Kapitel 8

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Ein warmes Gefühl breitete sich in Harukas Mund aus. Es schmeckte süß und lecker. Was war das bloß? Der Nebel in ihrem Kopf begann sich zu lichten. Sie kannte diesen Geschmack... diesen Geschmack nach Blut.
Erschrocken riss das Mädchen die Augen auf. Was hatte sie nur getan?!
"Haruka, reiß dich zusammen." hörte sie eine schmerzerfüllte Stimme während ihr Blick wieder klarer wurde. Wem gehörte diese Stimme bloß? Das Mädchen Blinzelte ein paar mal und vor ihre Augen sah sie einen schlanken Arm. Rotes Blut lief an den Stellen hinunter, wo zwei scharfe Zähnchen steckten. Ihre eigenen scharfen Zähnchen.
Damian! Jetzt viel es ihr wieder ein. Er war verletzt und sie wollte ihm helfen. Doch stattdessen hatte sie... Erschrocken über sich selbst kroch Haruka hastig ein paar Schritte zurück.
"Haruka beruhige dich. Es ist nichts passiert." Da war sie wieder, diese Stimme. Das war nicht Damians Stimme. Dafür war sie viel zu hell. Aber wer war das dann? Langsam hob sie den Kopf und sah Kyoko vor sich stehen. Ihr rechter Arm blutete stark, aber auch sonst war sie übersät mit blauen Flecken. Haruka wollte etwas sagen, aber ihre Stimme versagte sofort. Tränen aus Blut sammelten sich in ihren Augen.
"Hey, es ist doch nichts passiert." beruhigend nahm Kyoko sie in den Arm und strich über ihre weißen Haare. Doch das Mädchen konnte sich einfach nicht beruhigen. Sie hätte fast die Person verletzt, die so viel für sie getan hatte. Wie konnte sie nur? Wie konnte sie das nur jemals wieder gut machen? Ihr fiel ein, wie Damian damals über Vampire geredet hatte. Das sie rücksichtslose Monster seien. Er hatte Recht. Sie war ein Monster.
Eine grausame Stimme riss das Vampirmädchen aus ihren Gedanken.
"Glaubst du etwa, ich bin schon am Ende Schlägerbraut?" knurrte diese. Harukas Blick wanderte zu einem hochgewachsenen Mann, der ziemlich verbeult aussah. Das war der Mann, der Damian so zugerichtet hatte, schoss es ihr durch den Kopf. Wäre er doch bloß nicht gewesen...
"Hast du immernoch nicht genug?" wollte Kyoko grimmig wissen. Daher also ihre blauen Flecken. Sie hatte sich mit diesem riesen Mann angelegt und ganz offensichtlich war das Mädchen mit dem kupferfarbenden Haar stärker gewesen. Doch der Riese wollte seine Niederlage nicht eingestehen. Er wankte auf die kleine Gruppe zu und hob die Faust.
"Man sollte wissen, wann es zuende ist." rief Kyoko genervt und stand wieder auf um ihm entgegen zu treten. Sie holte Handschellen aus ihrer Tasche, die mit Rubinen bestückt waren.
"Im Namen der japanischen Jäger-Vereinigung sind Sie hiermit festgenommen. Ihnen wird brutaler Mord an unschuldigen Menschen und die Missachtung des Koexistenz-Gesetzes vorgeworfen." Während Kyoko sprach, blieb Haruka einfach dort sitzen wo sie war. Sie wollte nicht noch mehr Probleme verursachen, als sie eh schon gemacht hatte.

