Kapitel 14

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Riley genoss die Sonne. Wieder einmal saß die Frau auf der Parkbank. Sie hatte die Augen zugemacht und erfreute sich an den warmen Strahlen, die sie auf ihrem Gesicht spürte.

Ein wunderschöner Tag um zu töten. Die Vögel zwitscherten und man bemerkte das Leben der Stadt. Wegen der Hitze trug Riley nur ein schwarz-violettes Tank Top, anstatt ihrer Lederjacke, doch die ebenfalls ledernen Handschuhe hatte sie bei sich. Die goldene Taschenuhr versteckte sie in ihrer rechten Hosentasche und es war an der Zeit diese herauszunehmen. Der glänzende Deckel schimmerte im Licht der Sonne.

Behutsam strich sie über die Gravierung, die sich auf der Rückseite befand, dann klappte sie die Uhr auf und starrte auf das alte Ziffernblatt. Es war schon etwas vergilbt, und doch funktionierte dieses Uhrwerk noch tadellos. Mit ihren grazilen Fingern fuhr sie an der Seite entlang, bis sie eine kleine Erhebung wahrnahm.

Sie wollte gerade darauf drücken, als in diesem Moment etwas vibrierte. Nach nur wenigen Augenblicken fand sie die Quelle des Störenfrieds. Ihr Handy.

Wer ruft denn jetzt an? Jeder weiß, dass ich beschäftigt bin! Entnervt, weil ihr jemand in ihr Ritual pfuschte, schaute sie auf das Display. Es war Megan. Was gibt es denn diesmal wichtiges zu besprechen, dass nicht warten kann?

„Was ist?", fragte Riley mit einem verärgerten Unterton.

„Komm bitte um drei in mein Büro. Es ist wichtig. Deinen Auftrag habe ich Ava und Alec übergeben, sie sind schon unterwegs."

Verdutzt über diese Aussage, fehlten ihr kurz die richtigen Worte. Einige Sekunden verstrichen.

„Riley, bist du noch dran?", kam es aus der Leitung.

„Ja, und ich bin nicht gerade erfreut. Man nimmt mir keine Fälle weg."

„Ich glaube, du vergisst manchmal, wer von uns zwei der Boss ist. Wenn ich es so entscheide, dann wird es auch so gemacht, verstanden?" Riley rollte mit den Augen.

„Riley, ich habe dich ausgebildet, ich kenne dich. Also hör auf, mit den Augen zu rollen und empört über meine Anordnung zu sein."

Verdammt, sie kennt mich einfach zu gut. Die Stille nahm Megan als eine Bestätigung ihrer Vermutung wahr und sie redete weiter.

„Wir sehen uns dann in meinem Büro. Und, Riley", Megan hielt kurz inne, „sei diesmal pünktlich." Mit diesen abschätzigen Worten legte ihre Chefin auf.

Die Frau auf der Parkbank war sauer, doch sie konnte nichts dagegen machen. Megan stand nun mal eine Stufe höher als sie. Riley versuchte, sich abzuregen, indem sie ein bisschen im Park spazierte.

Die Luft tat ihr gut und die bunten Farben der Blätter verliehen dem Ganzen eine fröhliche Stimmung. Da ihr noch eine Viertelstunde blieb, bis sie bei Megan antanzen musste, vergnügte sie sich mit der Idylle des Herbsts.

Von allen Jahreszeiten war ihr der Herbst am liebsten, nicht nur wegen des Farbenspiels und der hereinbrechenden Kälte. Ihr gefiel, dass man erkannte, wie vergänglich alles ist, und, dass jedes Leben einmal sein Ende finden würde. Wie die Blätter, fiel nur ein Leben früher als das andere, doch irgendwann würde jedes seinen Weg nach unten beschreiten. Deswegen machte es Riley auch nichts aus, Menschen zu töten.

Es kommt lediglich auf die Zeit an. Ich helfe nur dem Baum des Lebens. Denn wenn er nicht alle Blätter verliert, braucht er unnötig Nährstoffe, um diese paar zu versorgen. Irgendwann werden aber die Reserven aufgebraucht sein, und ehe der Kreislauf von neuem beginnen kann, stirbt der Baum, und somit alles zukünftige Leben. Ich bin nur ein Hilfsmittel für die Keimbahn.

***

Wie gebannt starrte sie auf ihre goldene Taschenuhr. 5, 4, 3, 2, 1, Showtime.

Selbstbewusst klopfte sie an die massive Zedernholztür. Auf Augenhöhe war ein kleines, metallenes Schild mit den Worten ‚Megan Foster, Direktorin der Assassin GmbH' angebracht. Riley wartete noch ein bisschen, dann trat sie ein.

„Und? War ich pünktlich genug?", fragte sie gleich als erstes.

„Ich bin beeindruckt." Zufrieden setzte sie sich auf die Couch, die links im Raum stand. „Irgendwie habe ich das ungute Gefühl, dass jetzt etwas kommt, dass mir gar nicht gefällt." Ihr scharfsinniger Instinkt hatte Riley noch nie enttäuscht, auch diesmal nicht.

„Ich habe mir die Kandidaten jetzt nochmals genauer angesehen und ich finde, dass Sylvester gut zu dir passen würde. Immerhin bist du mit seinen frechen Antworten gelassen umgegangen. Er wird sich jetzt auf jeden Fall ein zweites Mal überlegen, was er zu wem sagt."

Sie war entsetzt. Ich werde diesen Idioten sicher nicht unterrichten!

Erstens, der Typ heißt Sylvester? Was ist denn das für ein bekloppter Name? Zweitens, ich werde nicht mit Kürbiskopf zusammenarbeiten. Drittens, ich danke dir für das Kompliment, gut mit der Situation umgegangen zu sein." Megan sah sie ernst an.

„Erstens, du bist nicht in der Lage, einfach Forderungen aufzustellen. Zweitens, du hast keine Wahl und drittens, es interessiert mich nicht, was du davon hältst. Du machst es, oder du bist raus, ganz einfach. Ich habe mir lange genug deine egoistischen Meinungen anhören müssen, und weißt du was? Du bist nicht mehr die Begehrteste. Es wartet genügend Frischfleisch, deinen Platz einzunehmen. Riley, du wirst jetzt 31 Jahre. Irgendwann ist auch deine Zeit vorbei." Mit diesem Anschiss hatte die Frau nicht gerechnet.

Wie kann sie es wagen, mir zu sagen, ich sei alt!

„Drohst du mir etwa?", zischte sie. Rileys Augen funkelten, während Megan gelassen antwortete.

„Es sollte eher mehr eine Warnung sein."

Sie wusste, wenn sie jetzt widersprechen würde, würde sie verlieren. Außerdem wollte sie es sich mit ihrer Chefin nicht verscherzen. Megan mag zwar sehr nett und nachgiebig sein, aber wenn sie einen Befehl erteilt, sollte man lieber die Klappe halten.

„Also wirst du Sylvester dein Können und dein Geschick weitergeben?", fragte Megan herausfordernd.

„Natürlich", antwortete sie, sehr darauf bedacht, dass kein sarkastischer Unterton zu vernehmen war.

„Sehr schön. Hier ist seine Akte. Lies sie dir gut durch. Trainingsstart ist morgen früh." Stumm nahm Riley die dünne Mappe in die Hand. Danach verabschiedete sie sich mit einem kurzen Nicken und verschwand hinter der Tür.


AuftragskillerWhere stories live. Discover now