Kapitel 10: Verwirrend

59 2 1
                                    

Kapitel 10: Verwirrend

Sue Colby war eine winzige, blonde Frau, die man wohl durchaus als attraktiv hätte bezeichnen können, wären ihre Augen nicht völlig verquollen und die Haare wenigstens ansatzweise gepflegt. Man sah ihr deutlich an, dass sie sich seit dem Tod ihres Freundes hatte gehen lassen und es brach JJ's Herz.

„Vom FBI?", murmelte sie verständnislos, nachdem sie sich vorgestellt hatten, ließ die beiden Frauen aber dennoch eintreten.

„Ihr Verlust tut uns Leid, Miss Colby, aber wir müssen Ihnen dennoch einige Fragen stellen", sagte Emily, nachdem sie sich auf ein altes, schwarzes Sofa gesetzt hatten.

Das Wohnzimmer, in dem sie saßen, wurde gänzlich von dem Sofa dominiert und war auch sonst recht leer. Lediglich ein Fernseher und ein Bücherregal füllten es noch aus. An den Wänden hingen Fotos des Pärchens und JJ verstand sofort, warum Sue sich so hatte gehen lassen.

„Natürlich...", antwortete die junge Frau und fuhr sich über die Augen.

Nun war es an JJ, das Wort zu ergreifen: „Kannte James einen Charlie Nell oder einen Tim Brewster?"

Sue schüttelte den Kopf, bevor sie in Tränen ausbrach.

JJ und Emily tauschten einen kurzen Blick, der alles aussagte, was in diesem Augenblick zu sagen war. Sie spürten beide den kurzen Moment der Hilflosigkeit, den alle Professionalität nie verhindern konnte, und JJ war froh, dass sie sich noch nie in einer Situation wie Sue befunden hatte.

Emily stand auf und berührte sachte den Arm der weinenden Frau. „Können Sie uns von James erzählen?"

„J-jim war ein... guter Mensch. Ich... ich hätte mein Le-heben hergegeben, wenn er ... wenn er dafür leben k-könnte", schluchzte sie. „Er... er hielt immer meine Hand, wenn wir spazieren gingen und abends... er hat mich immer zum Lachen gebracht. Egal, wie schlecht es mir ging... er kann... konnte mich immer wieder aufbauen. Wie soll ich jetzt weitermachen?"

JJ seufzte innerlich kurz auf. „Man fand James in der Nähe eines Clubs... Gab es einen Grund, warum er ihn in dieser Nacht aufsuchte?"

Sue nickte schwach und legte eine Hand auf ihren Bauch. Es war eine Geste, wie sie von Schwangeren getätigt wurde und JJ wurde hellhörig.

Diese Gretchen-Tragödie, von der Spence gesprochen hatte..., schoss es ihr durch den Kopf, kann sie damit etwas zu tun haben? Es würde auch zum Profil einer Frau passen, wenn es sich um Kinder handelte. Aber warum dann die Männer töten...?

„Miss Colby, sind Sie schwanger?"

Ein erneuter Strom von Tränen verhinderte eine direkte Antwort und das Schluchzen erfüllte den gesamten Raum.

Wieder tauschten die Agentinnen einen kurzen Blick, der JJ jedoch beunruhigte. Emilys Augen sprachen von einem nur teilweise vergessenen Horror, der jenseits dessen lag, was sie tagtäglich auf der Arbeit erlebten. Es schien beinahe so, als wisse sie um die Antwort, noch bevor Sue sie aussprechen konnte.

„N-nicht mehr."

**

Morgan hätte nicht geglaubt, dass seine Lebensgeister an diesem Morgen zu ihm zurückkehren würden. Er hatte nicht geschlafen und die Tatsache, dass er die Mörderin hatte entkommen lassen, setzte ihm mehr zu, als er gedacht hätte.

Dabei war es völlig unmöglich gewesen, die Täterin zu erwischen – zumindest sagte er sich das seit einigen Stunden. Wahrscheinlich hatte er damit auch recht, aber die Wut, die sich in ihm langsam festsetzte, konnte das nicht vertreiben. Es war ein altbekanntes, äußerst ungeliebtes Gefühl.

You've reached the end of published parts.

⏰ Last updated: Jul 24, 2015 ⏰

Add this story to your Library to get notified about new parts!

Gretchentragödie [Eine Criminal Minds Fanfiction]Where stories live. Discover now