Auf der Pirsch

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Tiames' Ohren zuckten kurz, als sie das Geräusch wahrnahmen. Ein kaum merkliches Rascheln hinter dem Farnstrauch, für Menschen viel zu leise. Doch das elfische Blut, das durch seine Adern floss hatte seine Sinne geschärft und seine Bewegungen geschmeidiger gemacht. Schnell aber dennoch lautlos griff er nach einem Pfeil aus dem Köcher und im Bruchteil einer Sekunde war sein Bogen gespannt.

Dabei ließ er den Farnstrauch nicht einen Moment aus den Augen und seine Sinne konzentrierten sich auf diesen einen Punkt als er mit sanften Bewegungen vorsichtig hinter dem Baum hervortrat. Der Pfeil löste sich mit einem Sirren von der gespannten Sehne, als das Kaninchen hinter dem Farnstrauch hervor hoppelte, und traf sicher sein Ziel. Tiames griff nach seiner Beute und nickte selbstzufrieden. Die heutige Jagd war erfolgreich verlaufen und sein Stiefvater würde zufrieden sein, wenn er mit dieser Jagdbeute zurückkehrte. Er beschloss, dass es für heute genug war und dass es an der Zeit wäre, den Rückweg anzutreten.

Schnell huschte Tiames zurück auf den Trampelpfad, der ihn an einem kleinen Bachlauf entlang zurück zur Jagdhütte seines Stiefvaters führen würde. Er hatte heute mehrere Kaninchen erlegt, die sein Vater im Gasthaus des kleinen Dörfchens Rating verkaufen konnte. Er hatte den Bachlauf fast erreicht, als ihm ein Geräusch auffiel. Er hielt kurz inne und lauschte in den Wald hinein. Da war es wieder - es hörte sich an wie Stimmen, aber sie klangen fremdartig. Kehlig, abgehackt und rau. Tiames verstand diese andersartigen Laute nicht, aber es war eindeutig eine Sprache, die sich von den primitiven Rufen wilder Tiere unterschied.

Vorsichtig pirschte er voran. Sein Stiefvater hatte ihn gelehrt, dass nicht jeder Bewohner dieses Waldes ungefährlich war, und Tiames hatte schnell gelernt, sich unbekannten Kreaturen mit Vorsicht zu nähern. Mit der Hand schob er einen Ast zu Seite und spähte zu dem Bachlauf. Dort erkannte er jetzt eine Gruppe von kräftigen Gestalten. Sie trugen primitive Lederrüstungen und hatten fremdartige Keulen dabei, die sich von der Machart her nicht mit den Waffen vergleichen ließen, die Menschen anfertigten. Sie waren grober gearbeitet, aber sie wirkten martialisch und Tiames hatte keinen Zweifel daran, dass diese Kreaturen ihre Waffen mit roher Kraft zum Töten einsetzten. Die Geschöpfe selbst sahen schmutzig aus, ihre Haut war grau und spannte sich über Muskeln, die auf große Körperkraft schließen ließen. Sie hatten zottiges, verfilztes Haar. Am auffälligsten erschienen die gewaltigen Hauer, die Tiames sonst nur von den bulligen Keilern der Wildschweine kannte, um die er bei seinen Streifzügen durch den Wald immer einen respektvollen Bogen schlug.

Die Fremden waren offenbar dabei ihre Wasservorräte an dem kleinen Bach aufzufüllen. Tiames wusste weder, woher sie kamen, noch was sie in diesen Wald verschlagen hatte, aber ihm war klar, dass es vermutlich besser wäre, wenn sie ihn hier nicht zu Gesicht bekamen. Hastig zog er sich wieder in das Unterholz zurück und eilte so leise und schnell wie möglich zur Jagdhütte seines Stiefvaters ...


Tiames - der WaldläuferWhere stories live. Discover now