33 - Sitzsäcke - Julian

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- Freitag, 19.04.24 - Hanging On/Ellie Goulding -

Eigentlich wäre ich ja gelaufen, aber die zwei Sitzsäcke machten es mir tatsächlich etwas schwer, dies zu tun. Deshalb hatte ich beschlossen, doch den kleinen Polo für die kurze Strecke bis zu Mias Wohnung zu nutzen. Es war endlich Freitag. Die gesamte restliche Woche hatte ich mich auf heute gefreut. Nicht wegen dem Filmeabend, der war sekundär. Aber ich freute mich tatsächlich schon darauf, Mia endlich wieder zu sehen.

Sie hatte mir Bescheid gegeben, dass bei ihr deutlich mehr Uniarbeit anstand als sie es erwartet hatte und wir uns deshalb nicht mehr sehen könnten die restliche Arbeitswoche. Das war mir um ehrlich zu sein extrem schwer gefallen. Klar, ich war ein eigenständiger Mensch, aber es fiel mir trotzdem schwer, nicht einfach die fünf Häuserblöcke rüber bis zu ihrer Wohnung zu laufen und einfach mit ihr zu reden.

Inzwischen machte ich mir schon gar nichts mehr vor - ich mochte sie. Sehr sogar. Sogar so sehr, dass es mir inzwischen auch egal geworden war, dass alles mit Lou erst sage und schreibe drei Wochen her war. Dieses Mädchen hatte mir gehörig den Kopf verdreht, das wusste ich. Heute würde also auf jeden Fall spannend werden.

Die ganze Sache war nicht einfacher dadurch, dass auch Tom heute erscheinen würde. Ich rief mir ins Gedächtnis, dass ich fair bleiben müsste. Er war mir ein so guter Freund die letzte Zeit gewesen, das durfte ich nicht vergessen. Aber trotzdem würde ich darauf hoffen, dass zwischen Mia und mir irgendetwas entstehen könnte. Spätestens die Umarmung am Montag hatte mir das klar gemacht.

So parkte ich den Polo auf einem Anwohnerparkplatz und legte meinen Parkausweis hinter die Windschutzscheibe. Dann stieg ich aus und zerrte die zwei dunkelblauen Sitzsäcke aus dem Rücksitz und aus dem Kofferraum. Mia hatte mich gebeten, noch die zwei Sitzsäcke mitzubringen, da wir sonst zu viele geworden wären für die Couch und sie nicht wollte, dass jemand während des Films auf einem Stuhl sitzen musste. Ich atmete tief durch und klingelte.

Als der Türöffner summte, begab ich mich ins Treppenhaus und konnte nicht umhin, als vorfreudig zu grinsen. Im zweiten Stock angekommen wollte ich gerade klopfen, als mir die Wohnungstür geöffnet wurde. Doch nicht Mias blaue Augen begrüßten mich, sondern ein mir bislang unbekanntes Mädchen stand mir gegenüber und musterte mich kritisch. Ich erinnerte mich an einen von Mias Instagram-Posts, auf welchem ich dieses Gesicht bereits gesehen hatte, und schon schwebte mir ein Name ins Gedächtnis.

"Hey, ich bin Juli. Du musst Franzi sein, richtig?" Sie grinste plötzlich und meinte: "Ja, genau, die bin ich. Ich hab schon viel gehört von dir!" Als ich dachte, dass sie fertig war mit der Aussage, fügte sie mit einem Augenzwinkern noch hinzu: "Schauen wir mal, ob du tatsächlich dem Ruf nachkommen kannst, den Mia dir gemacht hat." Ich zog eine Augenbraue hoch. Mia hatte anscheinend schon eine große Portion von mir erzählt.

So antwortete ich: "Dann fange ich am besten direkt mit einer guten Tat an. Wo kann ich die zwei hier hintun?" Ich hob die Sitzsäcke an und Franzi ließ mich, immer noch grinsend, eintreten. Mir war sofort klar: Der heutige Abend stand oder fiel damit, dass ich mich mit Franzi gut stellte. Mia hatte extrem viel von ihr erzählt und legte auch sichtlich viel Wert auf Franzis Meinung. Also musste ich mich heute von meiner besten Seite zeigen. Zum Glück war ich sowieso dafür gekommen, wenn auch aus anderen Absichten.

Also lächelte ich sie charmant an und zog meine Schuhe aus, um sie ordentlich neben das Schuhregal zu stellen, auf welchem bereits kein Platz mehr war. Franzi lief kurz "Juli ist da!" in die Wohnung und ich betrat mit den zwei Sitzsäcken in den Händen das große Wohnzimmer. Sofort lagen die Blicke von drei weiteren Personen auf mir. Kurz wunderte ich mich, woher sie alle anscheinend meinen Namen kannten.

Neben Mia waren noch ein Junge und ein Mädchen da, die ich beide nicht zuordnen konnte. Mia war gerade dabei, eine Decke über die Couch zu legen, als sie aufsah und mich anlächelte. Ich ging um die Couch und legte die zwei Sitzsäcke davor ab. Sie hielt inne mit dem, was sie gerade tat, und wandte sich um, um mich kurz zu umarmen. Bereits dieser kleine Körperkontakt ließ mein Herz ein wenig schneller schlagen und sorgte dafür, dass mein Lächeln noch breiter wurde.

111 km/h  /// Julian Köster ffWhere stories live. Discover now