To know I hurt you | Taichigin

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„Noch einen Whiskey on the Rocks, bitte!", rief Tachihara dem Bartender zu und sogleich wurde ein Glas mit bestelltem Inhalt vor seine Nase geschoben. Mit einem Seufzen nahm der Ginger einen großen Schluck.
Die Musik um ihn herum dröhnte unangenehm laut in seinen Ohren, die vielen fröhlichen Gesichter gingen ihm auf den Geist.
Ja, der Krieg war vorbei, der Kampf in seinem Inneren jedoch noch nicht. Während alle anderen auf diesem Kreuzfahrtschiff sich amüsierten und feierten, versuchte der Jagdhund sich mit Alkohol abzulenken, doch seine Gedanken wollten nicht verstummen. Immer wieder tauchten die Gesichter der Mafia vor seinen Augen auf.

Der Boss, der ihm immer wieder schwierigste Aufgaben anvertraut und nie an seinen Fähigkeiten gezweifelt hatte.

Seine Untergeordneten, die ihm stets treu beiseite standen.

Der alte Mann, Hirotsu, der ihm wie ein Vater ans Herz gewachsen war.

Und ihr Gesicht. Der sture, kalte Blick. Die schmalen, weichen Lippen, die nur selten ein Lächeln zeigten. Die langen, schwarzen Haare, meist hochgesteckt, doch löste man diese Frisur, so vielen sie wie Seide über die zarten Schultern.
Gin Akutagawa.

Abermals nahm Tachihara einen großen Schluck von seinem Getränk. Der Alkohol brannte in seiner Kehle, wie die Tränen in seinen Augen. Mittlerweile sollten sie alle von seinem Verrat wissen. Es hatte sich sicher schon herumgesprochen, sowas bleibt in der Mafia nicht lange ein Geheimnis.
Der Jagdhund merkte bereits, wie seine Gedanken verschwommener wurden, doch das störte ihn nicht. Er hatte keine Missionen, er würde auch in den nächsten Wochen keine Missionen haben. Der Boss der Jagdhunde war tot, ihre Zukunft stand also in den Sternen und selbst wenn sie fortbestehen sollte, war sich Tachihara nicht sicher, ob er ein Teil davon sein wollte. Und die Mafia? Die Mafiahatte er hintergangen. Mori hatte ihn zwar noch nicht offiziell rausgeworfen, dass er jedoch Mitglied bleiben durfte, war für den Ginger ausgeschlossen.

„Hey, Tachihara! Warum bläst du hier Trübsaal, huh?"
Zwei Hände legten sich auf seine Schultern, ehe ein Barhocker neben ihm zur Seite geschoben wurde und jemand Platz nahm.
„Hast du dich jemals... so gefühlt, als gehörtest du nirgendwo dazu, Jouno?"
Der Weißhaarige hob die Augenbrauen. „Ohje, der Alkohol macht dich sentimental, was?"
Eine Antwort blieb aus, also sprach Jouno weiter. „Ich kann mich kaum noch an die Zeit vor den Jagdhunden erinnern, aber ich schätze, da muss ich ein ähnliches Gefühl gehabt haben."
„Woher weißt du das?"
„Weil immer, wenn ich an Zuhause denke, sehe ich nur die Jagdhunde. Tetchou, dich, Teruko, ja selbst den alten Chef... Mein Platz ist definitiv dort."

Tachihara nickte nur und nahm einen weiteren Schluck seines Getränks.
„Deiner etwa nicht?", vermutete Jouno und gab dem Bartender ein Zeichen, ihm ebenfalls ein Glas zu bringen.
„Ganz ehrlich? Ich habe keine Ahnung. Wenn ich an Zuhause denke, sehe ich zwei Gesichter. Und beide werden in meiner Gegenwart wahrscheinlich nie wieder so etwas wie Vertrautheit verspüren."
„Du redest von dem alten Mann und diesem schwarzhaarigen Attentäter, der nie spricht, oder?"
„Es ist ein Mädchen. Gin", stellte Michizou klar.
„Du bist in sie verliebt, oder? Als du ihren Namen gesagt hast, wurde dein Puls automatisch schneller."
Tachihara nickte nur. Der Alkohol hinderte ihn daran, zu wiedersprechen.

„Weiß sie das?"
„Ich habe es ihr mal gesagt. Aber dass sie es jetzt noch glaubt, bezweifle ich."
„Warum?"
„Weil ich sie verdammt nochmal aufs Übelste hintergangen habe!", schrie der Ginger nun beinahe. „Nachdem sie mir mal von der Vergangenheit ihres Bruders und ihr erzählt hat, haben wir uns versprochen, keine Geheimnisse mehr voreinander zu haben. Und dann stellt sich heraus, dass ich eigentlich ein Spion bin und weder meine Absichten, noch mein Posten bei der Mafia echt waren."
Jouno schwieg, lies seinen Freund zur Ruhe kommen und antwortete erst dann. „Du willst zurück zur Mafia, nicht wahr?"
„Vor allem will ich zurück zu ihr. Aber ja, ich schätze, wenn sie mir eine Chance geben würde, würde ich zurück wollen."
Eine einzelne Träne lief Tachiharas Wange hinab.

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