Die Zeit danach

8 3 5
                                    

Die Wochen nach dem Tod seiner Eltern waren für Tiames schwer gewesen. Er hatte für ein ordentliches Begräbnis gesorgt. Der Priester Obloron hatte den Segen der Götter erbeten. Er hatte sich in Rating niedergelassen, um einen Schrein für die Göttin Chantra zu errichten. Viele Dörfler hatten mitfühlende Worte gesprochen.

Kurz nach der Beerdigung bereiteten sie sich auf eine Verteidigung gegen die Orks vor. Die Menschen zogen sich in ihre Hütten zurück. Sie schlossen nachts Türen und Fenster ab. An mehreren Stellen waren Wachen aufgestellt, um die Bewohner rechtzeitig vor einem Überfall zu warnen.

Niemand schenkte Tiames mehr Beachtung. Die Menschen von Rating waren mit ihren eigenen Problemen zu beschäftigt, um zu bemerken, wie sehr Tiames unter der Leere in seinem Inneren litt. Der Zorn nagte an ihn und ließ ihm keine Ruhe mehr.

Tiames übte täglich mehrere Stunden mit dem Vaters Bogen. Seine Fähigkeiten reichte dafür aus, genug Wild zu erlegen, um sich zu versorgen. Ab und zu brachte er einen Teil der Jagdbeute ins Dorf. Doch die Menschen nahmen kaum Notiz von ihm, der Empfang war weniger herzlich verglichen mit früher, als er gemeinsam mit seinem Vater ins Dorf gekommen war.

Tiames fehlten Freunde. Zwar hatte der Priester Obloron stets ein offenes Ohr für ihn, doch allzu oft, fand er ihn beschäftigt mit den Arbeiten an dem Schrein seiner Göttin. Dann wagte er es nicht, ihn zu stören. Sonst gab es niemanden, dem er sein Herz ausschütten konnte und keinen der mit ihm trauerte. Das hätte es leichter für ihn gemacht, seinen Schmerz zu verarbeiten.

Und es gab viel Schmerz, Wut und Zorn.

Sollten die elenden Schwarzpelze doch kommen! Sie hatten seine Eltern ermordet! Tiames brannte darauf, sie mit Pfeilen scharenweise zu ihren Ahnen zu schicken. Aber er erinnerte sich auch, wie kräftig die Orks ausgesehen hatten. An Vater, der sich nicht hatte wehren können und daran, dass er mit dem Bogen noch nie einen Gegner im Kampf getötet hatte. Bisher hatte er nur gejagt, um Nahrung zu beschaffen. Irgendetwas tief in seinem Innern flüsterte ihm zu, dass es nicht richtig war, ein Lebewesen aus Rache oder Zerstörungswut umzubringen. Doch die Stimme des Hasses, der in ihm wogte, brachte diese zaghaften Einwände schnell zum Verstummen.

Tiames - der WaldläuferWhere stories live. Discover now