Kapitel 21:

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Ich sitze lange dort mit Kili auf meinem Schoß und trauere um seinen Tod, bis Legolas von unten nach mir ruft. Erst dann fällt mir auf, dass ich keinen Kampf von Arzog und Thorin auf dem gefrorenen See höre und ebenfalls die Schlacht der fünf Heere ist still vor dem Erebor. Ich war so in Trauer, dass alles um mich herum so egal war.

„Talia!", höre ich Legolas erneut nach mir rufen.

Ich schenke ihm jedoch keine Antwort, da ich viel zu sehr im Schmerz verfangen bin und ich kein Wort aus mir herausbekomme. Ich höre, wie seine leichten Schritte immer näherkommen und er am Rande hochklettert. Er bleibt abrupt stehen, als er Kili in meinen Armen sieht. Nach einer langen Weile erst traut er sich an mir vorbei zu gehen, ohne auch nur etwas zu sagen. Ein letztes Mal bleibt er stehen und schaut zu mir, diesmal schenke ich ihm ebenfalls einen Blick und wir schauen uns an, aber die Blicke haben keine Bedeutung. Aus irgendeinem Grund tröstet er mich nicht und das will ich auch nicht. Es würde mir nicht helfen. Im Hintergrund höre ich die Adler, die um die Lüfte fliegen und mir das Gefühl von Hoffnung diesmal nicht wiedergeben, wie sie es immer tun. Es waren sie, die der Schlacht ein Ende gegeben haben.

Ich lege den Stein in Kilis Hand, nehme diese dann und lege sie diesmal auf mein Herz. Ich küsse seine Hand mehrmals, schluchze auf und lasse meinen Gefühlen freien Lauf.

Als Legolas verschwindet, höre ich, wie er mit jemanden redet.

„Ich... kann nicht zurückgehen.", sagt er.

„Wo willst du hin?", fragt Thranduil.

„Ich weiß es nicht."

„Geh nach Norden. Suche den Dunedain. Unter ihnen ist ein junger Waldläufer, finde ihn. Sein Vater Arathorn war ein guter Mann. Sein Sohn könnte mal ein großer Mann werden."

„Wie ist sein Name?"

„In der Wildnis nennt man ihn ‚Streicher'.", antwortet Thranduil Legolas. „Seinen wahren Namen wirst du selbst herausfinden müssen."

Es wird still und ich höre Schritte, die sich fortbewegen und immer leiser werden. Doch dann bleiben sie abrupt stehen.

„Legolas...", höre ich Thranduil. „Deine Mutter hat dich geliebt. Mehr als irgendjemanden... mehr als das Leben."

Nach wenigen Sekunden höre ich dann, wie sich die Schritte entfernen und die Stille einbricht. Sie breitet sich über den ganzen Rabenberg aus. Als Thranduil kommt und mich erblickt, wie ich trauernd bei Kili sitze und immer noch weine, komme ich zu einem Entschluss. Legolas sagte mir in Gundabad, dass es von seiner Mutter kein Grab gibt und er deswegen keine Erinnerungen mit sich trägt. Das möchte ich nicht haben.

„Ich möchte ihn begraben."

„Ja...", murmelt Thranduil sanft und ich höre in seiner Stimme, dass er überhaupt nicht mehr sauer auf mich ist.

„Wenn das die Liebe ist, dann will ich sie nicht."

Ich sehe schmerzerfüllt und mit Tränen in den Augen zu Thranduil hoch, welcher mich traurig betrachtet.

„Befreie mich davon... Bitte!"

Ich suche immer wieder nach einem Ausweg, doch es gibt keinen. Diesmal nicht. Als würde sein Tod etwas daran ändern. Es fühlt sich so schrecklich an Kili so vor Augen zu sehen; keine Atemzüge, nur Kälte. Thranduil nähert sich mir langsam, doch er sagt nichts.

„Warum nur schmerzt sie so sehr?", weine ich und halte mein Gesicht an Kilis Kopf.

„Sie war wahrhaftig.", antwortet Thranduil mir und lächelt mich kurz an, als ich zu ihm hochschaue.

Ich runzele für einen kleinen Augenblick die Stirn, senke meinen Kopf zu Kilis Kopf und küsse seine Lippen, die immer noch weich sind. Ich muss lächeln bei dem Anblick, dass ich meinen ersten Kuss mit Kili hatte.

„Talia!", höre ich Luthien aus der Festung.

Thranduil dreht sich zu ihr um, genauso wie ich. Als Elben kommen, befehlt Thranduil ihnen, Kilis Leiche mit zu nehmen und ihn an die Zwerge zu bringen, damit sie ihn begraben können. Er weiß, dass ich dies nicht fertigbekomme, bei so vielen Schmerz, der in mir ist und für immer sein wird. Als ich Luthien erblicke, rennt sie auf mich zu, kniet neben mich hin und umarmt mich.

Sie hebt mich langsam hoch. „Talia...", wimmert sie und küsst meine Stirn.

„Es tut mir leid. Ich habe dich enttäuscht..."

„Das hast du nicht, Talia. Ich könnte nicht stolzer auf dich sein."

Als ich mich von ihr löse, schauen sich Luthien und Thranduil an und ich will ihnen nicht weiter im Wege stehen, denn ich glaube, die beiden haben auch noch was zu klären.

„Wo ist Legolas?", frage ich und schaue zu Thranduil.

„Ich habe ihn gesehen. Er wartet auf dich.", antwortet Luthien und streichelt meine Wange.

Ich verbeuge mich vor den beiden. „Ich muss noch zum Erebor mich von jemanden verabschieden."

Ein letztes Mal drücke ich Luthien einen Kuss auf die Wange, und lasse sie alleine. Doch hinter der Mauer bleibe ich stehen, höre keinen Mucks, als ich nur noch Schritte von den beiden hören und sie sich umarmen. Luthien ist ein Kopf kleiner als er, deswegen muss sich auf Zehenspitzen bei ihm stehen. Aber dass ich sie so sehe, gibt mir wieder Hoffnung, dass ich irgendwann auch so etwas mal haben werde. Wahrlich, es ist Liebe in Thranduil und sie ist nur für Luthien geschaffen worden.

Talia: Die Schlacht der fünf HeereWo Geschichten leben. Entdecke jetzt