11.2 Sommer 1972: Eifersucht und Güte

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„Du darfst dich nicht so daneben benehmen, Sev", schimpfte Lily mit gedämpfter Stimme, damit Mary und Marlene, die etwas abseits standen, nicht alles mitbekommen würden

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„Du darfst dich nicht so daneben benehmen, Sev", schimpfte Lily mit gedämpfter Stimme, damit Mary und Marlene, die etwas abseits standen, nicht alles mitbekommen würden. Sie hatte sich die ganze Woche schon darauf gefreut, dass ihre Freundinnen sie besuchen würde und jetzt hatten Severus und Petunia alles kaputt gemacht. Von ihrer Schwester, die immer noch alles hasste, was mit Magie zu tun hatte, hatte sie sowas erwartet, aber doch nicht von Sev.

„Ich bin nur hergekommen, um zu sehen, ob du Zuhause bist", murmelte er mit den Händen tief in den klobigen Hosentaschen vergraben. „Aber deine liebreizende Schwester hat gesagt, du hättest Besuch." Er warf einen giftigen Blick auf Mary und Marlene. „Wieso hast du nichts gesagt?"

Lily stemmte die Hände in die Hüften und machte sich größer. „Weil sie mich besuchen, nicht dich, Sev. Sie sind meine Freundinnen und ich wollte Zeit mit ihnen verbringen. Ich muss dich nicht darüber informieren, wo ich jede Minute meines Lebens verbringe."

„Das hab ich auch gar nicht gemeint", erwiderte er düster. „Aber dann hätte ich mir den Weg gespart."

„Hör auf damit", verlangte sie.

„Womit?"

„Na damit! Deinen feindseligen Blicken auf meine Freundinnen", sagte Lily sauer. Ihre helle Haut hatte dunkle, rote Flecken bekommen und ihre Stirn lag in tiefen Falten. „Ich habe dir schon mehrmals gesagt, dass ich es hasse, wenn du so eifersüchtig bist. Ich kann mit dir und Mary und Marlene befreundet sein, okay?"

„Ich bin nicht eifersüchtig", brummte Sev und mied ihren Blick.

Lily schnaubte. „Und ich bin nicht blöd, Sev!"

„Hab ich nie gesagt."

„Dann tu auch nicht so, als könntest du mich für blöd verkaufen. Du sollst mein bester Freund sein und nicht mein – mein Wachhund! Wir können nächste Woche wieder was zusammen unternehmen, dann fahren Mary und Marlene wieder nach Hause, aber die nächsten Tage bleiben sie noch hier und solange du dich nicht zusammenreißen kannst, will ich nicht, dass du herkommst." Lily verschränkte die Arme. „Oder kannst du dich beherrschen und kannst wie ein normaler Mensch Zeit mit mir und meinen anderen Freunden verbringen?" Lily wusste, dass das ein fieses Ultimatum war, aber es kümmerte sie nicht. Severus war schon die ganze Zeit so gewesen und hatte es nie unterlassen können, fiese Kommentare über ihre Freunde abzulassen, sei es Mary oder Marlene oder sogar Remus. Ständig sagte er etwas gemeines, egal wie oft Lily ihm sagte, dass sie das nicht mochte.

Severus zog eine Grimasse. „Dann seh ich dich nächste Woche", sagte er leise. „Viel Spaß noch, Lily."

Er wandte sich zum Gehen um, sein schlurfender Gang war langsam und berechnend und Lily wusste, dass er nur darauf wartete, dass sie ihn zurückrufen und ihre ganzen Pläne für ihn umschmeißen würde, aber Lily blieb standhaft. Sie wartete, bis er an der Straßenecke war, wo er sich wie erwartet noch einmal nach ihr umsah. Lily reckte das Kinn in die Höhe. „Bis nächste Woche, Sev", sagte sie.

„Kriselt es im Paradis?", fragte Marlene mit hochgezogenen Augenbrauen, kaum war er weit genug die Straße hinabgelaufen.

„Nein", sagte Lily mit fester Stimme. „Er benimmt sich nur wie ein Idiot."

