Colin Teil 29

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Mit den Fingern kämmte ich meinen zerzausten Blondschopf zurecht, lehnte mich dann vor und stützte meine magiebemalten Unterarme auf die Tischplatte. Florence lehnte sich mit verschränkten Armen zurück, so als mochte sie meine Nähe nicht.

„Woher kennst du Nathaniel?", wollte sie wissen. Sie sprach plötzlich leiser, als teilten wir ein Geheimnis, was ganz nebenbei bemerkt ein interessanter Gedanke war.

Mir fiel auf, dass ich auf Fragen ihrerseits nicht vorbereitet gewesen war. „Von einem... besonderen Zwischenfall", antwortete ich und ignorierte, dass sie die Zeichnungen auf meinem Hals betrachtete. „Du warst mit ihm heute morgen in einem Café."

„Ja. Wir sind befreundet", erklärte sie und wischte sich eine glänzende Locke aus dem Gesicht, die aus ihrem großen Dutt gefallen war.

„Unmöglich", widersprach ich, „er ist erst seit gestern hier." Natürlich wusste ich bereits, dass sie ihn schon länger kannte.

Sie hob ihre perfekten Augenbrauen. „Warum interessiert dich meine Beziehung zu ihm?"

Ich sah an ihr vorbei zum Kaffeeautomaten. Florences Freundin Isabelle beobachtete uns skeptisch. Etwas genervt holte ich Luft. „Der Cap..." Ich verstummte und korrigierte: „Nathaniel sollte nicht hier sein. Er ist hier nicht erwünscht. Aber er wird hierbleiben und ich glaube, dass du etwas damit zu tun hast."

„Nicht erwünscht? Ist das ein Bandenkrieg?"

„Nein", sagte ich amüsiert. Die Vorstellung, unser Zirkel wäre eine kriminelles Netzwerk, fand ich witzig.

Florence sah nicht überzeugt aus. „Wer seid ihr überhaupt? Ein Drogenkartell?"

Ich konnte nicht anders als die Augen zu verdrehen und gleichzeitig belustigt den Kopf zu schütteln.

Wenigstens schien sie mir zu glauben. „Nathaniel ist hier geboren und aufgewachsen, weshalb er ganz bestimmt nicht unerwünscht ist", sagte sie und kratzte an ihrem rosa Nagellack. Wieder fiel mir auf wie hübsch sie war. Ihre schokoladenbraune, makellose Haut, ihre großen Augen umrahmt von dichten, langen Wimpern. Ich hatte ihre Eltern noch nie gesehen, aber ihr Aussehen sprach von einer halbafrikanischen Abstammung.

„Ich kenne ihn schon fast mein ganzes Leben lang", fuhr sie fort, weil ich sie nur angestarrt hatte, „wir waren beste Freunde."

Nachdenklich senkte ich den Blick. Für Jäger hatte ein Captor keine Vergangenheit. Er war einzig und allein ein Jagdziel, fast schon ein Objekt. So hatte man es auch mir eingetrichtert. „Waren?"

„Er wurde auf ein Internat geschickt. Seitdem hatte ich ein Jahr nichts von ihm gehört." Es schien sie tatsächlich zu kränken, wenn sie daran dachte. Aber sie wusste ja auch nicht, was in dieser Zeit mit Nathaniel passiert war. Ich schon. Er war zu einem Mörder geworden. Und Mörder duldeten wir nicht.

Wir waren keine Polizei und auch kein Sondereinsatzkommando irgendeiner höheren Instanz. Unsere Aufgabe Captoren zu jagen entstand aus einem natürlichen, völlig unabhängigen Grund: Dem Gleichgewicht.

Alles steht im Gleichgewicht, hatte mein Vater mir einmal erklärt, selbst die Magie folgt dieser Regel. Wenn es uns nicht gäbe, würden es irgendwann zu viele Captoren geben. Das würde die geheime Existenz der Magie gefährden. Also hat sie uns geschaffen. So entsteht ein Gleichgewicht.

Florence schnippte mit ihren Fingern vor meinem Gesicht. „Hallo?"

Ich sah sie an. 


Welche gemeinsame Vergangenheit haben Florence und Nathaniel? Es gibt noch viel herauszufinden...         stay twinned

Obwohl wir Freunde wurden (Colin)Where stories live. Discover now