Kapitel 8

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„Du lässt dich also auch mal wieder blicken?", frage ich und sehe ihn mit Absicht ein wenig abgehoben an, um so zu tun, als würde er mir nichts ausmachen, dass wir so lange schon nicht mehr miteinander geredet haben. Das genau das Gegenteil der Fall ist, muss er ja nicht wissen und ich werde es ihm garantiert auch nicht auf die Nase binden. Er soll es nicht erfahren. Newt lacht wieder, sein typisches Newt-Lachen, das ich jetzt schon ein paar mal bei ihm gesehen habe. Wahrscheinlich ist es so normal und ich kann mich daran gewöhnen. „Du hast mich ja anscheinend nicht gebraucht ... Du warst ein sehr braves Mädchen, hast dich nicht in gefährliche Situationen begeben und ich hatte eigentlich nicht viel zu tun. Ich konnte mich endlich mal wieder zurücklehnen und mal eine Tasse Tee trinken, während ich ganz schön entspannen konnte. Danke, May, das habe ich wirklich gebraucht." Das, was er sagt, ist wie ein Schnitt in mein Herz, ich weiß nicht, warum mich das trifft. Ich weiß, dass wir beide gerade dabei sind, sehr viel zu scherzen und dass er das sicherlich auch nicht böse meint. Er will mich sicherlich nur aufziehen und ich habe ja eigentlich auch damit angefangen, aber trotzdem trifft mich es. Ich habe mich so gefreut, ihn zu sehen. Mein Puls hat sich sogar erhöht, so habe ich zumindest das Gefühl. Ob es daran liegt, dass er übernatürlich ist oder ob ich ihn einfach nur sympathisch finde, das weiß ich nicht. Ich bin also nett gewesen? Zu nett etwa? Soll ich in Zukunft mehr Mist bauen, damit er wieder mal auftaucht und mit mir redet? Ich glaube, ich sollte mir einfach nichts anmerken lassen, ich muss jetzt sicherlich genau so reagieren und dann wird das auch wieder alles in Ordnung gehen. Sicherlich denkt er auch, was ich denn mache, weil ich angefangen habe, ihn aufzuziehen. „Deine Zeit ist dann aber jetzt vorbei, tut mir sehr leid. Die kleine May muss dich um einen Gefallen bitten", meine ich und rutsche mit meinem Schuh über den Boden und kicke ein paar Steine weg. „Oh, du siehst mich nicht mehr an und fängst nervös an, auf den Boden einzuhacken. Was ist passiert? Sag mir deinen Auftrag!" Er klingt zwar noch immer frech, doch es kommt mir so vor, als würde ein gewisser Unterton mitschwingen, der interessiert ist. „Es wird dich sowieso nicht interessieren", wimmele ich ab. Keine Ahnung, warum ich jetzt so einen Rückzieher mache, doch ich habe Bedenken, dass er mich nicht ernst nehmen wird oder dass er mich für verrückt halten wird. Es könnte mir doch eigentlich auch egal sein, was er von mir denkt, doch das ist es auch nicht. Die Luft hier scheint mir wirklich nicht gut zu tun. „May, du sagst es mir jetzt. Ich merke, dass du nicht weißt, ob du mir vertrauen kannst, aber das kannst du ...", er macht eine kleine Pause, „zumindest fast immer, wenn ich nicht gerade zu einem Troll mutiere und alles hier abschachte." Oh mein Gott, ist er witzig ... Sarkasmus lässt grüßen. Warum kann er denn nicht einfach mal ernst bleiben, wie ich es auch versuche? Was jetzt aber leider nicht klappt, aber er hat angefangen, solch einen Blödsinn zu reden. Ich habe das Gefühl, dass er weiß, was ich brauche. Das hat mich locker gemacht. Ich wäre von mir aus nur nie auf die Idee gekommen, zu versuchen, mich zu entspannen. Newt läuft nun ein paar Meter weiter in den Wald, ich folge ihm. Seine Schritte hört man nicht, obwohl man genau sieht, wie seine Füße den Boden berühren und meine Schritte dagegen klingen, wie wenn ein Elefant hier trampeln würde. Er lässt sich an einem Baumstumpf nieder und klopft neben sich auf den Boden. Ich setze mich nun auch. Einatmen, ausatmen! Ich kann es ihm erzählen! „Sicherlich hast du hier alles mitbekommen, was die anderen alles für Projekte haben und was ihr Ziel ist", versuche ich es erst einmal und versuche, zu erkennen, ob er mir folgen kann. Dann könnte ich nämlich den größten Teil einfach weglassen und bräuchte ihn nicht zu erzählen. Newt nickt verständnisvoll. Welch eine Erleichterung! „Du willst, dass ich herausfinde, ob das alles, was sie dort bauen Sinn macht und Zukunft hat oder?" Ich starre ihn an. Woher weiß er das denn bitte schon wieder? Kann er vielleicht doch Gedanken lesen? Newt rammt mir so sanft wie möglich seinen Ellbogen in die Seite und fängt an, zu schmunzeln. „May, starre mich nicht so an, als würde ich irgendein böser Magier sein. Ich konnte es dir einfach ansehen. Und so abwegig war es jetzt auch nicht. Ich helfe dir, keine Sorge." Ich fange an, zu strahlen. „Wirklich?" Mein Herz fängt an, schneller zu schlagen, da ich nun so gespannt bin. Er hat wirklich zugesagt! Ich habe es geschafft, ohne zu sterben! Ja! „Natürlich, das ist kein Problem, das mache ich gerne", lächelt er mit seinem verschmitzten Lächeln. Ich kann mich nicht mehr halten, ich beuge mich ein Stück nach vorne, im Inbegriff, ihn zu umarmen. In der Bewegung fällt mir ein, dass ich ihn ja gar nicht umarmen kann, da er durchsichtig wie Luft ist und er es steuern muss, wer ihn berühren kann. Dies wird bei mir garantiert nicht der Fall sein und so wird mein Gesicht gleich eine schöne Bekanntschaft mit dem Boden machen. Innerhalb der Millisekunden, in der mir das durch den Kopf geht, stelle ich mich schon einmal darauf ein, gleich auf dem Boden zu landen, doch dann ist das nicht der Fall. Ich lande mit einer ziemlich verkrüppelten Haltung, die sich aufs Hinfallen gefasst macht, in seinen Armen. Er hat sich kurzfristig dazu entschlossen, dass ich ihn berühren darf! Diese Entscheidung muss er unbewusst getroffen haben. Ich kann es gar nicht glauben, dies macht mich so glücklich, dass ich gar nicht daran denke, wie verkrüppelt diese Umarmung gerade eigentlich ist. Ich grinse wie ein Honigkuchenpferd. Newt ist wirklich ein toller Freund.

Angels in paradise [Maze Runner/Newt FF]Onde histórias criam vida. Descubra agora