„Also hat sich nichts geändert", erwiderte Mary. „Wirklich, Lily, ich verstehe immer noch nicht, wieso du ständig mit ihm abhängst. Er ist total unheimlich und ist in der Schule die ganze Zeit mit diesen Idioten Mulciber und Avery zusammen. Die stehen total auf schwarze Magie und ich wette, die haben Snape auch schon den ein oder anderen Trick gezeigt."

„Das ist doch Unsinn, Mary", meinte Lily kopfschüttelnd. „Die sind gerade mal zwölf, was sollen die schon für Magie können?"

„Guck dir Potter und Black an. Die sind auch zwölf und –"

„Okay, aber die sind was anderes", unterbrach Lily säuerlich. Das letzte, was sie wollte, war in ihren Ferien an die notorischen Streichespieler und Unruhestifter James Potter und Sirius Black erinnert zu werden. Die Ferien waren ihre einzige Chance, vor diesen Idioten zu fliehen und sie würde sich diese Zeit nicht nehmen lassen.

„Ach?", fragte Mary herausfordernd. „Wie das?"

„Kommt schon, es reicht", murmelte Marlene leise. „Lasst uns nicht streiten, ja?"

„Nein, ich will gerne hören, wieso Lily denkt, es wäre was anderes, wenn Potter mit zwölf Jahren höhere Magie beherrscht, als wenn es Mulciber tut."

„Sie nutzen nun mal keine schwarze Magie, okay!?", rief Lily sauer und klatschte sich dann die Hände auf den Mund. Panisch guckte sie sich um, ob einer ihrer Nachbarn aus den Fenstern guckte oder über die Hecken luscherte, um sie zu belauschen, konnte aber niemanden entdecken. „Ich weiß nicht, was Mulciber und Avery für Probleme haben, aber Sev ist kein schwarzer Magie, Mary. Er – ich weiß das einfach."

Mary sah so aus, als würde sie nur liebend gerne ein Gegenargument bringen, aber einen Augenblick später wurde ihr Gesichtsausdruck ein wenig weicher. „Na schön. Okay, tut mir leid, Lily. Ich wollte nicht streiten, ich weiß ja, ihr seid befreundet. Ich werde mich in Zukunft zurückhalten."

Lily lächelte erleichtert. „Mir tut es auch leid."

„Aww, na los, umarmt euch!", sagte Marlene lachend und stieß Lily gegen die Schulter.

„Lass das!"

„Bring mich doch dazu, Evans."

„Ich sag meiner Mum, du bist laktoseintolerant und kannst deswegen kein Eis essen."

„So tief würdest du nicht sinken!", sagte Marlene empört. „Du kannst einem Mädchen nicht ihr Recht auf ein kühles Erdbeereis nehmen! Das ist barbarisch, Lily, barbarisch sage ich!"

„Finde doch heraus, auf welches Level ich sinken kann, McKinnon. Du vergisst, wer meine Schwester ist."

„So etwas würde ich von Mary erwarten, aber von dir?" Marlene schüttelte traurig den Kopf. „Noch nie habe ich mich so verraten gefühlt."

„Was soll das denn heißen?", verlangte Mary zu wissen. „Sowas würde ich nie sagen!"

Lachend, kichernd und mit roten Wangen betraten die Mädchen das Evans-Haus. Nein, dachte Lily. Sie würde sich ihre Ferien nicht mehr kaputt machen lassen. Weder von Sev und seiner doofen Eifersucht noch von Gedanken an die Idioten Potter und Black oder von ihrer viel zu gemeinen Schwester. Dieser Sommer war dafür gemacht, dass sie sich von den stressgefüllten Tagen des letzten Jahres erholten und neue Energie für das nächste Schuljahr tankten und genau das würde Lily auch tun.

„Also", fragte sie, als sie an Petunia im Wohnzimmer vorbeigegangen waren, die in einer unmenschlichen Lautstärke eine langweilige Richtersendung schaute. „Wer will ein Eis?"

The Marauders' TaleWhere stories live. Discover now