6.Kapitel

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"An meine erste Begegnung mit Sahra Goldberg erinnere ich mich, als wäre es erst gestern gewesen. Sie war ein reizendes, gerade einmal vierzehnjähriges Mädchen...

Es war an einem stürmischen März Tag. Dicke schwarze Wolken bedeckten den Himmel und der Regen prasselte an die Fenster des Salons.
Ich hörte, wie ein Automobil vor unserm Haus hielt und sah von meinem Buch auf...
Als die Haustür aufging und laute Stimmen zu vernehmen waren, legte auch George sein Buch zur Seite. Gemeinsam traten wir in die prächtige Eingangshalle, des viktorianischen Stadthauses.

Mitten in dem Raum stand eine kleine, feine und noch sehr junge Dame, die sich ein wenig verloren in dem großen Raum umsah.
Ihr Haar war lang, dunkel und nach der neusten Mode frisiert. Ihr Gesicht hatte noch nicht die kindlichen Rundungen verloren, doch ihre dunklen Augen blickten uns sehr erwachsen und nachdenklich an.

"Sahra, erinnerst du dich noch an meinen Sohn Geroge?" Fragte Robert höflich und geleitete die junge Dame zu uns herüber.

"Ja ich erinnere mich sehr gut" plapperte sie munter drauf los. Was ich von ihr als Waise nicht erwartet hatte.
"Und das ist seine Verlobte Clara" stellte er mich vor.
Artig reichte Sahra mir ihre kleine Hand, die in einem zart rosa Handschuh steckte und sagte: "es freut mich sehr ihre Bekanntschaft zu machen..."

Bevor ich auch nur irgendetwas erwiedern konnte, erschien Lady Catherine auf der Haupttreppe.
"Lady Catherine" rief Sahra freudig, als sie die Freundin ihrer Mutter auf der Treppe erblickte.
Stürmisch umarmte sie die Lady, was sie ein wenig zu verwirren schien.

"Du bist groß geworden" stellte Catherine fest, nachdem sie Sahra nachdenklich betrachtet hatte.
"Es wäre ja auch komisch, wenn es anders herum wäre. Nicht wahr?"

Catherine lächelte und fragte: "möchtest du erst einmal nach oben gehen und dein neues Zimmer in Augenschein nehmen? Ich habe Evelyn gebeten, dir beim Auspacken behilflich zu sein..."
Ein wenig aufgeregt folgte Sahra Lady Catherine nach oben.

"Sie ist ein ganz schöner Wildfang" stellte Robert trocken fest, als die beiden verschwunden waren. Und die Diener damit beschäftigt waren die unzähligen Koffer der jungen Dame nach oben zu schleppen.

"Ein wenig aufmunterung kann uns allen nicht schaden" verteidigte ich unser neustes Familienmitglied. "Da hast du recht" stimmte Robert mir zu, "so ist es mir tatsächlich tausendmal lieber, als wenn sie wegen dem Tod ihrer Eltern abgrundtief verzweifelt wäre..."

***

"Hat Sahra sich in eurer Familie wohl gefühlt?"
Ich nickte, "ich denke schon. Denn sie hat nie etwas gegenteiliges verlauten lassen. Und wir waren alle froh, dass sie da war.

Sie war ein kleiner Sonnenschein und brachte wieder frisches Leben in unser Haus. Sie munterte uns mit ihrem frohen Gemüt und ihrem geklapper auf und brachte uns auf andere Gedanken. Oft lachten Wir über Scherze und Witze von ihr. Und mit ihrem ruhelosen Wesen hielt sie uns ständig auf Trapp. Immer wollte sie etwas unternehmen und ein Tag, an dem sie kein kleines Abenteuer erlebte war für sie ein verschwrndeter Tag.

So kam es, dass die ganze Familie sich um ihr Wohlergehen sorgte und jeder sie zu Ausflügen, Besuchen, mit in Theater oder in den Park mitnahm. Denn alle verwöhnten sie, als wäre sie das eigene Kind oder die kleine Schwester...

Ich freute mich besonders darüber, dass sie Violette wieder ins Leben zurück brachte. Sie gingen gemeinsam spazieren oder in Kaffees... Und bald war aus der stillen in Sich gekehrten Frau, wieder eine lebenslustige junge Frau geworden...

Lady Bentley von Highclere Castle Teil IIIWhere stories live. Discover now