrieden sein.
Habt ihr noch Fragen zum körperlichen Vollzug?
Der hohe Magier hat gemeint, ihr könntet schon heute empfangen, wenn er einen Zauber über euch wirkt. Und das wird dann nahezu sicher einen starken Erben ergeben.
Also freut euch nun.
Ihr erhaltet heute endlich die Chance, eure Eltern stolz zu machen und das Geschenk eures Lebens an sie zurück zu zahlen.", plapperte die Dienstmagd wie blöde weiter.

Gemma hörte längst nicht mehr hin.
Das Geschenk ihres armseligen Lebens ...
und sie sollte es zurückzahlen?
- Das hier?
Oh ja... das würde sie.
Sogar schon bald!

Mit ihrer Weigerung, sich überhaupt noch eine Tochter dieses Hauses zu nennen.
Oh ja!

Sie blickte erneut grimmig entschlossen zu den vergitterten Fenstern hinüber. Ursa hatte heute Morgen gemeint, sie würde noch vor der Verbindungsfeier hinauf in das extra errichtete Séparée gebracht.
Dort würde sie dann zum ersten Mal den Magier treffen, der ihre Lebensessenz in sich aufnehmen und sie erlösen würde. Sie sollte nur einfach schweigen, während er sie begutachtete. Sollte nicken, wenn er sie fragte, ob sie freiwillig zustimmte und ansonsten alles über sich ergehen lassen, sonst würde es ihr schlecht ergehen.
Ha!
Was auch immer sie sich gerade in ihrem kranken Kopf ausdachte...
Gemma würde statt dessen an ihrem Plan festhalten und ihn darum bitten, Ja sogar fordern, ihr keinen starken Erben für das hohe Hause Jayy zu schenken, sonst würde sie der Gabe ihrer Lebensessenz, nach Ablauf der Frist, nicht mehr zustimmen.
Doch ... vielleicht mochte der Magier sie ja dann auch gar nicht mehr haben. Wenn sie nicht bereit war, das Bett mit ihm zu teilen...?!
Nun denn, das musste sie jetzt wohl riskieren.
Schließlich kam es den meisten Magiern ja auch gar nicht wirklich auf einen Erben an, bei dieser Art von Verbindung. Sondern einzig und allein um die Essenz einer Braut, um sich nur diese allein einzuverleiben.
Sie würde aber gewiss niemals Kinder für Ursa gebären.
Nein...
Nie im Leben!
Ihre Linie endete in zwölf Monaten mit ihrem ehrenvollen Tod.

Die Braut der Magier #Wattys2023Where stories live. Discover now