No. 8

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( f o r t a l e z a )

„ BECAUSE THE DAWN RIGHT BEFORE THE SUN RISES IS THE DARKEST " Tessa

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BECAUSE THE DAWN RIGHT BEFORE THE SUN RISES IS THE DARKEST "
Tessa

Aufgeregt stiegen wir vier nacheinander aus Tristan's langer Limousine und stellten uns vor den Eingang des riesigen Hotels. Wenn man hochschaute, sah man den dunklen Sternenhimmel über uns und die Spitze des Hotels, welches über und über mit verdunkelten Fenstern ausgeschmückt war.

Christelle grinste die ganze Zeit über wie verrückt und zückte alle zwei Sekunden ihr iPhone, um Fotos zu schießen. Tristan hingegen unterhielt sich mit einem der Hotelangestellten. Er sah dabei ziemlich ernst aus. Was die beiden wohl besprachen?

Nikolai stand an der Limousine angelehnt und schaute etwas gelangweilt geradeaus auf den Eingang. So hatte ich ihn selten erlebt. Ging es ihm gut? Seitdem wir unterwegs waren, wechselte er kaum Wörter mit uns und fröhlich schauen tat er auch nicht.

Ich ließ meine Tasche neben Christelle stehen und ging langsam auf ihn zu. Er schien mich nicht zu bemerken, weshalb ich mich einfach rechts von ihm platzierte und anfing zu reden. „Geht es dir gut?", fragte ich ihn behutsam und wartete darauf, dass er seine Mimik etwas veränderte, aber nein. Er nickte.

Im nächsten Moment schnappte er sich seinen Rucksack von seiner linken Seite und ging an Tristan vorbei in die Lobby des Hotels. Was war das denn? Das letzte Mal, als ich Niko so angepisst erlebt hatte, war als er in der zehnten Klasse ein Jahr nach England musste, um dort auf ein ländliches Internat zu gehen. Seine Mutter war der Meinung, er hätte zu wenig Manieren gehabt. Ich stimmte ihr zwar zu, dennoch sah ich dies nicht gleich als Grund ihn wegzuschicken.

Christelle hörte inzwischen auf Fotos zu machen und richtete ihre zu teueren Anziehsachen. Noch einen kurzen Blick auf ihre Louis Vuitton Uhr und sie folgte Niko in die Lobby. Ihre Sachen - zwei Taschen von Gucci und eine große Tasche von Chanel gefüllt mit noch teureren Röcken und Blusen - wurden ihr von einem Hotelangestellten hinterhergetragen. Ich verdrehte die Augen. Dieses Mädchen hatte es mal wieder viel zu gut. Ich lachte und blieb neben Tristan stehen.

„Können wir?", meinte ich, als der allem Anschein nach Hotelmanager sich auch nach innen begab. Tris nickte nur und schulterte seinen kleinen Diesel Rucksack auch auf seine andere Schulter. Insgesamt hatten wir zwei Zimmer ; eins für Christelle und mich, das andere für Nikolai und Tristan.

Da es schon Abends war, beschlossen wir uns zum Abendessen unten im Esssaal zu treffen, nachdem wir unsere Sachen auf unsere Zimmer gebracht haben. Also befanden wir uns keine halbe Stunde nach unserer Ankunft schon im fast leeren Esssaal. Als ich mich umsah, erblickte ich nur ein etwas älteres Pärchen in einer der Ecken sitzen und Nudeln essen.

Wir setzten uns wortlos an einen breiten Tisch. Nikolai und Tris gegenüber von Christelle und mir. Ich versuchte zwar Niko in die Augen zu schauen, doch er wich meinem Augenkontakt immer wieder aus. Was war nur mit ihm? Vielleicht wusste Tristan was darüber. Ich entschied mich dazu, nach dem Essen mit Tristan zu reden, doch daraus wurde nichts.

Mitten während unseres Mahls stand er auf und eilte davon. Ohne ein Wort zu sagen ging er. Fragend blickte ich zu Christelle, die augenverdrehend mit ihren Schultern zuckte. Ach ja, die beiden reden ja auch nicht mehr miteinander. Zwischen uns allen herrschte während des restlichen Essens ziemlich angespannte Stimmung. Keiner von uns sagte etwas. Als wären wir fremde.

Nachdem ich fertig war, ging ich hoch und ließ Christelle und Niko unten alleine zurück. Lange dauerte es nicht, als Chris nachkam und sich seufzend auf ihr Bett schmiss. „Er spricht kein Wort." Sie betonte jede einzelne Silbe und blieb rücklings auf der Matratze liegen. „Hast du es auch versucht? Augenkontakt oder ein Gespräch?", fragte ich sie.

