Epilog

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Es war ein recht sonniger Novembertag. Die Blätter raschelten leise im Wind, der immer wieder kam, und die Vögel sangen ihre Lieder. Das Laub, das auf den Boden fiel, machte die eintönige Erde zu einem Meer aus warmen Farben. Der Himmel war mit flauschigen Schäfchenwolken bedeckt, die in ihrem reinsten Weiß erstrahlten.

Jason Coleman senkte sein Haupt und betrachtete die Umgebung. Alle, in schwarzen Stoff gehüllt, weinten und schluchzten in sich hinein. Sie bildeten einen Halbkreis und versammelten sich vor dem grauen Marmor. Im Hinterkopf erklang die beruhigende Stimme des Pfarrers, der eine Stelle aus der Bibel zitierte.

„Die Seelen der Gerechten sind in Gottes Hand und keine Qual kann sie berühren. In den Augen der Toren sind sie gestorben, ihr Heimgang gilt als Unglück, ihr Scheiden von uns als Vernichtung; sie aber sind in Frieden. In den Augen der Menschen wurden sie gestraft; doch ihre Hoffnung ist voll Unsterblichkeit. Ein wenig nur werden sie gezüchtigt; doch sie empfangen große Wohltat. Denn Gott hat sie geprüft und fand sie seiner würdig. Alle, die auf ihn vertrauen, werden die Wahrheit erkennen und die Treuen werden bei ihm bleiben in Liebe. Denn Gnade und Erbarmen wird seinen Erwählten zuteil." Es waren die ersten neun Verse aus dem dritten Kapitel des Buchs der Weisheit aus dem Alten Testament.

Die Worte passten perfekt und die Trauer saß tief. Es herrschte ein Moment der Stille und jeder dachte über das Gesprochene nach. Ich hoffe, dein Tod war nicht allzu schmerzhaft und er hat erst danach deinen Körper verschandelt. Luke! Jason konnte es noch immer nicht fassen. Er hielt es nicht für möglich, und doch war es wahr.

Wenn du jemanden davon erzählst, dann fällt auch deine Fassade. Was würde deine Verlobte zu einem Lügner sagen? Oder zu einem mörderischen Sohn. Du willst sie doch nicht verletzen und für immer verlieren. Rileys Worte verschwanden nicht aus seinem Gedächtnis. Sie hat recht. Isobel übernahm nun den Platz des Pfarrers und begann die Trauerrede. Er blendete ihre Stimme aus und drehte seinen Kopf zur Seite.

Ach Scarlett! Dein Sohn lebt! Aber er ist nicht mehr derselbe. Ich wünschte, ich könnte dir alles erzählen, aber du würdest mir niemals verzeihen. Die Frau hatte wässrige Augen. „Lass es raus", flüsterte er ihr zu. Sie sah zu ihm hoch. Ehe sie nicken konnte, liefen schon Tränen ihre Wangen hinab. Sorgsam wischte er sie ihr weg.

Alle, die auf ihn vertrauen, werden die Wahrheit erkennen und die Treuen werden bei ihm bleiben in Liebe. Der Mann hoffte, diese Phrase stimmte. Mit Isobels abschließenden Worten war die Trauerfeier offiziell beendet. Jeder verabschiedete sich und legte sein Grabgesteck bei. In kleinen Grüppchen gingen die Leute zu ihren Autos und fuhren zu einem naheliegenden Gasthaus zum Leichenschmaus. Jason wollte sich seinen Arbeitskollegen anschließen, als ihn jemand beim Arm packte.

„Kann ich dich kurz sprechen?", fragte Scarlett. Er wusste nicht, was sie wollte.

„Natürlich. Das kannst du jederzeit." Sie nahm seine Hand und Jason folgte ihr im gleichen Tempo. Sie waren jetzt allein und ungestört.

„Was ist denn los?" Kurz zögerte sie, dann begann sie zu sprechen.

„Ich weiß, es ist ein schlechter Zeitpunkt, es dir zu sagen. Eigentlich hatte ich es ja schon heute früh vor. Nur warst du da so abwesend und durcheinander, dass ich es für besser gehalten habe, bis morgen zu warten. Aber wenn ich eine Schwäche habe, dann die, dass ich nichts auf lange Zeit verheimlichen kann."

Das stimmte. Vor jedem Weihnachten und vor jedem seiner Geburtstage, die sie bis jetzt zusammen verbracht hatten, schenkte Scarlett ihm ihr Geschenk schon Wochen davor, weil sie nicht so lange warten konnte.

Eine Eigenschaft, um die er sie jetzt beneidete. Ich müsste dir auch etwas Dringendes erzählen. Seine Verlobte fasste sich und berichtete ihm ihre Neuigkeiten.

„Jason, ich bin schwanger."

~Alles Leben findet einmal sein Ende, es ist nur eine Frage der Zeit.

Doch manchmal kann gerade das Ende wie ein Phönix aus der Asche empor steigen, und zu einem neuen Anfang werden.~

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