𝐱𝐯𝐢𝐢𝐢. welcome en barcelona

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Ohne zu wissen, was mich ab diesem Moment bis zu sechs Monaten hin zu erwarten hatte, stand ich mit meinem Gepäck am Flughafen auf dem spanischen Festland und überlegte dann doch, ob ich nicht einfach mein Sparschwein köpfen sollte und mir ein Rückflugticket nach Hause kaufen sollte. Leider durchkreuzte Fernando Jr. meine Pläne, in dem er sich am Flughafen blicken ließ und ein großes Schild mit den Worten »MI HERMANITA ALEJANDRA« durch die Gegend wedelte. Seine Sonnenbrille kaschierten seine Augen und auch seine Kapuze hatte er sich so tief ins Gesicht gezogen, dass ich ohne Schild wahrscheinlich an ihm vorbeigelaufen wär. Doch sein marinblauer Trainingsanzug mit dem Wappen des katalanischen Clubs bestätigte dann nur, dass es Fernando ist.

»Willkommen in Katalonien, Hermanita.«, nahm er mich zur Begrüßung in den Arm und nahm mir anschließend mein Gepäck. »Angenehmen Flug gehabt?«, fragte er mich und konnte meinem Gesicht bereits ablesen, dass mich etwas beschäftigte. »Nicht?«

»Der Flug an sich war gar kein Problem. Viel mehr die Frage, ob ich das nun wirklich sechs Monate durchziehen möchte.«, entgegnete ich ihm und seufzte leicht. »Hab ganz kurz überlegt, ob ich mir ein Ticket nach Hause kaufen soll, bevor ich deinen Riesenschädel erkannt habe.«, teilte ich zum Seitenhieb aus und konnte auch mit Sonnenbrille und zugezogener Kapuze erkennen, dass er das nicht einfach auf die leichte Schulter nehmen lassen wollte.

»Immer langsam mit den Beleidigungen, Alejandra. Ich hab ein bisschen gebraucht, um dir die eine Sache zu verzeihen! Wegen dir durfte ich mich eine Woche mit einem gebrochenen Pedri herumschlagen, der deine Uni und alle anderen, die für dein Stipendium zuständig sind, in einem verflucht hat!«, hielt er mir erneut vor Augen. »Die Dramatik hat er eindeutig von mamá. Ohne Frage und Zweifel.«, sagte er, wobei ich ihm Recht gab.

»Tut mir leid, aber das ist nun einmal ein Teil des Plans, damit ich ihn auch überraschen kann.«, entschuldigte ich mich nur halbherzig und dachte mir, dass er es schon verdient hatte. »Kann ich es vielleicht mit ein paar Macarons wieder gut machen? Ich hab in den letzten Tagen ein neues Rezept ausprobiert und du wärst der Erste, der sie dann so richtig probiert hat.«, bot ich ihm an und wusste, dass er das Angebot nicht ausschlagen konnte.

Allein, dass er der Erste wär, müsste ihn schon hellhörig werden lassen.

»Deine Taten sind damit noch nicht verziehen, aber abschlagen kann ich das Angebot auch nicht.«, antwortete er und brachte mich leicht zum Lachen. »Ich entscheide, wenn ich probiert habe.«

»Sicher.«, nickte ich mit dem Kopf und musste mir das laute Lachen verkneifen.

Es viel mir sehr schwer meinen erstaunten Gesichtsausdruck für mich zu behalten, als Fer das Auto in die Einfahrt fuhr und es vor der Garage zum Stehen brachte. Das Haus war genauso groß wie ihr Haus auf Teneriffa, doch sah durch die katalanische Architektur deutlich auffälliger aus. Während das Haus auf Teneriffa sich den Häusern in der Nachbarschaft und seiner Umgebung anpasste, sah jedes einzelne Haus in der Nachbarschaft auf seine Art anders aus.

»Zu deinem Glück haben wir das Haus bis heute Abend für uns. Die Pre-Saison hat wieder angefangen, weshalb Pedri nun wieder Trainieren muss. Danach wollte er mit ein paar Teamkollegen zusammen Essen oder so.«, informierte Fernando mich und stellte mein Gepäck in den Flur ab. »Willst du dich für ein paar Stunden vielleicht versuchen dich hier einzuleben?«, fragte er mich und holte mich aus meinen Gedanken, die allein der Dekoration im Haus galt.

»Hmm?«, machte ich und schüttelte anschließend den Kopf, als seine Frage dann zu mir durchkam. »Dafür hab' ich sechs Monate Zeit, Fer.«, schmunzelte ich leicht und sah neugierig durch die offenen Türen. »Wie wäre es, wenn du mir die Gegend zeigst?«, fragte ich ihn und wollte nun viel mehr die Gegend sehen als die Zeit im Haus abzusitzen und auf Pedro zu warten.

»Die.. Gegend?«, harkte er völlig verwirrt nach und fragte sich wahrscheinlich, warum ich nun lieber die Gegend sehen wollte als hier zu bleiben. »Du hast mir Macarons versprochen!«

»Dafür haben wir genügend Zeit, Fer.«, lachte ich leicht und sah ihn anschließend mit einem Schmollmund an. »Bitte, Fernando.«, bat ich ihn und ließ sogar meine Unterlippe leicht zittern, was er mit einem Augenverdrehen kommentierte und sich letzendlich geschlagen gab.