***

"Festnehmen? Das ich nicht lache. Ich werde mich gewiss nicht von einem Schoßhündchen der Vereinigung festnehmen lassen." Die laute Stimme des Vampirs hallte durch den Raum.
"Schoßhündchen?" Kyoko wurde langsam echt sauer.
"Wen nennst du hier Schoßhündchen?!" Sie hatte ja wirklich vorgehabt sich zusammen zu reißen. Doch dieser Typ ging ihr mittlerweile gehörig auf die Nerven. Erst hatte er Damian verletzt, dadurch sogar Harua durcheinander gebracht und jetzt bezeichnete er Kyoko als Schoßhündchen. Schade das die Vereinigung noch mit ihm reden musste. Das Vampirmädchen hätte ihn am Liebsten umgebracht. Seinen riesigen Kopf gegen eine Wand geschlagen bis diese tiefrot gefärbt war.
Kyoko schloss die Augen und atmete einmal tief durch. Sie spührte, das sie ruhiger wurde. Langsam ging sie auf ihrem Gegenüber zu, nachdem sie die Augen wieder geöffnet hattte. Der männliche Vampir wanklte auf sie zu. Man sah sofort, das er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Sie hatte ihn ganz schön übel zugerichtet. Aber gegen ein Monster durfte man sich eben nicht zurückhalten. Schließlich würden diese vampirischen Verbrecher das auch nicht tun. Schwere Situationen erforderten schwere Maßnahmen. So war das nun mal.
Kyoko bewegte sich leichtfüßg zwei Schritte nach vorn. Als ihr Gegner zuschlagen wollte, trat sie einen Schritt zur Seite und ließ das eine Ende der Handschellen zuschnappen. Auch der Rest ging ziemlich einfach. Sie duckte sich unter einem erneuten Schlag hindurch und verfrachtete auch das andere Ende um das übrig gebliebende Handgelenk. Sofort ging der Vamir zu Boden. Die Blutkristalle im Handgelenk taten ihre Arbeit und raubten ihm die Kräfte. Anders als bei den Schuckstücken der Vereinigungs-Vampire, unterbanden diese Handschellen jegliche vampirische Kraft. Momentan war dieser Herr also nichts weiter als ein normaler Mensch. Solche Handschellen waren allerdings ziemlich teuer und selten. Daher war dies nur eine Zwischenlösung für den Transport. Kraftlos sackte der Vampir auf den Boden.
"I-ihr verdammten.." keuchte er hervor doch Kyoko hörte nur noch mit halben Ohr hin. Sie ging zu Damian und hob ihn hoch. Für sie als Vampirin war das eine Leichtigkeit. Den festgenommenen Vampir zog sie mit der freien Hand einfach hinter sich her.
"Haruka, komm wir gehen heim." sagte sie und ging vor. Das kleine, tollpatschige Mädchen stolperte ihr nach. Man sah deutlich, das sie sich von dem Ereignis vorhin noch nicht erholt hatte. Ihre Hände zitterten immernoch. Kyoko konnte es ihr nicht verübeln. Es war so, als würde ein verwandelter Jungvampir das erste Mal erkennen, das er ein Monster geworden war. Eigentlich sollte das bei Wesen wie Haruka niemals der Fall sein, aber sie hatte nun mal ihr Gedächtnis komplett verloren. Wahrscheinlich war das ein großer Schritt in die richtige Richtung, auch wenn Damians Menschlichkeit bald dabei draufgegangen wäre. Gut das Kyoko noch dazuwischen gehen konnte. Vampirbisse waren ganz schön schmerzhaft, selbst für die Rothaarige, die sonst nicht sonderlich schmerzempfindlich war.
"Haruka, beeil dich ein bisschen." meinte sie, als sie merkte das die kleien Vampirin zurückfiel. Das weißhaarige Mädchen schreckte auf und holte sie schnell ein. Während sie Haruka so beobachte, dachte sie an ihre eigene Zeit als Jungvampirin zurück. Auch sie hatte eine Phase gehabt, in der sie erst lernen musste, mit den Vampir-Instinkt umzugehen. Jedoch hatte sie nie etwas angestellt, was sie aus tiefsten Herzen bereuhen würde. Sie seufzte.
"Kyoko.." hörte sie plötzlich eine leicht zitternde Stimme neben sich. Haruka hatte sie zum ersten Mal mit ihren Namen diret angesprochen.
"Damian.. wird doch wieder gesund, oder?" Die Kleine machte sich tatsächlich Gedanken um ihn. Kyoko grinste leicht. Wenn Damian das wüsste, würde er sich gewiss wieder aufregen. Er mochte ja keine Vampire. Aber dieses Mädchen hatte ihn ganz offensichtlich gern.
"Natürlich, mach dir da mal keine Gedanken. Wir haben die besten Ärzte in der Vereinigung."

Schicksal der Nacht [Pausiert]Where stories live. Discover now