Unterwegs mit Aravilar

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Sie legten ein gutes Stück schweigend zurück. Oft waren Worte so überflüssig. Sie zerstörten mehr, als sie nutzten. Ein Einziges übertönte tausend Sinneseindrücke, die so viel mehr verrieten.

Aravilar war stehen geblieben und spähte durch einen Strauch voraus auf einen Pfad. Tiames wusste, dass es sich um einen Pfad handelte, der in das Dorf Rating führte. Wie lange war er nicht mehr hier gewesen? Es war Teil seiner Ausbildung, sich von allem Bekannten zu lösen und Abstand zu gewinnen, damit er Neues lernen konnte. Und nun führte Aravilar ihn zurück in die Nähe des Dorfes, wo er die ganze Kindheit verbracht hatte. Wo er ein Außenseiter gewesen war. Wo die Orks seine Zieheltern auf so grausame Weise getötet hatten. Tiames spürte den Zorn in sich aufwallen und kämpfte dagegen an.

Dann bemerkte er es.

Der üble Geruch von Orks lag in der Luft.

Sein geschultes Auge brauchte nicht lange, um den Hinterhalt zu erkennen. Er hörte sogar ihr kehliges Grunzen.

Und da war noch etwas.

Rumpelnd kam ein Ochsenkarren den Pfad entlang. Eine unbeschwerte Bassstimme sang ein Lied. Es war vermutlich weit zu hören und trieb die Tiere ins Unterholz.
Langsam kam der Karren in Sichtweite.

Tiames erkannte einen beleibten Mann auf der Sitzbank. Seine Kutte wies ihn deutlich als Wanderpriester aus. Der Mann sah aus wie ein Bierfass, wirkte völlig arglos. Auf dem Karren transportierte er ein paar Kisten und Fässer nach Rating.

Er würde sein Ziel nie erreichen.

„Warum bemerkt er die Orks nicht?"

„Weil seine Sinne nicht dazu ausreichen, seine Umgebung zu erkennen. Dafür macht er viel zu viel Lärm. Das war es, was ich meinte. Er vermag es nicht, die Stimme der Natur zu hören, die ihn vor seinem sicheren Tod gewarnt hätte. Die Vögel sind still, die Äste, die von den Orks zerbrochen wurden, ihr widerlicher Gestank – er bemerkt es nicht, weil er viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist..."

„Wir können ihn doch nicht in diesen Hinterhalt laufen lassen!"

„In der Natur gibt es Jäger und Gejagte..."

Tiames sah seinen Lehrer fassungslos an. Dann schlich sich ein Grinsen auf sein Gesicht, als er bemerkte, wie Aravilar seinen Bogen spannte und auf einen Ork anlegte.

„... und manchmal bemerken die Jäger nicht, dass sie selbst die Gejagten sind!"
Aravilar's Pfeil surrte davon und streckte den Ork auf der Stelle nieder.

Tiames - der WaldläuferWo Geschichten leben. Entdecke jetzt