So ließ ich mir für ein paar Stunden die Gegend zeigen, die ich mir komplett anders vorgestellt hatte und dann letzendlich gezeigt bekam, dass meine Vorstellungen sehr weit ausgeholt waren. Es sah nicht alles komplett anders aus als auf Teneriffa, dennoch gab es Kleinigkeiten, die sich sehr von unserer Heimat entschieden. Obwohl Teneriffa zu Spanien gehörte und ich mein lebenlang auf Teneriffa lebte, fühlte ich falsch an Ort und Stellte – Es kam mir beinah so vor, als würde ich alles und jeden mit großen Augen mustern.  Das Gefühl würde sich sicherlich schon bald legen, wenn die Uni wieder beginnen sollte, doch gerade fühlte ich mich einfach nur fremd. Auch wenn Fer und ich uns nicht sehr lange kannten, ich ihn dennoch schon sehr stark in mein Herz geschlossen hatte, spiegelte er ein Stück Heimat wieder.

»Gib dir selbst ein paar Wochen und du wirst dich schon fast wie auf Teneriffa fühlen. Glaub mir, das hatten Pedri und ich auch.«, versuchte er mich mit seinen ersten Erfahrungen in Barcelona zu besänftigen und erinnerte mich schon fast in Minutentakt, dass ich ihm Macarons versprochen hatte.

Da ich nun wusste, wo der Supermarkt lag, machten wir dort einen kurzen Halt und kauften ein paar Dinge für die Macarons ein. Statt ebenfalls fürs Abendessen zu kaufen, lehnte er es ab und wollte nachher lieber zum Abend bestellen. Er verlor bei der Rückkehr auch keine Zeit und zerrte mich praktisch in die Küche, um mich die Macarons machen zu lassen. Damit ich ihn hinterher nicht bei seiner Mutter verpfiff, half er mir tatsächlich dabei und versuchte nicht allzu sehr mit mir zu diskutieren. Doch so sehr er sich mit Worten zurückhalten konnte, machten mich seine wortlosen Bemerkungen verrückt. Es reichte ein Blick, aufstöhnen, seufzen oder gar ein Schnauben seinerseits, um ihn von der Seite aus anzuschauen.

Letzendlich bekam er dann seine Macarons und ging mir nicht mehr allzu sehr auf die Nerven, was ich ihm gegenüber aus Freundlichkeit noch nicht kommentiert hatte.

Doch selbst nach Stunden nach meiner Ankunft in Barcelona, ließ sich Pedro kein einziges Mal im Haus blicken. Jeglicher Versuch von Fernando, ihn unter einem Vorwand nach Hause zu lotsen, schlug fehl und führte hinterher dazu, dass er ihn nach dem Aufräumen in der Küche, dem Essen der Macarons und noch dem Bestellen vom Abendessen wie verrückt versuchte zu erreichen.

Erst als ich schon umgezogen unten im Wohnzimmer saß und mir die Filmauswahl auf Netflix anschaute, erreichte ein bereits angepisster Fernando seinen kleinen Bruder und lief beim Telefonieren durch den Flur. Da es zum Wohnzimmer nicht wirklich eine Tür zum Schließen gab, konnte ich jedes einzelne Wort von ihm hören.

»Ich bin kein bisschen der Bruder, der seinen kleinen Bruder kontrolliert und jedes Mal die Info braucht, wo du gerade bist. Aber es gibt hier eine Sache, wofür ich dich brauche und du willst mir ernsthaft erzählen, dass es doch nicht nur bei einem Essen geblieben ist und ihr jetzt irgendwo seid? ¿Quién te cagó en la cabeza? Jetzt einmal im Ernst... Wer hat dir ins Gehirn geschissen, Pedri?«, brüllte er schon fast durch sein Handy und brachte mich mit dem letzten Satz leise zum Lachen. »Pedri... Pedri, es interessiert mich nicht! Kein bisschen. Du schwingst sofort deinen Arsch hierher, sonst poste ich auf Instagram das peinlichste Foto von dir.«, drohte er ihm und blieb für paar Sekunden still bis er dann weiter machte. »Dann tu' das, wenn du eins findest. In meinen Augen finde ich keins meiner Fotos peinlich!«

»Es reicht auch einfach, wenn wir ihn morgen überraschen. Ich bin die nächsten sechs Monate hier und hab' es nicht sehr eilig.«, kommentierte ich die Situation und beobachtete den Braunhaarigen dabei, wie er sich schnaubend neben mich auf die große Couch fallen ließ und auf sein Handy herumtippte. »Gönn' ihm die Zeit mit seinen Freunden.«, schmunzelte ich leicht und bekam daraufhin einen tödlichen Blick von ihm, den ich nicht allzu persönlich nahm. »Willst du nicht lieber einen Film aussuchen?«, bot ich ihm an und drückte ihm einfach die Fernbedienung in die Hand. »Das war vorhin sowas von gelogen, nicht?«

»Was?«

»Das du keins deiner Fotos peinlich findest.«, erwiderte ich und kannte das wohl peinlichste Foto von ihm. »Deine Mutter hat es mir–«

»Du verlierst darüber gegenüber Pedri kein Wort, klar?«

𝐜𝐚𝐧𝐚𝐫𝐲 𝐢𝐬𝐥𝐚𝐧𝐝 • pedriWo Geschichten leben. Entdecke jetzt