𝐱𝐢𝐯. the good and the bad supervisor

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»Du bist erst seit einer Stunde hier und hast am meisten Trinkgeld bekommen und das nicht gerade wenig. Dein Mini Rock bewirkt Wunder, Alejandra.«, stupste mich eine Arbeitskollegin schmunzelnd an, die mich wohl in der einen Stunde beobachtete hatte und nun den schlechtesten Zeitpunkt auswählte, um sich mit mir zu unterhalten. »Eigentlich haben wir alle gedacht, dass du dir den Ältesten schnappst. Aber wie es aussieht, lagen wir wohl alle falsch.«, sprach sie aus und ließ mich sie mit verwirrten Blicken anzuschauen. »Fernando und du passt wie die Faust aufs Auge, der Deckel zu deinem Topf. Ja, er trifft seine Entscheidungen aus seiner Impulsivität heraus und die meist schlecht sind, aber du bist der Ausgleich für ihn. Du überdenkst deine Entscheidungen, gibst dein Bestes und–«

»Ich denke nicht, dass wir jetzt darüber sprechen sollten.«, unterbrach ich sie und versuchte das mit einem Lächeln zu überspielen. »Gerade haben wir ein Ansturm von Gästen und sind weiterhin in der Unterzahl. Lieber sollten wir die Lage in den Griff bekommen, bevor wir über Fernando sprechen, der immerhin der älteste Sohn unserer Bosse ist, und meine Beziehung zu ihm, die nicht mehr als freundschaftlich zwischen uns ist.«, machte ich klar und wollte darüber nicht sprechen. Besonders nicht mit ihr, da sie öfter dazu neigte aus ein paar brisanten Informationen den größten Klatsch daraus zu machen.

»Ein bisschen Luft haben wir, nicht?«, lächelte sie mich breit an und sah kurz in die Küche. »Ebenso ist meine Bestellung noch nicht zum Servieren bereit und deine ebenfalls nicht.«, fand sie einen Grund, um die Unterhaltung weiter führen zu können. »Jetzt einmal unter uns chicas. Welchen der beiden Brüder findest du anziehender?«

»Vera.«, seufzte ich und schüttelte dabei meinen Kopf. »Darüber möchte ich mich mit dir echt nicht unterhalten und das ist nicht böse gemeint.«, lehnte ich ab und verdrehte auch schon sofort meine Augen als Fernando sich uns anschloss und jeweils einen Arm um unsere Schulter legte.

»Wer tuschelt, der lügt oftmals.«, entkam der dümmste Spruch über seinen Lippen und grinste dabei wie der größte Idiot, der den Laden seiner Eltern für mehr als einer Stunde in der Unterzahl an Kellner führte. »Ich denke, es gibt ein paar Gäste, die gerade sehr gerne bedient werden möchten und ich Wind davon bekommen haben, dass zwei Kellnerinnen sich die Seele vom Leib reden.«, übertrieb er mit seinen Worten und brachte Vera zum Schmunzeln. »Also, warum noch länger herumstehen und quatschen?«

»Du könntest gerne mitmachen.«, erwiderte Vera darauf und hoffte wohl, er könnte ihr die Antwort auf ihre Fragen geben. »Sag' mal, Fer. Was glaubst du, wen–«, wollte sie auch schon ihren ersten Versuch wagen und wurde durch mich unterbrochen, die Vera einfach nur zum Schweigen bringen wollte.

»Du solltest manchmal wirklich wissen, wann du nicht mehr sprechen solltest.«, fuhr ich die mit einem bestimmenden Unterton in der Stimme an und lächelte weiterhin, obwohl ich sie innerlich schubsen wollte. »Tisch Drei wartet, ¿no?«, schaute ich sie mit einem bestimmenden Blick an und warf zwischendurch auch noch einen Blick auf ihre Bestellung, die sie nun lieber servieren sollte. Sie seufzte, erwiderte meinen Blick kurz und nahm ihre Bestellung mit.

»Warum hat es bei mir nicht funktioniert?«, stellte er und schaute Vera hinterher.

»Da es in dieser Schicht wohl zwei Schichtleiter gibt, muss es leider einen bösen und einen guten Schichtleiter  geben. Ich hab dir die Entscheidung abgenommen und spiele die Böse, falls du das nicht mitbekommen hast.«, beantwortete ich seine Frage und bedankte mich bei Enzo, der meine Bestellung auf die Theke stellte. »Und da ich die Böse bin, kann ich dich herumkommandieren. Das heißt, dass du hier nicht länger stehenbleiben sollst und deinem Bruder beim Tisch abwischen hilfst, damit neue Gäste sich an den Tisch setzen können.«, gab ich ihm einen Befehl und drückte ihm einen Lappen in die Hände, bevor ich dann meine Sachen nahm und meinem Tisch ihre Bestellung servieren konnte.

