12. Same squad

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Jun

Knox schläft auf meinem Sofa.

Wachsam beobachte ich sie. Es ist absurd, wie harmlos sie aussieht, wenn sie diese Eis-Augen geschlossen hält und ihre Gesichtszüge sich entspannen. Keine Spur mehr von der skrupellosen Killerin, die in ihr steckt.

Der Alkohol sticht an meinen Rippen. Ich ziehe zischend die Luft ein, richte den Blick weg von Knox auf meine Verletzung, die ich zu desinfizieren versuche. Das Schlimmste, was mir passieren kann, ist eine verfluchte Entzündung.

Ich säubere die Schnittwinde mit geübten Handgriffen, dann verriegle ich unsere Eingangstür und werfe ein letztes Mal einen Blick nach draussen durch die Fenster.

Dicke Schneeflocken gleiten vom Himmel und werden von unsichtbarer Hand herumgewirbelt. Ein Schneesturm.

Nicht gerade das, was ich mir erhofft hatte. Mit einer eiskalten Mörderin unter einem Dach schlafen zu müssen ist eines, aber mit ebendieser während Tagen eingeschneit zu werden, gleicht einem wahr gewordenen Albtraum.

Ich bete zu Gott, dass morgen ein klarer Tag wird. Ich will nicht, dass Knox länger hier bleibt als nötig. Ein paar Stunden und dann soll sie sich verziehen.

Seufzend bewege ich mich zu unserer Schlafnische, welche mit der Anwesenheit unseres unerwünschten Besuches nun viel überfüllter wirkt. Es hat hier eigentlich kaum Platz für drei.

Für einen Moment öffnet Knox die Augen und fixiert mich damit. Ich werde das Gefühl nicht los, dass sie mich genauso zu verstehen versucht wie ich sie. Trotzig starre ich zurück, sage aber nichts. Ohne etwas zu erwidern, schliessen sich ihre Lider wieder und sie pennt weiter.

Ich schnaube. Immerhin schläft sie nicht so tief, als dass man ihr die Kehle aufschlitzen könnte. Eine Eigenschaft, die ich uns zunutze machen könnte.

Aber morgen soll die gehen.

Eine Nacht. Mehr kriegt sie nicht.

Ich lege mich der Länge nach neben Nari hin, hake meinen Arm unter den Kopf und betrachte die Decke, bis ich schliesslich selbst eindöse.

X X X

Am nächsten Morgen werde ich von der fröhlichen Stimme meiner Schwester geweckt.

„Und was ist deine Lieblingsfarbe?"

Gähnend öffne ich die Augen und erspähe sie im Schneidersitz neben Knox auf der Couch, einen Löffel in der Faust. Knox hält eine Schüssel aus Chromstahl im Schoss. Es dampft daraus.

„Schwarz", kommt die Antwort von Knox.

Naris Löffel taucht in die Schüssel ein, welche sie sich augenscheinlich teilen. Sofort bin ich auf den Beinen.

„Was ist das?", will ich wissen.

Ich baue mich vor Knox auf und blicke auf sie hinab. Sie löffelt sich gerade selbst eine Portion in den Mund und blinzelt zu mir hoch.

„Haferflocken mit Honig und Zimt." Sie kaut, dann deutet sie mit dem Löffel auf den Tisch. „Deine Portion ist noch warm, Siebenschläfer."

Ich drehe mich um. Dort dampft tatsächlich eine zweite Schüssel. Eine grosse Schüssel. Der Geruch der Haferflocken steigt mir in die Nase und zwingt mich fast in die Knie, aber ich zeige nichts davon nach aussen.

Es ist Monate her, seit wir eine warme Mahlzeit zum Frühstück hatten.

„Und deine?", richtet sich Knox wieder an meine Schwester. „Was ist deine Lieblingsfarbe?"

The Green LineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt