5 - weiße Socken - Mia

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- Sonntag, 15.03.24 - 9 bis 9/SIRA, badchieff, Bausa -

Frustriert warf ich meine Bürste in das Waschbecken. Eigentlich brauchte ich noch ein Reel, das ich auf Instagram hochladen konnte. Die Idee stand schon seit heute morgen, dass ich meine prä-Spiel-Routine ein bisschen aufzeichnen wollte. Aber irgendwie wollten meine Haare definitiv heute nicht so, wie ich wollte. Immer wenn ich dachte, alles würde sitzen, stand eine wilde Strähne doch noch von meinem Kopf ab.

Ich atmete tief durch und drückte erneut auf den Aufnahme-button. Ich wandte mich von der Kamera ab und kämmte erneut meine Haare zurück in einen hohen Pferdeschwanz, den ich mit einem Haargummi festmachte. Dann flocht ich diesen Pferdeschwanz mit ein wenig Spannung, sodass am ende ein eng geflochtener Zopf kurz unter meinen Schultern hing. Erleichtert atmete ich auf und stoppte die Aufnahme. Dieser Teil wäre geschafft.

Meinen Outfit-Wechsel würde ich später in der Umkleidekabine filmen, weshalb ich in meine Jogginghose und einen alten Pullover schlüpfte und mein Handy erneut in die Hand nahm, um meine Tasche zu filmen, während ich sie mit einer Wasserflasche, Traubenzucker, meinen Schuhen und meinem Ball sowie mit einer Luftpumpe füllte. Dann schnappte ich mir mein Handy, meinen Geldbeutel und meinen Schlüssel und beeilte mich, um noch die nächste Straßenbahn zur Halle zu erwischen.

An der Halle angekommen, filmte ich kurz, wie ich die Tür aufzog und entspannte mich, als ich sah, dass ich eine der wenigen war, die bereits da waren. Ich hatte einen Hang dazu, immer zu früh bei allem aufzutauchen. Ich hasste es, andere warten zu lassen, und nahm dafür auch eine längere Wartezeit meinerseits in Kauf.

Schnell begrüßte ich meine Teamkolleginnen mit einer Umarmung und gesellte mich dann zu ihnen in den Kreis. Sie waren alle aufgeregt am Quatschen und ich filmte kurz eine Runde unserer Schuhe und unseren Taschen, um keine Gesichter zeigen zu müssen. Dann fühlte ich, wie sich zwei Arme von hinten um mich schlangen und direkt wusste ich, dass Steffi hinter mir stand. Ich wandte mich um, um sie ebenfalls zu umarmen und führte ein bisschen small talk mit ihr, bevor ich wieder dazu zurückkehrte, meine Mitspielerinnen zu beobachten.

Ich war nie die Spielerin gewesen, die sonderlich aufgeregt vor einem Spiel war, im Gegensatz zu dem Haufen verrückter Hühner um mich herum. Ich versuchte, mich zu sammeln, und als alle zehn Minuten nach Treff-Zeitpunkt eingetrudelt waren, begaben wir uns gemeinsam zu den Umkleidekabinen. Schnell animierte ich Steffi dazu, mich zu filmen, wie ich mich vor einer weißen Wand in der Kabine drehte, und zog mich schnell um, um mich erneut in meinem Trikot von ihr filmen zu lassen.

Dann stellte ich mein Handy auf die nächste Ablage und lehnte es gegen meine Flasche, um meine Hand filmen zu können, während ich meinen Daumen tapte. Dies war nicht wirklich eine Notwendigkeit, sondern eher eine kleine Tradition, da ich vor einigen Jahren einmal meinen Daumen verstaucht hatte und mich seither daran gewöhnt hatte, beim Handball diesen Daumen stabilisiert zu haben.

Als ich auch dies fertig gefilmt hatte, setzte ich mich wieder auf die Bank, zog meine weißen Hummel-Socken hoch und holte einmal tief Luft. Dann lächelte ich Steffi an und fragte sie: "Bereit?" Sie nickte und lächelte. "Immer." Wir packten unsere Sachen zusammen und begaben uns in die Halle, warteten aber am Rand auf die anderen Spielerinnen, da vor uns bereits die zweite Männermannschaft ihr Heimspiel bestritt und gewann.

Steffi und ich würden heute Abend um 20:00 Uhr noch Thekendienst haben, worauf ich unter normalen Umständen eigentlich gar keine Lust hatte, aber das Gefühl hatte, dass es mit Steffi wirklich lustig werden würde. Die Männer waren in der 55. Minute Spielzeit, und im Augenwinkel sah ich, wie sich jemand über das Geländer der Tribüne lehnte, welche sich direkt über uns befand. Als ich genauer hinsah, sah ich eine meiner Kommilitoninnen, Franzi, welche mir zuwinkte. Schnell lächelte ich breit und winkte zurück. Eigentlich konnten keine zehn Pferde dieses Mädchen in eine Handballhalle bringen, weshalb es eine besondere Ehre war, dass sie extra für eins meiner Spiele gekommen war.

Ich sagte Steffi kurz bescheid, dass ich kurz hallo sagen würde, und joggte daraufhin die Treppen neben den Umkleiden zu den Tribünen hoch. Bei Franzi angekommen umarmte ich sie schnell und flüsterte ihr "Danke fürs Kommen" ins Ohr. Sie lächelte breit und sagte: "Du brauchst doch garantiert Ansporn!" Ich musste grinsen. Sie wusste genau, wie sie einen Tag versüßen konnte. Schnell warf ich einen Blick über die halbvollen Tribünen und atmete tief durch, um die Nervosität aus meinem Kopf zu verdrängen. Dann warf ich ihr noch eine Kusshand zu, bevor ich wieder die Treppen runterjoggte und zum Rest des Teams zurückkehrte. Die Mannschaft war gerade dabei, etwas Luft in die Handbälle zu pumpen und sich schonmal warm zu prellen.

Ich war bereit für dieses Spiel, so bereit wie nur selten. Heute würde mich nichts und niemand stoppen können, das wusste ich genau.


- 815 Wörter -

Ein kurzes, knackiges Füllerkapitel heute. Ich hoffe, es gefällt euch!

Liebe Grüße, eure Ella <3


111 km/h  /// Julian Köster ffOù les histoires vivent. Découvrez maintenant