ALBTRAUM

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NATHANS POV


Hattest du jemals Angst? Ich meine nicht vor Albträumen, sondern eher davor, Menschen zu verlieren, die dir wichtig sind. -gesendet um 23:12 Uhr [fehlgeschlagen]


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Skeptisch hob Paul eine Augenbraue und aß seine Spaghetti weiter. Das war noch sachte ausgedrückt da er das Essen eher verschlang, anstatt das Gericht in einem Normaltempo zu verzehren. Anscheinend kochte ich gut, das Krankenhausessen war wirklich nicht das Beste auf dem Markt oder er hatte keine dezente Mahlzeit seit dem Militär. Einen Kommentar konnte ich mir dabei nicht verkneifen.

„Und schmeckt es?", fragte ich belustigt und legte meinen Kopf schief. Er nickte nur, seinen Blick nicht vom Teller hebend und versuchte sein Tempo ein wenig zu regulieren. Trotzdem aß er immer noch schneller als ein gewöhnlicher Mensch, aber immerhin versuchte es. Während dem Essen lag eine Stille über uns und nach seinem dritten Teller, war er schließlich auch satt.

Nachdem wir das Geschirr in die Spülmaschine legten, ging ich ins Wohnzimmer und bemerkte wie Paul unschlüssig dastand. Anscheinend wusste er nicht was er machen sollte, also machte ich ihm mit einer Kopfbewegung klar, dass er sich neben mich auf das Sofa hinsetzten könnte. Zögernd setzte er sich in Bewegung und ließ sich mit einem leichten Stöhnen neben mich nieder.

Ich schaltete den Fernseher ein, der noch unverändert vom Umzug auf dem Boden stand und suchte uns einen Horrorfilm heraus. Mit einem Blick zu Paul, versicherte ich mir, dass er nichts dagegen hatte. Zugegebenermaßen nutzte ich die Chance aus, mit jemand anderen gruselige Filme zu schauen. Ich liebte dieses Genre, aber ich war einfach viel zu ängstlich, so etwas alleine und unbeschützt zu genießen.

Zuerst wirkte er leicht angespannt, doch nach einer Weile lockerte er sich auf und lächelte sogar mit, als ich den Film kommentierte und den unschuldigen Fernseher anmeckerte. Ich meine, wer war so dumm und teilte sich im stockfinsteren Wald auf, um nach einem Ausweg zu suchen. Da könnte man gleich stehen bleiben und warten, bis der Mörder einem mit offenen Armen erwartete.

„Wieso, verdammt nochmal, teilt ihr euch auf, wenn es stockfinster ist und ihr von einem Serienkiller verfolgt wird? WIESO?!", jammerte ich und sah zu, wie die Person durch eine Kettensäge in zwei geteilt wurde.

Dabei fing Paul an zu lachen und mir fiel auf, dass ich dieses Geräusch erst das erste Mal von ihm hörte. Und ich musste zugeben, er hatte ein wunderschönes Lachen. Außerdem bemerkte ich, dass er ein Grübchen auf einer Seite seines Gesichts hatte. Süß. Seufzend stellte ich fest ich, dass meine Gedanken fast wieder zu seinen Augen abschweiften und wollte mir selbst eine reinhauen.

Ich grinste zurück und suchte nach einem neuen Sender, da der Film (zum Glück) zu Ende war. Gelangweilt zappte ich durch die ganzen Kanäle und wurde von einer Schießerei erschreckt. Auf dem neuen Sender lief ein Film und ein eiskalter Krieg war am Laufen, Soldaten stürmten aus deren Lager und versuchten sich in Sicherheit zu bringen. Besorgt sah ich zu Paul und bemerkte, dass er mit jeder Sekunde seine positive Miene fiel. Ich schluckte schwer und griff nach der Fernbedienung.

Schnell schaltete ich weiter und wollte mich entschuldigen, doch er kam mir zuvor. „Die alle haben keine Ahnung was dort wirklich alles passiert. Alles was sie meinen zu wissen sind verstörende Fantasien und Vorurteile. Die meisten stimmen nicht einmal."

Sprachlos sah ich ihn an und bemerkte, wie sehr man wirklich unter seinen Erfahrungen im Krieg leiden konnte. Ich wusste zwar, dass die Konsequenzen vom Militär unbeschreiblich waren, jedoch habe ich es nie hautnah miterlebt, wie jemand aktiv darunter litt. Wie sehr ein Trauma den Alltag beeinflussen kann.

Nathan |  ✓Where stories live. Discover now