Gegen Mitternacht ließ der Ansturm an Gästen gänzlich nach, weshalb wir das Restaurant schließen konnten. Am liebsten hätte ich mich direkt danach nach Hause lassen, da ich trotz tiefen Schuhen kaum noch meine Füße spürte und durch das Hin und Her sehr erschöpft war. Leider durfte ich als Schichtleitung nicht einfach nach Hause fahren und den Rest zurücklassen, was auch selbstverständlich war. Und da ich Fernando meinen Standpunkt seit meiner Anwesenheit klargemacht hatte, lohnte es sich auch nicht, vor allen nach Hause zu fahren.

»Wenn ich auch nur einen Ton aus dir höre, während ich das Geld zähle, bin ich bereit dich mit eigenen Händen umzubringen.«, drohte ich ihm und wirkte allein durch seine Stimme gereizt. Während ich im Kopf zählte, ließ ich meine Frust gegenüber ihm aus und legte das durchgezählte Kleingeld und Scheine zurück in die Tasche, die ich hinterher in den Safe sperrte. »Dafür schuldest du mir etwas.«, drehte ich mich zu ihm und sah, wie er mit einem breiten Grinsen auf den Lippen und verschränkten Armen an der Tür gelehnt stand.

»Aber natürlich.«, antwortete er und schaute mich an. »Pedri und ich hatten nicht wirklich Zeit gehabt darüber zu sprechen, aber seinen Blicken zu urteilen, hab' ich euer Date komplett ruiniert.«, sagte er und lachte leicht darüber.

»Es hätte besser enden können, aber ruiniert hast du es nicht komplett.«, erwiderte ich und setzte mich auf den Drehstuhl. »Irgendwo wusste ich schon, dass du meine Hilfe brauchst. Nur dachte ich nicht, dass du fast die ganze Belegschaft nach Hause schickst und tatsächlich dein Image als Cooler Schichtleiter dem Ganzen vorziehst. Ich hab nun dazugelernt.«, schmunzelte ich.

»Einer muss den Guten spielen, wenn du die Böse spielst. Jetzt kann ich verstehen, warum meine Eltern dir blind vertrauen. Du hast immer alles im Griff.«, seufzte er. »Wie ist es, der Liebling meiner Eltern zu sein?«

»Toll.«, nickte ich mit dem Kopf. »Wenn du es nicht hinbekommst–«

»Ja ja. Wenn nicht ich, dann du. Und Pedri ist irgendwo dazwischen.«, scherzte er und trat zur Seite, als sein Bruder dazukam und zwischen uns hersah. »Und da ist unser Mann auch schon! Harte Schicht gehabt?«

»Ich hätte hier erst gar nicht sein sollen, wenn deine impulsiven Gedanken nicht wären.«, antwortete Pedro und verdrehte seine Augen. »Ich fahre dich nach Hause, Alejandra.«

»Danke.«, nickte ich dankend mit dem Kopf und stand wieder auf. Ich schnappte mir meine Tasche und umarmte Fernando zum Abschied. »Sollte ich wieder die Schichtleitung sein, solltest du mir bloß nicht in die Quere kommen.«, hauchte ich ihm leise ins Ohr und klopfte ihm anschließend auf die Brust. »Buenas noches, Fer.«, wünschte ich ihm und folgte Pedro. »Sei nicht zu hart zu ihm.«

»Bin ich nicht.«, erwiderte er schnell. »Aber ein bisschen sauer kann ich schon auf ihn sein.«, rechtfertigte er sich und seufzte anschließend. »Es hätte heute anders enden können. Fer wusste, wie wichtig mir das heute mit dir war, und trotzdem hat er die dümmste Entscheidungen getroffen. Ich denke, dass ich ein bisschen hart zu ihm sein darf.«

»Die Nacht ist noch nicht vorbei. Wir könnten dem Ganzen noch immer das Ende geben, was es verdient hat.«, schaute ich optimistisch in die Sache und fand nun nicht, dass das Chaos unser Ende sein sollte. »Das Chaos hier ist auch irgendwo meine Schuld, weshalb ich das bei dir gut machen möchte. Du hast sicherlich noch Zeit, oder?«

𝐜𝐚𝐧𝐚𝐫𝐲 𝐢𝐬𝐥𝐚𝐧𝐝 • pedriWhere stories live. Discover now