Anstatt weiter zur Decke zu schauen, blickte sie nun zu mir. „Beides!" Sie hob genervt ihre Arme hoch und ließ sie gleich wieder in ihren Schoß fallen. Ich seufzte und drehte mich kurz zum riesigen Spiegel, der an der gegenüberliegenden Wand der Betten hing. Ich sah auch nicht mehr so gut aus. Sollte ich Niko vielleicht jetzt suchen gehe? Irgendwie könnte ich ihn doch zwingen zu reden.

„Weißt du wo er jetzt ist?" Christelle setzte sich auf und pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich glaube er wollte hoch aufs Dach." Fragend sah ich sie an. „Und woher weißt du das, wenn er nicht mit dir geredet hat?" Sie verdrehte ihre Augen. „Hast du schonmal was von Handy-stalking gehört? Er hat es Tristan geschrieben."

Wenn ich überrascht gewesen wäre, hätte ich jetzt gelacht. Doch ich war nicht überrascht und ich wollte endlich mit Niko reden. Normalerweise war er nämlich nicht so depri drauf. Er hätte während der kompletten Mahlzeit über irgendetwas unnötiges geredet. Wir anderen drei - Tristan, Christelle und ich - hatten uns zwar darüber aufgeregt, doch ich hätte nicht gedacht, dass das mir fehlen könnte.

„Ich gehe ihn suchen.", meinte ich knapp und drehte mich um. Anschließend ging ich aus dem großen Zimmer raus, um auf die Treppen zuzusteuern. Ich wollte zwar nicht die Treppen benutzen, doch der Aufzug ging leider nur bis auf die vorletzte Etage, sodass man das Dach nur durch die lästigen Treppenstufen erreichen konnte. Ugh.

Nach gefühlt zwei Stunden hoch eilen, blieb ich an der Metalltür vor mir stehen und zögerte. Vielleicht wollte er Ruhe und Zeit für sich haben, dachte ich mir. Doch was, wenn er gerade dabei war sich vom Dach zu stürzen?

So gut es ging versuchte ich die schwere Tür aufzuschlagen und sah Niko, der mit dem Rücken zu mit gedreht stand und sich etwas über das Geländer vor sich lehnte. Als ich mich ihm näherte, bemerkte ich, dass er geradeaus sah, um die wunderbare Skyline vor ihm besser in Betracht ziehen zu können. Ohne zu überlegen stellte ich mich dicht neben ihn und stützte genauso wie er meine Arme auf dem Geländer ab.

Ich sah geradeaus, als er sich räusperte und ich aus dem Augenwinkel bemerkte, wie er sich in meine Richtung drehte. Langsam tat ich es ihm nach und blickte ihm in sein viel zu hübsches Gesicht. Seine Augen leuchteten ihm Mondschein, der auf dem Meer vor uns reflektierte. „Niko, geht es dir gut?", fragte ich ihn vorsichtig und musste feststellen, dass sich sein Oberkörper bei dieser Frage ziemlich zusammenzog. Das heißt dann wohl nein.

Nikolai schüttelte seinen Kopf, sodass ihn einzelne Strähnen ins Gesicht fielen, die er aber nicht beachtete. „Lange Geschichte." Er winkte ab. Seine Miene blieb weiterhin ernst, doch einen weiteren Blick in seine Iris und ich wusste, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Er war traurig. Ich wollte wissen weshalb.

„Erzähl es mir.", forderte ich ihn sanft auf und ließ meine linke Hand wieder zum Geländer wandern. Er seufzte tief, bevor er kurz nach unten sah und wieder zu mir. Doch auf einmal wirkte sein Gesichtsausdruck gar nicht mehr ernst. Es bildeten sich kleine Tränen. „Ein anderes Mal, Tessa.", antwortete er und hob seine Hand an. Im nächsten Moment spürte ich seine raue Hand an meiner Wange hoch wandern.

Niko strich mir eine dicke Haarsträhne hinter mein Ohr und lächelte leicht, als er wieder von mir abließ. Auch ich zwang mich zu einem kleinen Lächeln, um ihm zu zeigen, dass ich mit ihm mitfühlte. Egal, was war. Er ging zwei Schritte nach hinten, ehe er komplett von Dach verschwand, indem er zur Tür schlenderte und sie keine zwei Sekunden später wieder hinter sich schloss.

Es bildete sich ein leichtes Kribbeln an der Stelle, welche er mit seiner kalten Hand berührt hatte und auf einmal machte sich ein komisches Grummeln in meiner Magengrube breit. Etwas, was ich noch nie zuvor so verspürt hatte.

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