Kapitel 18

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Sechs Wochen waren mittlerweile vergangen, seit Jason beim FBI in Washington, D.C., arbeitete. Es war ein Vollzeitjob und der junge Mann hatte kaum noch Freizeit, doch es machte ihm Spaß, dort sein Geld zu verdienen. Jetzt musste er zwar viel Papierkram erledigen, aber bald schon würde er seine erste Verfolgungsjagd haben, da war sich Jason sicher. Die Leute waren nett, das Wetter für den Spätsommer erträglich und die Stadt voller unbekannter Plätze, die es noch zu erkunden gab.

In fast jeder freien Minute nutzte Jason die Zeit, um diesen Ort besser kennenzulernen oder machte Überstunden, damit man sah, wie fleißig und ehrgeizig er war. Schnell gewöhnte er sich an seinen neuen Arbeitsplatz und seine Kollegen. Von allen schloss er Derek sofort in sein Herz. Er war genau derselbe Typ wie er, und sie waren sich in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich. Oft ging er mit ihm und Christopher auf ein Bier in eine gutbesuchte Kneipe im Stadtzentrum. Auch Natasha, die eine Woche nach ihm in die Abteilung kam, freundete sich mit ihnen an.

Manchmal wenn er in seinem Bett in dem Einzimmerapartment, das er gemietet hatte, lag, dachte er noch an Boston, und seine alten Freunde. Doch Boston lag in der Vergangenheit und Jason konzentrierte sich auf die Gegenwart. Er lebte jetzt in Washington und das war auch gut so. Wie jeden Tag, an dem er zur Arbeit musste, machte er sich einen Kaffee, kleidete sich in Sakko und Hose, und verließ pünktlich um halb acht das Haus, um den Bus nicht zu verpassen. Die Morgensonne schien ihm ins Gesicht, und für einen Moment lang, genoss er mit geschlossenen Augen die Wärme.

Plötzlich rammte ihn etwas. Gleich danach spürte er brennende Hitze auf seiner Brust und er riss die Augen wieder auf. Mit einer reflexartigen Bewegung sprang er einen Schritt zurück, dann erkannte er, dass es eine junge Frau war, von der er soeben angerempelt wurde, und dass das Brennen von dem Kaffee kam, den sie dabei ausgeschüttet hatte. Ein großer, brauner Fleck machte sich auf dem grauen Sakko, dem darunterliegenden weißen Hemd und der hellblauen Krawatte sichtbar.

„Ach du meine Güte! Das tut mir schrecklich leid. Ich wurde von der Sonne geblendet und habe Sie nicht kommen sehen", entschuldigte sich die Frau, während sie versuchte mit ihrem Ärmel den restlichen Kaffee von Jasons Hemd wegzuwischen. Er selbst war noch so geschockt von der Kollision, dass er gar nichts darauf antwortete.

„Ich Tollpatsch, ich", sagte sie sich immer, während sie weiterrubbelte.

„Es ist auch meine Schuld. Ich hätte besser aufpassen müssen." Endlich fand er seine Stimme wieder. Nach diesem Satz blickte sie zu ihm hoch. Die grünen Augen hinter einer viel zu großen Brille starrten ihn hoffnungsvoll an.

„Nein, das stimmt nicht." Wieder sah sie weg.

„Na gut, dann einigen wir uns einfach darauf, dass ich schuld am Zusammenstoßen bin, und Sie an dem Kaffee." Diesmal musste sie grinsen, und nickte.

„Sie haben aber ziemlich viel Humor, für jemanden, der gerade eine brühendheiße Flüssigkeit auf seinen Anzug abbekommen hat." Jetzt musste er auch grinsen.

„Tja, ich bin nun mal ein Optimist", meinte er.

„Sie haben sich ja Ihren Ärmel ganz dreckig gemacht."

„Na ja, das war ja wohl das Mindeste, das ich für Sie tun konnte." Erst jetzt bemerkte er ihren strahlenweißen Kittel.

„Sind Sie Ärztin? Wenn ja, dann sollten Sie das dringend abwaschen. Sonst glauben am Ende noch alle, Sie wären unhygienisch."

„Nein, ich bin in der Pharmaziebranche tätig. Aber ja, im Büro werde ich das schon wieder sauber kriegen. Sie sollten sich mehr Gedanken machen." Er sah auf sich herab.

Tatsächlich, sie hat recht. Ich sehe fürchterlich aus. So kann ich nicht erscheinen. Hektisch blickte er auf seine Armbanduhr.

„Ach herrje, Sie müssen bestimmt zur Arbeit. Ich will Sie nicht länger aufhalten", sagte sie, während ihr eine blonde Strähne ins Gesicht fiel. Sie beachtete ihn nicht weiter und bückte sich. Jason sah, dass die Frau vor lauter Schreck anscheinend ihre Arbeitsutensilien fallen gelassen hatte und diese jetzt eilig zusammenklaubte.

„Ich muss sowieso noch mal nach Hause und mich umziehen. Außerdem ist mir mein Bus schon weggefahren, also ist es egal", erwiderte er und beugte sich hinunter. Jason half ihr mit den Zetteln. Als alles aufgehoben war, richteten sie sich wieder auf und schauten sich an.

„Ich muss jetzt wirklich los, aber ich möchte mich für das Missgeschick revanchieren. Wie wärs mit Kaffee? Aber diesmal, ohne auf ihrem Hemd zu landen."

„Klingt fabelhaft", antwortete er und las ihren Namen auf dem kleinen Schild, oberhalb der rechten Brusttasche, „Miss Anderson."

„Scarlett", verbesserte sie ihn und streckte ihm die Hand entgegen.


AuftragskillerWhere stories live. Discover now