Kapitel 18

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Nachdem ich Rosa so ziemlich alle meine Gründe genannt habe, die es mir verhinderten, das Lesen und Schreiben zu erlernen, fahren wir den Berg in die grelle Tiefgarage hinunter. Doch uns stockt der Atem, als wir eines von Hamiltons Autos sehen, welches vorhin noch nicht auf dem zuletzt leeren Parkplatz stand.

"Scheiße!", flucht Rosa und schlägt mit ihren Händen gegen das Lenkrad. "Ich hätte dich nie mitnehmen sollen...", flüstert sie schließlich und steigt benommen aus dem Auto. "Scheiße!", höre ich es wieder durch die Tiefgarage hallen.

Ich bin zu schockiert, um irgendetwas zu sagen, also begebe ich mich einfach zum Kofferraum des schwarzen Minis und helfe Rosa stillschweigend beim Ausräumen. Auch im Fahrstuhl herrscht eine unangenehme Stille. Alles, was ich hören kann, ist Rosas schnelles Einsaugen und Ausstoßen der dicken Luft, die uns zu erdrücken scheint.

Das Klingeln des gewünschten Stockwerks, ist der unangenehme Willkommensgruß der Hölle in die wir uns begeben werden, sobald sich die Türen der Höhle geöffnet haben. Und als sich die Türen dann öffnen, stolpere ich beinahe ins Wohnzimmer, kann mich jedoch noch am Pfeiler retten. Nur eine Dose fällt mir aus der Tragetasche und rollt direkt auf Hamilton zu, der in seinem grauen Anzug auf der Couch sitzt, und bleibt nach der Hälfte der Strecke stehen, bis sie mit einem stumpfen Klirren auf die Seite fällt.

Rosa eilt in die Küche, versucht der angespannten Situation aus dem Weg zu gehen, aber Hamilton starrt ihr bewusst hinterher. "Rosa. In zehn Minuten möchte ich Sie im Arbeitszimmer sprechen.", brummt er inveiner tiefen, genervten Tonlage. Auch ich möchte Rosa in die Küche folgen, doch bevor ich auch nur einen Schritt gehen kann, steht Hamilton von seinem Platz auf und kommt mir mit großen Schritten entgegen. "Geben Sie mir das.", schnautzt er. Wenn Blicke töten könnten, hätte er meinem Körper in diesen Sekunden das Leben entzogen. Ich erschaudere von der Kälte seiner blauen Augen. Der typische Anzugträger-Blick eben.

"Nicht vergessen. In zehn Minuten. Arbeitszimmer.", wiederholt sich Hamilton und stellt die Tasche mit einer Wucht auf den Tresen, dass es sich so anhört, als würden alle Glasbehälter platzen.

"Ja, Mr. Hamilton. Ich werde pünktlich da sein.", haucht Rosa mit gebrochener Stimme. Oh nein!

Als ich nervös nach Luft schnappe, wird sie zum ersten Mal wieder auf mich aufmerksam. "Soll ich dir beim Einräumen helfen?", frage ich, doch Hamilton drängt sich zwischen uns.

"Birdie, Sie kommen mit mir. Ich würde jetzt mit Ihnen reden wollen." Seine Bitte, wenn man es so nennen darf, löst ein Erdbeben auf meiner ganzen Haut aus; von Kopf bis Fuß. Mist! Das wird böse enden...

Ich folge ihm den Flur entlang in eines der Zimmer, in denen ich noch nicht gewesen bin, und trete in einen hellen Raum mit vielen großen, viereckigen Fenstern. Es ist auf keinen Fall Hamiltons besagtes Arbeitszimmer, in dem er mit Rosa später noch ein Gespräch führen möchte. Es ist anders. Ein netter Raum, mit Liebe möbilisiert. Das muss eine Innenarchitektin oder so gewesen sein. Niemals hat Hamilton so viel Herz in ein Zimmer gesteckt, wenn er doch nur für seine Büroarbeit lebt.

Er möchte, dass wir uns auf die weiße Couch setzen. Jedoch habe ich Angst, sie mit meinen Klamotten schmutzig zu machen. Zum ersten Mal merke ich so richtig, wie wenig ich ein sein Leben passe. Also, noch einmal, wieso will er mich überhaupt hier haben?

"Nun...hat Rosa Sie dazu überredet, mit ihr den Einkauf zu erledigen, oder war das allein Ihre Idee?" Hamiltons Frage bringt meine Handflächen zum Schwitzen und ich verstecke sie zwischen meinen nervös zitternden Oberschenkeln. Was soll ich darauf denn schon antworten? Zur Wahl stehen mir Lüge und Wahrheit. Jedoch würden beide Möglichkeiten entweder mich oder Rosa in Gefahr bringen.

Million Dollars Between Us (Damien & Birdie - Trilogie #1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt