Kapitel 5

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P.O.V. Leroy

Ein wichtiger Schritt war also getan: Ich hatte ab jetzt offiziell eine Fake-Freundin, die auch noch dafür bezahlt wurde, mit Vertrag und allem drum und dran. Jetzt hing es von uns beiden ab, dass wir unser Ziel erreichten und die Gerüchte um meine Person und meine angebliche Freundin abnahmen und irgendwann ganz verschwanden. Das wäre natürlich die perfekte Situation, doch bis dahin fehlte noch so einiges.

Vor ein paar Tagen hatte ich mir einen Ruck gegeben und Kathi über WhatsApp angeschrieben. Sie war die ganze Zeit über nett und höflich zu mir, duzte mich aber von Anfang an, was mir nur recht war. Wir hatten lange über unseren Plan diskutiert und wie wir am besten vorgehen sollten mit dem Ergebnis, dass ich sie zum nächsten Länderspiel mitnehmen würde, um sie offiziell als meine Freundin vorzustellen. In ein paar Minuten hielt ich dann ein Interview mit einer englischen Sportzeitung, ähnlich wie der deutsche Kicker, welche bei meinem Vater angefragt hatte. Dieser hatte die perfekte Möglichkeit darin gesehen erstmals zuzugeben, dass ich wirklich eine Freundin hatte.

Gestern Abend hatte ich noch mit Erik und Marco telefoniert. Erik hielt es wirklich für eine gute Idee zusätzlich zu Josi noch ein anderes Mädchen mit zum Länderspiel zu nehmen, doch ich war mir da nicht so sicher, ob das eine gute Entscheidung ist. Bei den beiden war es quasi Tradition, dass Josi- und damit meine ich nur Josi- ihn begleitete, und auch wenn ich Eriks beste Freundin nicht so gut kannte wusste ich, dass ihr das nicht gefallen würde. Von Marco hatte ich nicht viel gehört, was zwischen ihm und dem Mädchen von Eriks Geburtstag läuft weiß ich nicht. Bei Gelegenheit würde ich ihn mal fragen.

Zurück zu mir. Ich saß- wie in letzter Zeit zu oft- auf einem der gemütlichen Stühle im Raum und wartete auf den Reporter, knetete nervös meine Hände. Hoffentlich würde dieser nicht so viele Fragen zu Kathi stellen, denn Details hatten wir noch nicht so wirklich abgesprochen. Die Tür öffnete sich ruckartig und eine Frau mittleren Alters kam herein. „Leroy, hey. Schön, dass Du gekommen bist.", sagte sie auf Englisch, ich begrüßte sie ebenfalls und schüttelte lächelnd ihre Hand.

Zuerst stellte sie mir allgemeine Fragen zum Fußball, beispielsweise wie zufrieden ich mit meiner momentanen Leistung bei den Spielen war und ob es mich ärgerte, dass ich seit einiger Zeit kein Tor mehr geschossen hatte. Ich versuchte so seriös wie möglich rüberzukommen, setzte mein bestes Lächeln auf. Nach geschätzten fünf Minuten merkte ich, wie sie so langsam begann persönliche Fragen zu stellen, meine Hände wurden schwitzig bei dem Gedanken, dass ich gleich tausende, sogar Millionen von Menschen anlügen würde.

„Im Moment gibt es ja ein Thema, was die Medien besonders beschäftigt. Das wirst du ja selber schon gemerkt haben.", leitete sie die Frage auf kreative Weise ein. Auf mein Nicken fuhr sie fort: „Wie ist Ihr Beziehungsstatus, Leroy? Stimmen die Gerüchte, dass Sie eine Freundin haben?" Immer, wenn ich diese Frage gestellt bekam, würde ich denjenigen am liebsten schlagen, so sehr regte ich mich über die ganze Sache auf. Ihr Lächeln wirkte provozierend, als ich einmal tief Luft holte und mein Statement erläuterte.

„Ja, sie stimmen.", fing ich an, ihre Augenbrauen glitten interessiert nach oben, als würde sie damit ‚Erzähl mir mehr' sagen wollen. „Ich habe seit kurzer Zeit eine Freundin. Mit der Antwort habe ich so lange gewartet, bis ich mir sicher war, dass sie einverstanden ist auch in den Medien erwähnt zu werden.", log ich gekonnt, die Reporterin freute sich scheinbar unglaublich, dass sie das Geheimnis endlich gelüftet hatte. „Beschreiben Sie mir ihre Freundin.", bat sie mich daraufhin, und jetzt musste ich vorsichtig damit sein, was genau ich sagte.

Während ich mir nervös an die Nase fasste, entgegnete ich: „Sie heißt Katharina, hat dunkle Haare und dieses unglaubliche Lächeln." Ich versuchte mich an unser Gespräch zu erinnern und fasste alle positiven Eindrücke über sie, etwas übertrieben beschrieben natürlich, in meinen Satz. „Als ich sie zum ersten Mal gesehen habe war ich sofort überzeugt von ihr." Das stimmte. „Mir gefällt, dass sie so ehrlich zu mir ist und sich nicht verstellt, komplett natürlich ist. Jedes Mal, wenn ich sie wiedersehe, schlägt mir mein Herz bis zum Hals und ich kann meinen Blick nicht von ihr abwenden."

Ich hätte noch mehr sagen können, doch für's erste war das mehr als genug. Die Reporterin schrieb im schnellen Tempo mit, lächelte mich dann zufrieden an. „Meinen Sie, Sie können ihre Freundin mal zu einem Spiel oder Auftritt mitnehmen?" Die Frage hatte ich nicht erwartet, hatte aber Gott sei Dank eine Antwort parat. „Ich will nichts Genaues festlegen-" Naja, genau genommen hatte ich das ja, aber das musste sie ja nicht wissen. „aber geplant ist es, dass sie mich bald zu einem Spiel begleitet."

Geduldig wartete ich auf eine weitere Frage zu Kathi, die allerdings nicht kam. Vermutlich hatte die Reporterin schon die perfekte Schlagzeile im Kopf, so wie sie grinste. Schmunzelnd über den Gedanken traf ihr Blick auf meiner, dann beendete sie dankend das Interview. Erleichtert gab ich ihr ein zweites Mal die Hand, war dann derjenige, der den Raum verließ. Zuhause schmiss ich mich erleichtert auf mein Sofa, rief sofort meinen Vater an und erzählte, wie alles gelaufen war.

Ich ließ mich ein Bad ein, genoss es eine kleine Auszeit zu haben. Für mich fühlte es sich so an, als würde bald wieder alles besser werden, und der Gedanke war toll. Mir fiel auf einmal ein, dass ich Kathi auch Bescheid sagen sollte, hatte schon mein Handy in der Hand. Es war wahrscheinlich etwas komisch, wenn ich nackt in der Badewanne lag und meiner Fake-Freundin eine Sprachnachricht machte, also wusch ich mir schnell die Haare und zog mir etwas an. Nachdem ich meine Locken einigermaßen gebändigt hatte, lehnte ich mich gegen die Küchenzeile und hielt mein Handy direkt an meinen Mund, um ihr zu erzählen was für Fragen mir gestellt wurden.

Kathi wirkte etwas überfordert mit dem Gedanken, dass die Medien jetzt vorgewarnt waren, sobald sich die Neuigkeit herumgesprochen hätte. Dennoch stimmte sie mir zu, dass wir uns noch einmal vor dem Spiel treffen sollen, um die restlichen Sachen abzuklären. Ich lud sie für Dienstag zu mir ein, im Café konnten wir uns noch nicht treffen, bevor wir entdeckt wurden. Wie es weitergehen würde wusste keiner, das einzige, worauf ich jetzt wartete waren die ersten Artikel über mich.

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